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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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für die Zwistigkeiten der beiden Monarchen. Und nun wollte Richard also eine andere Braut nach Sizilien holen, eine Prinzessin von Navarra. König Philip ließ daraufhin verkünden, er sei zutiefst erzürnt über die Demütigung seiner Familie durch nicht nur einen, sondern gleich zwei englische Könige.
    Wie üblich gab es eine einfache Möglichkeit, den französischen König zu beschwichtigen. Richard schenkte ihm zehntausend Goldmark, als seine Verlobung mit Berengaria öffentlich verkündet wurde, und prahlte klugerweise nicht damit, dass seine zukünftige Braut in Begleitung seiner Mutter, Königin Eleanor von Aquitanien, bereits auf dem Weg nach Sizilien war.
    Dennoch hatte Philip verstimmt angekündigt, er werde Ende März mit all seinen Truppen ins Heilige Land aufbrechen, da er nicht zugegen sein wolle, wenn der personifizierte Affront gegen seine Schwester in Messina eintraf.
     
    König Philip von Frankreich segelte mit vier großen Schiffen am letzten Tag des Monats langsam aus dem Hafen von Messina, unter dem Jubel der gesamten Armee König Richards, die auf direkten Befehl des Königs hin angetreten war, um ihren Waffenbrüdern eine gute Reise nach Outremer zu wünschen. Am nächsten Tag trafen auf einem kleinen, aber reich ausgestatteten Schiff diskret Prinzessin Berengaria von Navarra und Königin Eleanor von Aquitanien ein – und mein alter Freund und einstiger musikalischer Lehrmeister, Bernard de Sezanne.
    Ich hatte Bernard seit anderthalb Jahren nicht gesehen, und während ich größer und kräftiger geworden war, hatte er sich kein bisschen verändert. Allerdings war er als Königin Eleanors vielgerühmter Trouvère nun sehr viel kostbarer gekleidet als der Gesetzlose, der mich in Musik unterwiesen hatte. Ja, er wirkte sogar geckenhaft mit seinen Beinkleidern in Purpur und Grün und der mit Purpur und Gold bestickten Cotte. Auf seinem Kopf thronte ein prächtiger Samthut, der wie ein großer Laib sizilianisches Brot aussah und aus dem seitlich eine Feder herausragte. In meiner tristen bräunlich grünen Cotte und der abgetragenen grauen Gugel kam ich mir neben ihm schäbig und gewöhnlich vor.
    Ich nahm ihn mit in das Wirtshaus in Messina, wo ich mich regelmäßig mit den anderen Trouvères traf. Nachdem sie Berengaria sicher abgeliefert hatten, würden Bernard und seine Herrin, Königin Eleanor, schon ein, zwei Tage später Sizilien wieder verlassen und nach England zurückkehren, und ich wollte mich unbedingt mit ihm unterhalten, ehe sie aufbrachen. Das Wirtshaus versprach zwei Dinge, die für Bernard, wie ich wusste, einen erfolgreichen Abend ausmachten: große Mengen Wein und ein Publikum, das Musik zu schätzen wusste. Little John war bei Robin, daher hatte ich frei. Bernard und ich kamen früh im Wirtshaus an. Die Sonne hatte sich noch nicht hinter die Berge im Westen zurückgezogen, und so war mir einige Zeit allein mit meinem Freund sicher, bevor die restliche Musikantenmeute eintraf.
    »Also, junger Alan«, sagte Bernard mit gutmütigem Lächeln, »jedes Mal, wenn ich dich sehe, ähnelst du ein wenig mehr einem grobschlächtigen Soldaten. Ich hoffe, du hast die Musik nicht aufgegeben.« Er betrachtete das Schwert und den langen Dolch, die ich wie gewöhnlich an zwei starken Ledergürteln um die Hüften trug. Ich versicherte ihm, dass dem nicht so war, und konnte es mir nicht verkneifen, ein wenig damit zu prahlen, wie hoch ich in König Richards Gunst stand und wie sehr er mich als Sänger schätzte.
    »Gefällt dir also das Leben in diesem großen Schwarm angehender Märtyrer?«, fragte er. Ich bejahte und erzählte ihm von meinem neu erworbenen Geschick mit der Lanze. Mitten in meiner Schilderung eines heldenhaft geglückten Angriffs auf den Quintan bemerkte ich, dass seine Augen trübe ins Leere stierten. Ich beendete schnell die Geschichte, bestellte mehr Wein und wechselte das Thema. »Wie stehen die Dinge in England?«, fragte ich.
    »Nicht gut, Alan, um ehrlich zu sein, gar nicht gut«, sagte er und seufzte. Sein Gebaren war traurig, aber ich spürte noch etwas, vielleicht ein Körnchen Vergnügen daran, schlechte Nachrichten verkünden zu können. »Ohne Richard herrscht große Unruhe im Land. Jeder Edelmann befestigt seine Burg, die Städte bauen starke Mauern. Die Waliser machen auch Ärger. Aber das größte Problem stellt dieser Willie Longchamp dar, der Justitiar des Königs, der bei wirklich jedermann verhasst ist und nicht einmal seinen eigenen Haushalt im Griff hat,

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