Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
ein von dunklen Locken umrahmtes pechschwarzes Gesicht mit rundem vorspringendem Kinn, Knollennase und Pausbacken.
    »Keinen Schreck bekommen«, sagte die Frau. »Ich bin Kathy, die gute Seele dieses Hauses.«
    »Sie sind nicht die erste Aborigine, die mir über den Weg läuft«, erwiderte Mia, als müsse sie sich für ihre Reaktion rechtfertigen. »Allerdings hätte ich mir denken können…« Sie verstummte.
    »Was? Etwa dass Davy nur ein Weißer mehr ist, der die schwarzen Ureinwohner Australiens als billige Hilfsarbeiter ausnutzt?«
    »So ungefähr. Können Sie Gedanken lesen?«
    »Manche Weiße sagen uns solche Fähigkeiten nach, aber«, Kathy lachte, »nach fünfundvierzig Jahren in diesem Land ist man um manche Erfahrung reicher und klüger. Davy hat mich gebeten, Sie abzuholen.«
    »Wir sind bereit«, schaltete sich David ein.
    »Was genau verstehen Sie unter einer guten Seele?«, fragte Mia, als sie mit Kathy den Flur entlangging.
    »Sie können auch Haushälterin dazu sagen. Oder Kindermädchen. «
    Mia zögerte nun etwas, bevor sie fragte: »Ist Mr Pearson verheiratet?«
    Kathy lachte. »Davy? Bisher war noch keine so tollkühn, diesen Wildfang bändigen zu wollen. Mit Ausnahme meiner Person vielleicht. Ich war sechzehn, als Davy vor beinahe neunundzwanzig Jahren geboren wurde, und habe dem Balg Manieren beigebracht.«
    »In welcher Hinsicht?«
    »Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Miss Rosenbaum. Er hat fast denselben Dickkopf wie mein Bruce.«
    »Ist Bruce Fraser Ihr Mann?«, fragte David erstaunt.
    »Also, heute früh war er’s noch. Wir müssen dort lang.«
    Unter Menschenscheu schien Kathy nicht gerade zu leiden. Auf dem Weg über den Hof zu einem der flachen Nebengebäude redete sie ohne Unterlass. Auf den nur wenigen Metern gab sie ein umfassendes Bild ihrer Familienverhältnisse: Sie hatte – »abgesehen von Davy« – zwei »schöne braune« Söhne, die ebenfalls auf der Farm arbeiteten, und ein erst siebenjähriges Nesthäkchen namens Duffy. Davys Mutter war kurz nach der Geburt gestorben. Und im Alter von fünf hatte er seinen Vater verloren. Angeblich sei er im Rachen eines Krokodils verschwunden, was allerdings nicht endgültig bewiesen war, weil das Schuppentier sich einem Abschuss standhaft widersetzte.
    Jetzt verstand David, weshalb sein Gastgeber den raubeinigen Verwalter mit solcher Herzlichkeit begrüßt hatte. Davy war wie einer von Bruce und Kathy Frasers Söhnen aufgewachsen.
    »Mama Kathy!«, rief Davy. »Hast du unsere Gäste schon über die Geschichte von Billabong Meadows in Kenntnis gesetzt?«
    »Nur über das Wichtigste, du vorlauter Bengel. Ich lass euch jetzt allein.« Kathy zog lachend die Tür hinter sich zu.
    David bemerkte, dass der Blick seiner Enkeltochter ungewöhnlich milde auf dem bärtigen Gesicht des Hackers ruhte.
    »Haben Sie beide sich ein wenig erholen können?«, fragte Davy.
    »Offen gestanden: nein. Ich werde sowieso keine Ruhe finden, bevor wir uns nicht endlich gründlich unterhalten haben.«
    »Oh, oh!«, machte Davy. »Jetzt kommt wohl die Standpauke. Bitte setzen Sie sich doch erst einmal. Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?«
    Die Gäste nahmen an einem runden Besprechungstisch aus glänzendem schwarzen Granit Platz. Nachdem Mia sich einen Tee gewünscht und David sich ihrer Wahl angeschlossen hatte, deutete Davy mit einer umfassenden Geste in den Raum. »Von hier aus regiere ich mein Imperium, wenn Sie mir diesen etwas pathetischen Vergleich erlauben.«
    Nicht ohne Bewunderung betrachtete David das technische Equipment des Büros. In dem vielleicht acht mal vier Meter großen Raum stand ein riesiger Schreibtisch, der wie ein großes S aussah. Er schien für zwei Personen konzipiert zu sein, oder vielleicht doch nur für eine, die sich nicht entscheiden konnte, an welchem der vier flachen Farbbildschirme sie gerade arbeiten wollte. Leise summten die Festplatten und Lüfter in den verschiedenen Computergehäusen. Andere Geräte – Drucker, Scanner und schalter- wie auch lampenübersäte Apparate, deren Sinn und Zweck David nicht einmal erahnen konnte – lagerten auf den Beistelltischen, Sideboards und Regalen im Raum.
    »Einen hübschen Zoo haben Sie sich da zugelegt. Ich vermute, hier sind wir an der Quelle Ihrer erstaunlichen Entdeckungen meine Person betreffend.«
    »Ein Kunstschmied bringt sogar mit schlechtem Werkzeug noch etwas zustande, aber der Anfänger scheitert selbst mit dem besten Arbeitsgerät schon an einem simplen

Weitere Kostenlose Bücher