Der Kreuzfahrer
Hilfe eine große Summe Geldes von den Juden in York zu leihen und in zwei Tagen wieder zu Hause zu sein.
»Schluss jetzt, Alan. Wir reisen in einfacher, ganz gewöhnlicher Kleidung wie zwei Pilger, aber gut bewaffnet und schnell – kein Pomp, kein Trara. Ganz wie in alten Zeiten, das wird ein Spaß …«
Und es machte tatsächlich Spaß. Inzwischen hatte ich kaum mehr Gelegenheit, Zeit mit Robin allein zu verbringen, und obwohl ich mich immer noch ein klein wenig vor ihm fürchtete – ich vergaß niemals, dass er neben anderen abscheulichen Verbrechen auch den Mord an seinem eigenen Bruder gebilligt hatte –, genoss ich seine Gesellschaft sehr. Und wir waren gut ausgerüstet. Wir trugen beide Kettenhemden, Robin war mit seinem Langbogen samt großem Köcher und einem guten Schwert bewaffnet und ich mit meinem alten Schwert und dem Dolch. Außerdem trug ich meine neue himmelblaue, bestickte Gugel, aber nur, um Robin zu ärgern und ihm zu zeigen, dass ich ihm zwar stets treu ergeben war, mich aber keinen Deut um seine Ansichten in Sachen Kopfbedeckung scherte.
Mehrere Stunden lang trieben wir die Pferde hart voran, und als es dunkel wurde, lagerten wir in einem kleinen Wäldchen in der Nähe von Pontefract Castle. Die große Burg war nun im Besitz von Roger de Lacy, dem neuen Sheriff von Nottinghamshire, und wir hätten in seiner aus Stein erbauten Halle einen Empfang haben können, wie er einem Grafen zustand. Doch Robin wollte seine Reise geheim halten, und mir war es nur recht, möglichst wenig Leute wissen zu lassen, dass Robin mit nur einem einzigen bewaffneten Begleiter durchs Land streifte. Im Nachhinein glaube ich außerdem, dass Robin vieles an seiner Grafenwürde als schwere Last empfand und sich das einfache Leben eines Gesetzlosen zurückwünschte, obwohl er das mir gegenüber nie offen aussprach.
Typischerweise hatte Robin trotz der Fastenzeit kalten Braten als Wegzehrung eingepackt. Ja, es waren nur noch fünf Tage bis zum Ostersonntag, und den Vorschriften der Kirche zufolge hätten wir keinerlei Fleisch verzehren dürfen. Außerdem hatte er Brot, Zwiebeln und einen Schlauch Wein dabei, und wir schlugen fröhlich unser Lager mit einem kleinen Feuer unter einer großen, ausladenden Eiche auf. Als wir gegessen hatten und die Funken über der Feuerstelle tanzten, wickelten wir uns in unsere warmen grünen Umhänge und blieben im Schneidersitz an der munteren Glut sitzen, die Waffen griffbereit. Robin trank einen großen Schluck aus dem halbvollen Weinschlauch, den er dann an mich weiterreichte. Ich tat einen kräftigen Zug und gab den Schlauch zurück.
»Glaubt Ihr, dass Murdac tatsächlich einhundert Pfund in teutschem Silber hat?«, fragte ich ihn und wischte mir den Mund ab.
»Das spielt keine Rolle«, entgegnete er. »Jeder Mann im Umkreis von hundert Meilen wird inzwischen von dem Kopfgeld gehört haben, und die Hälfte von ihnen denkt darüber nach, wie sie an das Silber kommen könnten. Das war ein sehr geschicktes Manöver von Murdac, muss ich sagen. Ich trinke auf den schleimigen kleinen Dreckskerl.« Robin hob den Weinschlauch in Richtung des Feuers und trank ausgiebig.
»Ich hatte ihn einmal in meiner Gewalt, weißt du?«, bemerkte er. »Ich hatte sein Leben in der Hand, und ich habe ihn gehen lassen. Dumm von mir – ich hätte ihn auf der Stelle töten sollen. Dann hätte ich jetzt nicht solche Schwierigkeiten. Ich hätte mir überhaupt eine Menge Ärger erspart, wenn ich ihn einfach gleich ausgelöscht hätte.« Er schnippte mit den Fingern. »Aber ich hatte Mitleid mit ihm. Mitleid, sage ich, dabei war es in Wirklichkeit bloß Schwäche. Er flehte auf Knien um sein Leben, und ich konnte ihn nicht töten. Einfach nur verfluchte Schwäche – und Arroganz. Doch niemand kann in die Zukunft sehen.« Er seufzte und trank erneut.
»Wann war das?«, fragte ich.
»Hier, nimm das. Ich habe genug getrunken«, sagte Robin und reichte mir den Weinschlauch. Er trank nie unmäßig viel, doch spürte ich, dass er an jenem Abend vielleicht Lust dazu gehabt hätte. Ich nahm selbst einen kleinen Schluck und behielt meine Gedanken für mich.
»Das war vor etwa sieben oder acht Jahren, lange bevor du zu uns kamst. Damals waren wir nur eine Handvoll Männer: John, Much, der Müllerssohn, Owain und vielleicht ein Dutzend weitere. Hauptsächlich lauerten wir reichen Reisenden auf. Ich lud sie auf ein Mahl im Wald ein und ließ sie dann teuer dafür bezahlen. Im Grunde war das nur ein kindisches
Weitere Kostenlose Bücher