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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Öffentlichkeit endlich wieder Bilder von Edgar Kramer zeigen zu können, war den Herren vom Komitee dieses Opfer wert. Und weißt du, wen ich noch in der Akademie gesehen habe?«
    »Nein.«
    »Den Mann!«
    »Ist nicht wahr!«, quietschte Rebekka.
    David runzelte die Stirn. Die beiden Frauen gebärdeten sich wie zwei Schulmädchen, die gerade Douglas Fairbanks jr. in natura erblickt hatten. »Gibt’s denn in der Akademie sonst nur Frauen?«
    Rebekka und Mia warfen ihm missbilligende Blicke zu.
    »Selbstverständlich spricht sie von Heinrich Mann«, erwiderte Bekka etwas von oben herab.
    Mia nickte. »Dem Bruder von Thomas, der 1929 den Literatur-Nobelpreis gewonnen hat«, präzisierte sie die Mann’schen Familienverhältnisse.
    »Das habe ich mir fast gedacht«, antwortete David kleinlaut. Und wie zum Beweis, dass er nicht völlig unbelesen war, fügte er trotzig hinzu: »Immerhin weiß ich, dass Erich Maria Remarque eigentlich Erich Paul heißt und sein Familienname rückwärts gelesen Kramer bedeutet… War dein Mann eigentlich mit Erich Maria verwandt, Mia?«
    Die beiden Frauen blickten David einen Moment lang etwas geringschätzig an, dann wandten sie sich wieder einander zu.
    »Und? Was ist bei dem Gespräch herausgekommen?«, fragte Rebekka ihre Freundin.
    »Sie wollen die Bilder ausstellen. Im Oktober und November. Ist das nicht großartig?«
    Die beiden Frauen fielen sich in die Arme und fingen an zu weinen. David blickte zu Benni hinunter, der wiederum fragend zu ihm hochschaute.
    »Wie wär’s«, fragte der Große den Kleinen, »wollen wir schon mal reingehen und den Zucker für den Pudding in die Pfanne werfen?«
    Bennis dunkle Augen begannen zu strahlen und er nickte, dass seine schwarzen Locken nur so flogen.
     
     
    Benni lief gerade mit einer Schale »verzaubertem« Grieß zum Esstisch, als Rebekka ins Zimmer gestürzt kam. »Weißt du, was Mia mir angeboten hat?«
    »Du sollst zur Eröffnung der Ausstellung Bach spielen.«
    »Falsch. Sie leiht mir ihr Klavier.«
    »Aber das tut sie doch schon seit zwei Jahren.«
    »Nein, ich bekomme es hierher – in unsere Wohnung.« David musste lächeln. Eben noch hatte er sich in Gesellschaft der beiden Freundinnen wie das sprichwörtlich fünfte Rad am Wagen gefühlt, aber jetzt bewunderte er Rebekka schon wieder für ihr Einfühlungsvermögen und ihre Anteilnahme am Leben der Witwe. Er stand vom Tisch auf und nahm sie in die Arme. Benni aß weiter – an das Geturtel der beiden hatte er sich längst gewöhnt.
    »Ich bin wirklich stolz auf dich«, verkündete David mit großem Nachdruck.
    Rebekkas Augenbrauen zogen sich zusammen. »Weil ich Mia das Klavier abgeluchst habe?«
    »Unsinn. Weil du ihr aus ihrem tiefen dunklen Loch herausgeholfen hast. Heute kam sie mir fast ausgelassen vor. Das ist ganz allein dein Verdienst, mein Schatz.«
    »Ich habe nur auf mein Herz gehört.«
    »Und ich wünschte, mehr Menschen täten das.« David küsste sie auf den Mund. Benni schielte von seiner Schüssel hoch, aß aber weiter.
     
     
    Genau eine Woche später gingen die Deutschen zur Wahlurne und machten Hitlers NSDAP zur stärksten politischen Kraft. Die untereinander rivalisierenden Parteien hatten sich im Vorfeld des Wahlsonntags erbitterte Gefechte geliefert, und zwar in des Wortes ureigenstem Sinne. Den ganzen Juli hindurch gab es immer wieder blutige Zusammenstöße zwischen den Kampfeinheiten von SPD, KPD und NSDAP. Am 17. des Monats schossen in Hamburg Kommunisten mit Feuerwaffen auf einen NSDAP-Demonstrationszug. Der »Altonaer Blutsonntag« forderte achtzehn Menschenleben.
    David versuchte über Papens Redenschreiber, Edgar Jung, Einfluss auf den noch amtierenden Reichskanzler zu nehmen. Sosehr ihm auch daran gelegen war, diesen möglichen Logenbruder Belials unschädlich zu machen, wollte er doch zunächst den Tod weiterer Unschuldiger verhindern. Und endlich sollten die monatelangen Bemühungen Früchte tragen.
    Franz von Papen reagierte überraschend positiv auf Jungs Argumente und erließ eine weitere Notverordnung, die ein schnelleres und härteres Vorgehen der Gerichte gegen radikale Elemente ermöglichte. Hitler wurde währenddessen von Hindenburg abgeblockt.
    David atmete auf. Zwar hatte der Reichspräsident seinen Protege Franz von Papen erneut mit der Regierungsbildung beauftragt, aber die Gesinnungskoalition zwischen Papen und der NSDAP war zerbrochen. Wenn jetzt noch – mit sanfter Nachhilfe – der vom Zentrum bereits verstoßene Politiker auch

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