Der Kreis der Sechs
lassen Sie mich nachsehen. Okay, hier haben wir es. Es war Dr. Duncan Shaw.«
29
Es fühlte sich an, als hätte jemand Phoebe mit voller Wucht von hinten geschubst, sodass ihr die Luft wegblieb.
»Äh, okay«, sagte sie. »Sonst noch jemand? Ich meine, waren noch andere Fakultätsmitglieder in dem Komitee?« Vielleicht war Duncan nicht der Einzige gewesen.
Phoebe konnte spüren, wie die Frau die Seite auf ihrem Computer überflog. Beeil dich, wollte sie schreien.
»Tatsächlich nur er«, sagte die Assistentin. »Kann ich Ihnen noch mit etwas anderem helfen?«
»Nein, äh, nein«, stotterte Phoebe. »Danke.«
Sie ließ das Telefon in ihre Tasche fallen. Ihre Beine fühlten sich plötzlich wacklig an, und sie lehnte sich an das Gebäude, um sich abzustützen. Zwei Leute, die die Bibliothek verließen, drehten sich um und sahen sie mit neugierigen Augen an.
Hatte Duncan wirklich eine Affäre mit Lily gehabt, fragte sie sich verzweifelt. Es passte einfach nicht. Er schien klug, reif, rechtschaffen zu sein, nicht die Art von Mann, der sich mit einer Studentin einlassen und sein Ansehen am College aufs Spiel setzen würde. Und doch war die Wahrheit, dass sie absolut nichts über sein persönliches Leben seit dem Tod seiner Frau wusste. Phoebe hatte sich bisher noch nicht wohl dabei gefühlt, ihn darüber zu befragen. Sie hatte einfach angenommen, dass er seitdem sehr wenige Verabredungen gehabt hatte, vielleicht eine sexuelle Affäre oder zwei. Aber andererseits war das vielleicht genau das, was Lily für ihn gewesen war.
Natürlich hatte Lily, wenn sie Jen Glauben schenken konnte, den ersten Schritt gemacht. Als Teil des fünften Kreises war es ihr anfänglicher Plan gewesen, ihn zu verführen und auszubeuten. Hatte Duncan ihre ursprüngliche Absicht entdeckt?
Was auch immer der Fall war, so wurde Phoebe klar, eine Affäre würde auf jeden Fall Duncans Verhalten an diesem Morgen erklären – warum er sie angeblafft hatte, als sie das Thema von Lilys Liebesleben aufgebracht hatte.
Doch da war eine noch furchtbarere Frage, die sie in Betracht ziehen musste: Hatte Duncan Lily ermordet? Sie dachte an das, was sie von ihm wusste, als würde sie Seiten mit Notizen vor sich auf einem Tisch ausbreiten. Er war während ihrer Krankheit bei seiner Frau geblieben; er hatte gute Freunde in seinem Fachbereich; seine Studenten liebten ihn über alles. Doch selbst ein guter Mann konnte unter Druck geraten. Da war auch diese launische Seite an ihm, die auf etwas Dunkles – sogar Böswilliges – hinweisen konnte.
Und es gab ein Detail, das sie nicht ignorieren konnte: Er hatte extrem an den Morden interessiert gewirkt, hatte sie gedrängt, Einzelheiten zu verraten. Hat er mich nur ausgequetscht, fragte sie sich, um sicherzustellen, dass er so viel, wie er konnte, über die Polizeiuntersuchungen wusste? War das der Grund, warum er so begierig darauf gewesen war, sich Hutchs Notizen anzusehen – um sicherzustellen, dass nichts darin war, das ihn damit in Verbindung brachte? Er hatte sie außerdem gedrängt, die Recherchen einzustellen. Hatte er das wirklich getan, weil er fürchtete, sie könnte der Wahrheit zu nahe kommen?
Die ganze Vorstellung war niederschmetternd. Sie hatte Sex mit Duncan gehabt; sie mochte ihn. War er wirklich ein Mörder?
Nein, das konnte nicht wahr sein, sagte sie sich verzweifelt. Sie bemerkte, wie ein Student sie ansah, und ihr wurde klar, dass sie den Kopf geschüttelt hatte.
Sie atmete tief durch, versuchte, sich zu beruhigen. Was sie tun musste, das erkannte sie, war, an einen ruhigen Ort zu gehen, wo sie in Frieden nachdenken konnte. Ihr Büro. Ihren Mantel mit ihrer guten Hand zuhaltend, ging sie Richtung Arthur Hall. Als sie um die Ecke der Bibliothek bog, stieß sie beinahe mit Pete Tobias zusammen. Gott, dachte sie, das ist verflucht nochmal das Letzte, was ich jetzt brauche – eine weitere Begegnung von Angesicht zu Angesicht mit Luzifer persönlich.
»Phoebe Hall«, sagte er. »Ich dachte, Sie würden mir vielleicht aus dem Weg gehen.«
Sei vorsichtig, warnte sie sich selbst. Mit ihm zu reden, war, wie zu versuchen, einer Klapperschlange auf einem Bergpfad zu entgehen. Und sie durfte ihn nicht merken lassen, wie fix und fertig sie im Augenblick war.
»Sollten Sie nicht damit beschäftigt sein, den Widerruf über mich zu schreiben?«, fragte sie.
Er sah verärgert aus. »Tatsächlich wird der heute gepostet«, sagte er. »Natürlich denke ich, dass die wahre Geschichte sich als viel
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