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Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer

Titel: Der Kreis der Dämmerung 03 - Der weiße Wanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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viel versprechende Fortschritte.
    Das Ausbalancieren der Kräfte, die auf das Fünfzigchonstück einwirkten, verlangte Davids ganze Konzentrationsfähigkeit. Als er die Münze endlich wieder in die Tasche steckte, war die schmerzliche Erinnerung verflogen. Das An-Chung-gun-Problem ließ sich leider nicht so leicht lösen. David seufzte resigniert und beschloss sich ein warmes Plätzchen zu suchen.
    Da Heizmaterial fast so kostbar wie Bargeld war, entschied er sich für einen Abstecher nach Nam-san, dem »Südberg« von Seoul. Am Hang der so benannten Erhebung lebte der Schwarzhändler Hundedreck. Wenn einer über Kohle oder anderen Brennstoff verfügte, dann Kaeddong.
    David stieg in einen Bus Richtung Süden. Das letzte Stück musste er laufen. Inzwischen hatte die Dämmerung eingesetzt. Ab und zu kamen ihm zerlumpte Gestalten entgegen, einmal auch zwei US-Soldaten, vermutlich Militärberater, die nach dem Abzug der Schutztruppen noch im Land verblieben waren. Als David den Nam-san über einen hart gefrorenen Fußweg erklomm, sah er im Norden das Pukhangebirge. Im Abendlicht spiegelte sich die Sonne purpurfarben auf den schneebedeckten Hängen. Und in diesem Moment gleißte ein Blitz in Davids Geist auf.
    Es handelte sich dabei um eine jener Assoziationen, die ihn regelmäßig heimsuchten und gelegentlich schon dramatische Entschlüsse und Veränderungen bewirkt hatten: Das Pukhangebirge lag im Norden. Die Demokratische Volksrepublik Korea ebenfalls. Sie hatten das Pferd vom falschen Ende her aufgezäumt! Mit einem Mal war alles sonnenklar.
    Ben Nedals schriftliche Instruktionen für Chung-gun endeten mit dem Befehl: »Sie werden angewiesen, ihm jede mögliche Hilfe zukommen zu lassen.« Ein dauerhafter und massiver Einsatz im sowjetischen Einflussbereich verlangte nach einen Stützpunkt im Norden des Landes, denn Besuche südkoreanischer Staatsangehöriger in der Volksrepublik waren auf wenige Tage und zumeist den engeren Verwandtenkreis beschränkt. Aber wenn sich An Chung-gun seine Anweisungen lediglich von einem südkoreanischen »Briefkasten« abholte, dann brauchte er den kommunistischen Einflussbereich jeweils nur kurz zu verlassen. Selbst das erforderte Beziehungen und korrupte Helfer im Staatsapparat – zu engmaschig war der Eiserne Vorhang inzwischen geworden –, aber daran hatte es den hochrangigen Mitarbeitern von Belials Mörderriege ja noch nie gemangelt.
    David beschleunigte seinen Schritt. Er wünschte, es gäbe irgendeine technische Möglichkeit, unverzüglich mit Soo-wan in Verbindung treten zu können, um ihn nach Seoul zurückzubeordern. Leider würde er mit seinem Auftrag noch fast zwanzig Stunden warten müssen – sie telefonierten jeden Nachmittag um die gleiche Zeit, wobei David den abhörsicheren Fernsprecher eines befreundeten Polizeiinspektors benutzte, während sich der Professor meist mit öffentlichen Telefonen begnügen musste.
    Der Schwarzhändler saß in seinem bullig warmen Einzimmerhaus und freute sich ausnehmend über Davids unverhofften Besuch. »Ach!«, sagte er und grinste.
    »Woher beziehst du eigentlich deine Waren, die du auf dem Schwarzmarkt verhökerst?«, fragte David nach einer knappen Begrüßung.
    Kaeddong tat so, als hätte er die Frage nicht verstanden.
    Um sein Englisch stand es tatsächlich nicht zum Besten und Davids frische Kenntnisse der Landessprache taugten auch kaum zu mehr als einer Teebestellung in einem tabang, einem koreanischen Kaffeehaus.
    »Bist du ein Schmuggler?«, wiederholte David.
    Kaeddong gab sich gekränkt. Der wohlbeleibte Schwarzhändler begann in seiner Hütte herumzulaufen. Ein gutes Zeichen.
    »Ich will dich nicht bei der Polizei anzeigen«, zerstreute David die offensichtlichen Bedenken des anderen, »sondern dir ein Geschäft verschaffen.«
    Der Koreaner blieb plötzlich stehen. »Ein Geschäft? Lohnt es sich denn?«
    »Du bekommst eine Provision.«
    »Wie viel?«
    »Zweihundert Won.«
    Kaeddongs Augen fingen an zu leuchten und seine Füße trabten wieder los. Beim Durchstreifen des Zimmers wippte er merkwürdig in den Knien, fast hüpfte er – seine übliche Art der Fortbewegung. »Du verlangst doch nichts Ungesetzliches von mir, oder?«
    »Ha!« David konnte sich ein kurzes Auflachen nicht verkneifen. »Das musst gerade du sagen.«
    »Wir leben in harten Zeiten: Hier gibt es Nachfrage. Und da gibt es Angebot. Ich sehe nichts Verkehrtes darin, die beiden zusammenzubringen.«
    »Kommt immer darauf an, was nachgefragt und angeboten

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