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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zu verlieren, weil der Gedanke an Rebekkas Tod ihn schier überwältigte. Schließlich blickte er ernst in Hitos Gesicht. »Meine Frau wurde vom Kreis der Dämmerung umgebracht. Eigentlich war es Hitlers SS, aber ich bin mir sicher, dass in Wirklichkeit der Geheimbund dahinter steckt. Rebekkas Schicksal hat aus mir den gemacht, den du vor dir siehst, Hito-kun. Könntest du an meinem Herzen lecken, würdest du dich vergiften.«
    In den Augen des Tennos flackerte Bestürzung und mit ehrlichem Bedauern in der Stimme sagte er: »Das tut mir sehr Leid, David-kun. Komm, nimm doch bitte Platz, damit wir miteinander sprechen können. Du musst mir alles berichten.«
    Der Kaiser deutete auf einen länglichen Tisch, an dem acht Stühle standen. Die Bibliothek war im europäischen Stil eingerichtet. David nahm Platz, und nachdem Hirohito Tee und etwas zu essen bestellt hatte, erzählten sie einander, was sie in den letzten sechzehn Jahren erlebt hatten. Jeder fasste sich kurz, weil beide wussten, dass dieses Wiedersehen einen ernsten Hintergrund hatte. Das Gespräch mündete unweigerlich in das Thema Krieg.
    »Warum Pearl Harbor?«, fragte David.
    »Ich habe es nicht befohlen«, antwortete Hirohito.
    »Das war mir von Anfang an klar. Aber warum hast du nichts dagegen unternommen?«
    »Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich war wie die kleine goldene Kugel, die du mir einst geschenkt hast: nur ein Spielball in den Händen der Militärs. Ein paarmal habe ich meinen Unmut zum Ausdruck gebracht, das konnte sie jedoch nie lange aufhalten. Als es Mitte 1937 im chinesischen Wangping zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen war, hatte ich den Kriegsminister zu mir gerufen und ihm befohlen, die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen, was dann auch geschah…«
    »Ja, und nicht einmal ein halbes Jahr später haben betrunkene japanische Soldaten in Nanking zweihunderttausend Chinesen auf eine Art und Weise abgeschlachtet, für die das Wort bestialisch noch geschmeichelt klingt.«
    »Das ist es, was ich meine, David-kun. Ich habe nichts davon gewusst. Das musst du mir glauben.«
    »Es war im Readers Digest zu lesen, mein Freund.«
    »Nicht bei uns. In Nippon wurden die entsprechenden Artikel von den Zensoren entfernt. Und was den Angriff auf Pearl Harbor betrifft, in dieser Angelegenheit bin ich von Admiral Yamamoto ebenfalls hinters Licht geführt worden. Ich wusste zwar, dass ein Krieg mehr als wahrscheinlich war, aber dieser schändliche Überfall hat mich völlig überrascht.«
    David schüttelte fassungslos den Kopf. »In deinem Namen haben Orgien der Scheußlichkeit stattgefunden. Es fällt mir schwer, deine Erklärungen zu akzeptieren. Nicht dass ich dir nicht glaube. Du magst im Vorfeld wirklich nichts von all den Dingen gewusst haben, aber wenigstens hinterher hättest du doch mit der Faust auf den Tisch schlagen müssen.«
    »Es ist nicht so, dass ich es nicht versucht hätte«, verteidigte sich der Kaiser. »Als vor Pearl Harbor eine kaiserliche Konferenz einberufen wurde, hatte ich mir eine Reihe von Argumenten und kritischen Fragen zurechtgelegt, mit denen ich den drohenden Krieg abwenden wollte, aber Marquis Kido – er ist inzwischen mein Geheimsiegelbewahrer – hat sämtliche Einwände ziemlich schnell in der Luft zerrissen. Auf der Konferenz am 6. September plädierten dann alle Militärs für Krieg und verabschiedeten einen rigorosen Zeitplan. Ich habe ihnen daraufhin die Verse vorgelesen, die ich dir eben vortrug. Anschließend sagte ich, diese Worte drückten das aus, was ich immer empfunden habe, ebenso wie mein Großvater, von dem das Gedicht stammt: Liebe zum Frieden.«
    »Ein Gedicht hast du deinen Untergebenen entgegengehalten?«, wiederholte David ungläubig. »Aber das genügt nicht, Hito-kun! Du hättest ihnen befehlen müssen, alle Kriegspläne fallen zu lassen.«
    »Das habe ich später auch versucht – und einiges mehr, das musst du mir glauben – , aber ich bin wieder getäuscht worden. Diesmal von Shigenori Togo, meinem Außenminister. Er heuchelte mir Friedenswillen vor, während er mit Yamamoto Angriffspläne gegen die Vereinigten Staaten schmiedete.«
    »Ich muss dir etwas sagen, Hito-kun. Das alles ist zu wenig gewesen. Pearl Harbor hat tausenden von Soldaten und Zivilisten das Leben gekostet, und wenn man bedenkt, was durch den Überfall ausgelöst wurde, wohl sogar Millionen. Du hättest wenigstens den Versuch unternehmen müssen den Angriff zu verbieten.«
    David wusste, was seine offenen

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