Der Kreis der Sechs
immer, was passiert wäre, wenn ich mit dir meinen Abschluss gemacht hätte und ein Stipendium für ein Ivy-League-College bekommen hätte. Inwiefern wäre mein Leben anders? Aber es ist auch etwas Gutes dabei herausgekommen. Du und ich. Vielleicht wären wir keine Freundinnen fürs Leben geworden, wenn ich nicht diese Erfahrung gemacht hätte und darauf hätte zählen können, dass du mich so unterstützt.«
Glenda lächelte traurig und hob ihr Glass. »Wie meine Mutter zu sagen pflegt: Gott sei gedankt für kleine Gefälligkeiten.«
Als sie mit dem Essen fertig waren, fing Phoebe an, ihren Mantel anzuziehen. Angesichts dessen, was vorhin passiert war, war sie erpicht darauf, eher früher zu Hause anzukommen.
»Ich habe eine Idee«, sagte Glenda. »Bleib heute Nacht hier. Wir haben diese großkotzige, schicke Gäste-Suite für sogenannte zu Besuch kommende Würdenträger.«
»Das ist nicht dein Ernst«, sagte Phoebe lachend.
»Es ist mein voller Ernst. Ich habe dich gebeten, dich damit zu beschäftigen, und ich will nicht, dass du in deinem Haus übernachtest, bis du dieses Schloss hast auswechseln lassen. Das Badezimmer ist mit allem, was du brauchst, ausgestattet – sogar mit einer Zahnbürste.«
Phoebe fing an, Einwände zu machen, aber sie konnte erkennen, dass Glenda ein Nein als Antwort nicht akzeptieren würde.
Nachdem Glenda ihr den Weg zu dem Gästezimmer im Erdgeschoss gezeigt hatte, das in gelbem Chintz eingerichtet war, und Gute Nacht gesagt hatte, wurde Phoebe klar, dass sie überhaupt nicht ihr Abendessen mit Duncan erwähnt hatte. Heute Abend war ohnehin nicht der richtige Augenblick dafür gewesen. Sie wusch sich in dem angrenzenden Badezimmer und ließ das Licht an und die Tür nur ein paar Zentimeter geöffnet. Als sie eine Minute später ihre Jeans auszog, hörte sie ein Auto in die Auffahrt neben dem Haus biegen. Mark, erkannte sie. Mit nur ihrem T-Shirt und Höschen bekleidet, kletterte Phoebe in das hohe, antike Bett.
Sie hatte gerade angefangen, in den Schlaf zu gleiten, als sie den gedämpften Schrei eines Mannes aus dem Stockwerk über ihr hörte. Ihre Augen sprangen auf, und ihre Muskeln spannten sich an. Es war so schnell vorbei, dass sie sich einen Moment lang fragte, ob sie es sich eingebildet hatte. Aber sie wusste, dass dem nicht so war. Sie wartete mit angehaltenem Atem, aber es kam nichts mehr. Zum zweiten Mal in dieser Woche fragte sie sich, ob es in Glendas Ehe Probleme gab.
Am nächsten Morgen, auf ihrem Weg zu Balls Büro, machte sie bei dem Café im Studentenwerk Halt, um einen Kaffee zu kaufen.
»Wir müssen aufhören, uns auf diese Weise in Esslokalen zu treffen«, sagte eine männliche Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um und sah, dass Duncan in der Schlange stand. Sie war überrascht von dem plötzlich einsetzenden Gefühl von Freude, das sie bei seinem Anblick empfand.
»Oh, hi«, sagte sie, und ihr wurde klar, dass sie schmuddelig aussehen musste, weil sie nicht geduscht hatte. »Wie läuft es denn so?«
»Ziemlich gut, danke.«
Sie wartete, während er selbst einen Kaffee bestellte, und ging mit ihm hinaus auf den Innenhof. Es war heute viel kühler als gestern, und der Wind trieb getrocknete Ahorn- und Eichenblätter über das Gras. Die Studenten waren eingemummelt.
»Ich nehme an, dass Sie gestern Abend nicht die Wettervorhersage gesehen haben«, sagte er mit einem Lächeln und nickte in Richtung ihrer leichten Jacke. Duncan selbst trug eine schwere Lederjacke.
»Äh, tatsächlich habe ich gestern Nacht bei Glenda kampiert.« Sie erzählte ihm die Geschichte mit den Äpfeln.
»Das ist wirklich verdammt mutig«, sagte er, und seine Augen wurden schmal. »Sollten Sie diese Nachforschungen nicht wieder an die Verwaltung abgeben?«
»Ich denke, ich komme fürs Erste damit klar.« Seine Besorgnis ließ sie sich ängstlich fühlen. »Der Gedenkgottesdienst ist heute Abend. Denken Sie, es werden viele Leute teilnehmen?«
»Ich glaube schon. Gehen Sie hin?« Er schien sie genau zu betrachten. Ihre Haare peitschten um ihr Gesicht, und sie konnte spüren, dass ihre Nasenspitze sich von der Kälte zu röten begann.
»Ja. Definitiv.«
»Übrigens, danke nochmal für das Abendessen am Sonntag«, sagte er. Er hielt ihren Blick fest, als wollte er noch etwas anderes sagen, und sie dachte, okay, hier kommt sie – die Frage, ob sie sich wieder treffen wollten –, aber plötzlich wandte er den Blick ab und schaute auf seine Uhr. »Oh, ich habe jetzt ein Treffen
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