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Der Kreuzfahrer

Der Kreuzfahrer

Titel: Der Kreuzfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angus Donald
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unschuldige Christen, Männer, Frauen und Kinder, seinem persönlichen Profit zu opfern.
    Für mich gab es gar keinen Zweifel daran, was ich tun würde. »Vor langer Zeit«, sagte ich mit belegter Stimme, »habe ich Euch einen Eid geschworen, Herr. Ich habe geschworen, Euch treu zu dienen bis in den Tod. Um dieses Eides willen habe ich viel Blut vergossen, zu viel Blut – aber ich werde ihn niemals brechen. Gehen wir nach Hause.«
    Und Robin lächelte.

Epilog
    A ls Dickon mich am nächsten Morgen in der Halle von Westbury aufsuchte, saß ich in einem hohen Stuhl, das blanke Schwert auf den Knien. Er sah sehr alt aus, wie er da so vor mir stand – sein dünnes Gesicht hatte einen Gelbstich vom vielen Trinken, das schüttere Haar war schneeweiß. Der leere Ärmel ließ ihn noch kläglicher wirken.
    Ich saß eine ganze Weile schweigend da und funkelte ihn nur finster an, während er mit den Füßen scharrte und sich sichtlich immer unbehaglicher fühlte. Dann fasste er sich ein Herz. »Ihr habt mich rufen lassen, Herr«, sagte er mit zitternder, verängstigter Stimme.
    Ich ließ seine Worte ein paar Augenblicke lang in der Luft hängen und fragte dann: »Sag, wie hast du deinen Arm verloren, Dickon?«
    Meine Frage verblüffte ihn offenbar. »Aber, Herr, das wisst Ihr ganz genau«, antwortete er. »Ihr wart doch in Arsuf dabei. Einer dieser schmutzigen Heiden hat ihn mir mit seinem riesigen Krummsäbel abgeschlagen. Daran müsst Ihr Euch doch erinnern!«
    Ich erinnerte mich tatsächlich daran. Ich erinnerte mich an Dickon als jungen Bogenschützen mit leuchtenden Augen, kaum älter als ich, einer der wenigen Engländer in den Reihen zäher walisischer Burschen. Ich erinnerte mich daran, wie er im Kampf gegen die Berber von einem Scimitar verwundet worden war, und dass er trotz der Schmerzen frohen Mutes gewesen war, als ich am Tag nach der Schlacht unsere Verwundeten besuchte und ihnen Essen und Wasser brachte.
    »Du hast also Robin Hood gedient, damals im Sherwood, als er noch kein Graf war?«
    »Ja, Herr, genau wie Ihr.« Dickon war inzwischen völlig durcheinander. Offenbar fragte er sich, ob ich auf meine alten Tage den Verstand verlor.
    »Wie wäre Robin mit einem Geächteten verfahren, der ihn bestohlen hat?«, fragte ich ruhig. Dickon wich auf einen Schlag das Blut aus dem Gesicht, als er sich über vierzig Jahre in die Vergangenheit versetzt sah – in jene wilden Zeiten im Wald, da die Männer meinem Herrn aus nackter Angst gehorcht hatten.
    »Robin hat mich ausgebildet. Er hat mich viel über Verbrechen und die angemessene Bestrafung gelehrt«, sagte ich und ließ meine Stimme so bedrohlich klingen, wie ich konnte. Dann erhob ich mich, packte mein Schwert und ging auf Dickon zu. Er fiel auf die Knie und versuchte, um Gnade zu flehen, doch sein Mund war so trocken, dass er nicht sprechen konnte. Ich hob die Klinge an seinen verbliebenen sehnigen Oberarm und ließ ihn leicht die Spitze spüren.
    »Glaub mir, wenn ich dir eines sage, Dickon«, fuhr ich fort. Der arme Mann schaute ständig hinab auf das Schwert, dann wieder zu mir auf. »Wenn du mich je wieder bestiehlst, wenn du dir auch nur einen Kanten trockenen Brotes nimmst, der mir gehört, dann schlage ich dir auch diesen anderen Arm ab und verfüttere ihn an meine Schweine. Hast du verstanden?«
    Dickon nickte. Er schlotterte buchstäblich vor Angst.
    »Wie unser früherer Herr Robin mache ich mir nicht viel aus Richtern und Gesetzen, also werde ich nicht hier über dich zu Gericht sitzen und dich auch nicht vor das königliche Gericht bringen wegen dieser Ferkel, die du mir gestohlen hast. Aber du wirst mir eine Entschädigung von einem Shilling dafür bezahlen. Dies ist mein Urteil als Grundherr von Westbury und zugleich eine Abmachung zwischen uns beiden als frühere Kameraden. Schwörst du, dich daran zu halten?«
    Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und krächzte: »Ich schwöre es.«
    »Schön, dann kannst du jetzt gehen.« Ich sah zu, wie er sich schwankend erhob und aus der Halle taumelte.
    Ich wusste, dass Marie mir zürnen würde, weil ich ihn mit einer so geringen Geldbuße hatte davonkommen lassen. Osric würde sich sehr darüber wundern. Aber mein Herr Robin, obgleich er schon längst in seinem Grab verrottet war, wäre einverstanden gewesen. Dickon hatte mit mir zusammen tapfer im Heiligen Land gekämpft. Er hatte dort mit mir gelitten, seinen Arm verloren, und seit unserer Heimkehr vor vierzig Jahren hier auf Westbury treu und

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