Der Kreis der Sechs
was die Sechsen im Grunde genommen sind – eine Studentinnenverbindung? Oder sind sie ihrer Natur nach böse?«
» Böse scheint mir ein viel zu starkes Wort dafür zu sein«, sagte Stockton. »Wenn sie diejenigen sind, die Dinge mit einer Sechs markieren, dann sieht es eher so aus, als ginge es ihnen nur darum, ein wenig Unfug zu treiben. Es ist wahr, Alexis war ziemlich außer sich, aber ihr Zusammenbruch könnte auch durch eine Kombination anderer Faktoren begründet sein.«
Phoebe berührte mit ihrem Finger ihre Lippe. »Glenda sagte, Sie hatten Grund zu der Annahme, dass Lily darin verwickelt gewesen sein könnte.«
»Kurz nachdem das Semester begonnen hatte – wir sprechen von der ersten Woche im September – beklagte sich die Verwaltung, dass jemand jeden Abend die Adirondeck-Stühle vom Innenhof hinaus auf den Platz vor dem Studentenwerk gezerrt hatte. Es stellte sich heraus, dass es immer sechs Stühle waren. Also bat ich Craig Ball, einen Mann abzustellen, der eine Nacht lang Wache halten sollte. Siehe da, um drei Uhr nachts entdeckt er zwei Mädchen, wie sie die Stühle über das Gras zerren. Lily Mack und Blair Usher.«
»Haben Sie mit ihnen gesprochen?«
»Und ob. Getrennt. Aber da hatten sie sich bereits ihre Geschichte zurechtgelegt. Behaupteten, sie wären noch auf gewesen, um zu lernen, und hätten sich entspannen wollen. Sagten, sie könnten draußen auf dem Platz, weiter weg von den Bäumen, die Sterne besser sehen. Und sie leugneten, dass sie es vorher schon einmal getan hätten. Unglücklicherweise hatte der Cop eingegriffen, bevor sie mehr als zwei Stühle herübergezerrt hatten, daher gab es keine Möglichkeit, zu beweisen, dass sie hinter den anderen Vorfällen steckten.«
»Was wissen Sie über Blair?«
»War im zweiten Jahr. Hervorragende Studentin. Im Feldhockey-Schulteam. Schön. Was Ihre Freunde in Hollywood ein It-Girl nennen würden.«
»Ich nehme an, sie ist dieselbe Blair, von der Lily ihrer Mitbewohnerin sagte, sie könnte bei ihr übernachten. Denken Sie nicht, es ist mehr als ein Zufall, dass Lily in der Nacht, in der sie verschwand, vorhatte, Blair zu besuchen? Ich bin nicht sicher, ob Glenda Ihnen das erzählt hat, aber ich habe vor zwei Wochen mit Lily gesprochen. Sie sagte, sie hätte die Dinge versaut, und sie schien bestrebt zu sein, sich zu befreien. Vielleicht war der Schlamassel, von dem Lily wegkommen wollte, die Sechsen, und sie wollten sie nicht gehen lassen.«
»Collegestudenten stecken immer in einem Schlamassel. Es gibt keinen Grund dafür, zu glauben, dass der Schlamassel, auf den sie sich bezog, mit den Sechsen zu tun hatte, oder dass ihr Tod irgendwas mit dem zu tun hat, worüber sie mit Ihnen gesprochen hat.«
Bevor Phoebe antworten konnte, drehte Stockton sein Handgelenk, um auf seine Armbanduhr zu sehen. »Ich sollte gehen«, sagte er. »Ich möchte weiterverfolgen, wie es den Eltern im Leichenschauhaus ergangen ist.« Er fasste nach hinten und zog seine Brieftasche aus seiner Jacke. Noch mehr weiches, braunes Leder.
»Bitte lassen Sie mich das erledigen«, sagte Phoebe. »Doch bevor Sie gehen, können Sie mir da die Namen der beiden Mädchen geben, die den Blick gewechselt haben?«
Stocktons Augen wurden größer, als würde er endlich begreifen, dass sie in dieser Sache wirklich Nachforschungen anstellen würde.
»Warum schicke ich Ihnen nicht eine E-Mail, sobald ich zum Campus zurückgekehrt bin?«, sagte er, verabschiedete sich mit einem Nicken und bahnte sich seinen Weg zwischen den Tischen hindurch und zur Vordertür hinaus.
Statt um die Rechnung zu bitten, bestellte Phoebe einen weiteren Kaffee und grübelte über das nach, was sie gerade gehört hatte. Gott, dachte sie, Geheimgesellschaften und Serienmörder – Lyle klingt mehr und mehr wie das College aus der Hölle.
Egal wie Lily gestorben war, Phoebes Job war es, Nachforschungen über die Sechsen anzustellen. Sie beschloss, dass sie bei Blairs Wohnung vorbeischauen würde, sobald sie Berta’s verlassen hatte, und später, wenn sie die Informationen von Stockton hatte, würde sie versuchen, wenigstens mit einem der beiden Mädchen aus dem Komitee zu sprechen.
Phoebe wollte auch irgendwie Kontakt mit Alexis aufnehmen. Vielleicht hatte sich das Mädchen in den letzten sechs Monaten ausreichend beruhigt, um gewillt zu sein, mit ein paar Informationen herauszurücken. Es bestand eine halbwegs gute Chance, dass Alexis an ein anderes College gewechselt war, aber es könnte sich in der
Weitere Kostenlose Bücher