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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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in die Arme schließen. Es war selten ein Tag vergangen, an dem sie sich ihrer Liebe nicht mit Leidenschaft versichert hatten.
    Langsam rutschte er von seinem Stuhl auf die Bettkante, damit er sie besser küssen konnte. Wenigstens das Gesicht. Seine Lippen waren so sanft wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Aus den zarten Berührungen wurde bald aber mehr. Seine Rechte wanderte unter ihr Nachthemd…
    »Nicht, David!« Rebekkas Worte waren wie eine kalte Dusche.
    »Was…? Habe ich dir wehgetan?«
    Tränen ließen ihre jettschwarzen Augen glänzen. Sie schloss sie schnell, wandte sich von ihm ab und schüttelte den Kopf.
    »Aber dann sag mir bitte, was ich falsch gemacht habe, Bekka.«
    »Gar nichts.«
    »Und warum, darf ich dich dann nicht streicheln, so wie…?«
    Unvermittelt wandte sie sich ihm wieder zu. »Sieh mich doch an! Mein Körper ist nicht mehr derselbe. Überall habe ich Narben. Und Kinder kann ich auch nicht bekommen. Und überhaupt…«
    »Pscht!« machte David, um sie zu beruhigen. Seine Hand streichelte ihre Stirn und Wangen. Wenigstens das ließ sie zu. »Du wirst für mich immer schön sein, meine Liebste. Oder meinst du, ich habe dich nur geheiratet, weil ich ein Faible für Elfen habe?«
    »Gib mir bitte etwas Zeit, David, ja? Ich muss erst dieses furchtbare Gefühl loswerden, dich zu enttäuschen.« Sie schüttelte verärgert den Kopf. »Ich weiß, es ist dumm und ich kann es mir auch nicht erklären, aber…«
    »Es ist eben einfach da«, sagte David verständnisvoll. »Ich würde dich nie zu etwas zwingen, Schatz. Das musst du mir glauben. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Ich bin immer für dich da – zum Reden, und, wenn du möchtest, als feuriger Liebhaber.« Er lächelte auf eine jungenhaft unbeholfene Art. »Lass es mich einfach wissen, wenn du das eine oder das andere brauchst.«
    Während der Winter mit seinen weißen Tüchern allen Unrat der Welt zudeckte, schrieb David wieder Briefe. Es waren nur wenige seiner alten Vertrauten, mit denen er überhaupt wieder Kontakt aufzunehmen wagte: Anton Fresenius, Ferdinand Klotz, Lorenzo Di Marco…
    Niederschmetternd war für ihn die Nachricht von der Internierung Martin Niemöllers.
    Als der streitbare Pastor – verurteilt von einem Sondergericht – sieben Monate Festungshaft abgesessen und eine »Strafe« von zweitausend Reichsmark gezahlt hatte, erklärte Hitler ihn zu seinem persönlichen Gefangenen im KZ Sachsenhausen. Wieder hatte es einen von Davids Vertrauten getroffen. Eine Woche lang verschickte er dann keine Geheimbotschaften mehr, weil er nicht immer aufs Neue Freunde wegen einer Angelegenheit in Gefahr bringen wollte, die doch ganz allein seine Bestimmung war. Schließlich machte ihm Rebekka klar, dass seine Gefährten ihm aus freien Stücken halfen, aus Überzeugung. David habe in ihnen nur etwas freigelegt, was auch vorher schon da gewesen sei. Er dürfe auf keinen Fall aufgeben.
    Das tat er denn auch nicht. Eine Nachricht an Sean Griffith zu schicken wagte er trotzdem nicht. Es war kein Misstrauen gegen den englischen Freund selbst, sondern gegen den Apparat, zu dem jener gehörte. Im britischen Konsulat gab es zu viele wachsame Augen und Ohren. Wer konnte schon wissen, wo sich die undichte Stelle befand? Die Aktion in München war minutiös geplant gewesen. Jemand musste ihn verraten haben.
    Der Berliner Reviervorsteher Wilhelm Krützfeld schickte einen Bericht über die furchtbaren Ausschreitungen in seiner Stadt während der Reichspogromnacht. Er selbst habe gerade noch, mit gezückter Pistole, verhindern können, dass der SA-Pöbel die Neue Synagoge verwüstete. David erinnerte sich an ein wunderbares Konzert, eine belebende Unterhaltung mit Albert Einstein und sprach ein stilles Dankgebet. Wenigstens im Kleinen machte sich seine Überzeugungsarbeit im Kampf für die Wahrheit also bezahlt.
    Weniger erfreulich waren die Nachrichten, die ihn im März 1939 erreichten. Die deutsche Presse hatte kurz zuvor vom Ableben des greisen Papstes Pius XI. berichtet. Einen bitteren Beigeschmack besaß für David die Meldung, dass ausgerechnet Eugenio Pacelli – der Kardinalstaatssekretär und Verhandlungspartner Franz von Papens – zum neuen Kirchenoberhaupt gewählt worden war. In der Rekordzeit von drei Wahlgängen machte das Konklave aus dem sicherheitsbewussten Kardinal den Pontifex maximus, den »größten Brückenbauer«. Als Papst nannte sich Pacelli Pius XII. Konnte es sein, dass Lord Belial hier einen

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