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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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bescheidenes Einkommen bestritt. Die Okadas hatten sich noch nicht von jener Fremdenfeindlichkeit anstecken lassen, die im Zuge des erstarkenden Militarismus vielerorts wie eine Epidemie um sich griff. Außerdem standen zurzeit alle Zimmer leer, weil jeder, der es sich leisten konnte, die Sommertage an den weniger schwülen Berghängen im Hinterland verbrachte.
    Allein kehrte David dann noch einmal ins Ozaki-Viertel zurück, um das Gepäck abzuholen. Von den Yonais aus telefonierte er mit Dr. Hirotaro Hattori, dem kaiserlichen Biologielehrer, der ihm nach wie vor als Mittelsmann diente, wenn es galt, verschwiegene Treffen mit Hirohito zu arrangieren.
    Noch während der Diener das Gepäck zum Wagen hinaustrug und David sich von seinen Freunden verabschiedete, klingelte das Telefon. Takeo Yonai ging selbst an den Apparat. David konnte sehen, wie zuerst alle Farbe aus seinem Gesicht verschwand, sich dann sein Rücken versteifte und er mehrere Verbeugungen machte.
    Kein Geringerer als Graf Makino, der Geheimsiegelbewahrer des Tennos, war am anderen Ende der Leitung.
    Doch damit nicht genug. Einer göttlichen Weisung gleich kam für Takeo die Bitte Makinos, David ans Telefon zu rufen, weil der Tenno mit ihm reden wolle. Takeos Augen waren groß wie reife Zwetschgen, sein Gesicht von Ehrfurcht gezeichnet. Vorsichtig überreichte er den Hörer seinem Gast.
    »Hallo?… Hito-kun! Ich freue mich, nach so langer Zeit wieder deine Stimme zu hören. Du bist ja schneller als die Feuerwehr.«
    »Auch ich bin hocherfreut, David-kun. Dr. Hattori meinte, deine Stimme hätte sehr drängend geklungen. Außerdem habe ich schon von Graf Makino erfahren, was dir und deiner Frau in den letzten Stunden widerfahren ist. Geht es euch gut?«
    »Danke, wir sind alle wohlauf. Allerdings sind meine Gastgeber mittlerweile etwas blass geworden.« David lächelte Takeo und Yachiyoko zu, die ihn anstarrten wie einen sprechenden Salamander. In knappen Worten schilderte er dann Hito, was sich seit der Beisetzung Yoshi-harus zugetragen hatte. Dabei versäumte er auch nicht, sich für Takeo Yonais Beurlaubung einzusetzen. Alles Weitere wolle er Hirohito lieber persönlich berichten – vielleicht würde das Telefon ja abgehört. Die beiden vereinbarten ein Treffen für den kommenden Sonntag und verabschiedeten sich voneinander.
    Als David seinem Freund den Hörer reichte, blickte der ihn sekundenlang nur ehrfurchtsvoll an. Die Stimme des göttlichen Tennos hatte durch diesen schwarzen Bakelitknochen gesprochen! Konnte Takeo es wagen, ihn zu berühren? Vielleicht würde ja ein Blitz den Frevler erschlagen.
    »Der Kaiser hat versprochen dir so viel Urlaub zu gewähren, wie für deine Sicherheit vonnöten ist«, sagte David und legte den Hörer schließlich selbst auf die Gabel zurück.
    Während der folgenden Verabschiedung standen die Yonais noch ganz im Bann des eben geführten Telefonats. Ihre Dankesbekundungen wechselten mit der wiederholten Versicherung, immer für David da zu sein, wenn er sie brauche. Schließlich verließen David und der Diener das Haus des Grafen. Unter dem Winken der Yonais fuhren sie davon. Wenig später ließ sich David samt Gepäck vor einem Hotel absetzen, in dem er zum Schein ein Zimmer anmietete. Am späten Nachmittag traf er schließlich wieder in der Pension der Okadas ein. Für den Rest des Tages ließ ihn dann seine Frau nicht mehr los.
    Weil David es für zu riskant hielt, in der Stadt herumzulaufen, blieben er und Rebekka von Freitag bis Montag überwiegend in ihrem kleinen Zimmer. Es verfügte über zwei futons, die man tagsüber zusammenrollte, einige Regalbretter in einer Art Wandschrank und eine Tuschezeichnung neben dem Fenster. Ab und zu unterhielt sich das Paar auch mit den Wirtsleuten, die jede Gelegenheit nutzten, ihre außergewöhnlichen Gäste in ein Gespräch zu verwickeln – noch nie zuvor hatten die Okadas Europäer beherbergt.
    Am Sonntag fuhren David und Rebekka nochmals ins Zentrum von Tokyo. Hirohito hatte sie auf elf Uhr bestellt. Während sie einmal mehr den Hintereingang des kaiserlichen Gartens passierten und in einer schwarzen Limousine durch die zauberhaften Anlagen rollten, fragte sich David, ob er wohl jemals hierher zurückkehren werde. Die Welt war groß und er hatte erst ein Mitglied des Kreises der Dämmerung gestellt. Wenn er seinen Kampf nicht forcierte, würde er in den ihm noch verbleibenden siebzig Lebensjahren kaum alle zwölf Logenbrüder aufspüren und den Geheimzirkel

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