Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
überwachten Krankenzimmer ein fürchterlicher Lärm. Sie hörten ein Krachen, dazu ein grauenhaftes Röcheln.
    »Schnell, Emil, sag der Nachtschwester Bescheid«, befahl der eine, woraufhin der andere auch schon loslief.
    Nur wenige Augenblicke später traf Schwester Konstanze ein, die auch gleich Dr. Mielke mitgebracht hatte. Beide stürzten in das Krankenzimmer.
    Die Wachen beobachteten durch die offene Tür die Rettungsmaßnahmen. Der Patient schäumte und zuckte, dass den beiden innerhalb kürzester Zeit speiübel wurde und sie sich angeekelt abwandten. Der Arzt verlangte nach einem Spasmolytikum und dem Patientenblatt. Schwester Konstanze rannte aus dem Krankenzimmer.
    Die konvulsivischen Zuckungen des Patienten wurden heftiger, sein Röcheln für die Wachen unerträglich. Warum hilft dem Mann denn niemand?, dachten sie. War denn dieser Alptraum nicht bald zu Ende? Aber da kehrte auch schon Ruhe ein.
    Schlagartig hatten die Krämpfe aufgehört, das Röcheln ebenfalls. Jetzt erst kehrte die Krankenschwester im Laufschritt zurück, in der Hand eine Akte, eine Spritze und ein Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit, vermutlich das verlangte krampflösende Mittel. Der Arzt drückte noch eine Weile auf dem Brustkorb des leblos daliegenden Mannes herum. Schließlich stieß er einen tiefen Seufzer aus und schüttelte ärgerlich den Kopf.
    »Der Patient hatte extreme tonische Krämpfe, Schwester. Für mich sieht das ganz nach einem Fall von Tetanus aus. Hat man im Vorfeld irgendwelche diesbezüglichen Symptome beobachten können?«
    »Äh, die müssten dann ja eigentlich im Krankenblatt stehen«, antwortete Schwester Konstanze.
    Die beiden Wachen trauten sich endlich näher heran. Ihr Schützling wirkte nicht, als könne er je wieder einen Krampf bekommen. Sie sahen, wie der Arzt mit grimmiger Miene die Akte des Patienten überflog. Dabei regte er sich über irgendeinen lateinischen Fachbegriff auf, den sie nicht verstanden, Risus sardonicus oder so ähnlich.
    »Ist der Patient tot?«, fragte schließlich der befehlshabende Wachmann.
    »So tot wie nur irgendwas«, antwortete Dr. Mielke zornig.
    »Sind Sie sicher, Herr Doktor?«
    »Sie können ja versuchen seinen Herzschlag zu hören. Wenn Ihnen das gelingt, gebe ich in der Kantine eine Runde aus.«
    Der SS-Mann blickte in das Gesicht des Arztes, unschlüssig, ob das Angebot ernst gemeint war. Dann beugte er sich wirklich über den Patienten und legte das Ohr auf dessen Brust. Er verdrehte die Augen, schließlich richtete er sich wieder auf und schüttelte den Kopf. »Sie haben Recht. Der ist mausetot.«
    Für diesen – scheinbar nicht ganz unerwarteten – Fall hatten die Wachen eindeutige Anweisungen: Der Tote sei umgehend ins krankenhauseigene Krematorium zu verbringen und einzuäschern.
    »Das geht erst morgen früh«, wandte Dr. Mielke ein.
    »Dann schaffen Sie ihn eben schon runter, damit er nach Dienstbeginn unverzüglich in den Ofen kommt.«
    »Ich weiß nicht…«
    »Herr Doktor«, unterbrach der SS-Mann den Arzt. »Sie sind heute nur als Vertretung hier, deshalb wissen Sie wahrscheinlich noch nicht, dass Himmler persönlich den Befehl dazu erteilt hat.«
    »Der Reichsführer SS?« Dem Arzt verschlug es die Sprache. Als er sie wieder gefunden hatte, sagte er: »Ich stelle den Toten vor dem Ofen ab und hänge ihm einen Zettel an den großen Zeh. Der für die Einäscherung zuständige Kollege weiß dann schon Bescheid.«
     
     
    Während der Fahrt nach Oberstdorf gingen heftige Regenschauer nieder. David schauerte es noch jetzt bei dem Gedanken daran, wie er den eigenen Herzschlag verlangsamt hatte. Der SS-Mann sollte ihn für tot halten, doch bis zuletzt war David sich nicht sicher gewesen, ob er es nach dem gewagten Selbstversuch nicht tatsächlich sein würde.
    Aber es hatte funktioniert.
    Er sah aus dem Fenster des Wagens zum Himmel empor. Endlich begann es sich aufzuklaren. Dafür setzte jetzt die Dämmerung ein. Es war Freitagabend. Hermann hatte am Wochenende keinen Dienst.
    Die letzten beiden Tage waren für David quälend gewesen. Er wollte endlich Rebekka wieder sehen. Wenn er nur wieder ihre Hand halten, ihr Mut zusprechen konnte, würde es ihr bestimmt bald wieder besser gehen.
    Belials Siegelring hing nun wieder um Davids Hals; Hermann hatte das Schmuckstück für ihn aufbewahrt. Hinten im Wagen befanden sich Davids und Rebekkas Gepäck, auch der »Schatzkoffer« und die Schwerter. Nach zähem Ringen mit sich selbst hatte David dem Priester

Weitere Kostenlose Bücher