Der Kreuzfahrer
überraschend effiziente Strategie heraus. Später sollte ich die Erfahrung machen, dass König Richard bei der Kriegsführung auch sehr subtil vorgehen konnte, wenn es angemessen war, mit List und Raffinesse und wahrer Feldherrenkunst. Aber den wilden, ungezügelten Sturmangriff mochte er besonders – am liebsten führte er die Attacke selbst, um sich dann mit seinem mächtigen Schwert durch die feindlichen Reihen zu schlagen und Dutzende Feinde niederzumetzeln.
Wir versammelten uns vor dem Kloster, etwa dreißig gerüstete Reiter, bereit, an der Seite unseres Königs zu kämpfen und zu sterben. Ich hatte mich in ein Kettenhemd gezwängt, einen einfachen Helm aufgesetzt sowie Schwert und Dolch gegürtet. Im letzten Augenblick griff ich noch zu meinem Streitkolben, dann stieg ich im Klostervorhof auf Ghost – und bemerkte, dass der König sich noch schneller für den Kampf bereitgemacht hatte. Er wartete vor den großen Toren des Klosters und hüpfte buchstäblich im Sattel auf und ab, während er seinen Rittern zurief: »Beeilung, Beeilung, Herr im Himmel!«
Wir hatten Owain zum Rest der Truppen geschickt mit der Nachricht, dass sie sich uns anschließen sollten, aber König Richard war wie besessen. Er konnte keinen Moment länger auf die Schlacht warten. Und auf bizarre Weise machte seine Hast die Einnahme Messinas viel leichter, als wenn wir abgewartet hätten, bis die Armee sich endlich in Marsch setzte.
Der König ließ den Blick über die Handvoll anwesender Ritter schweifen, nickte und sagte: »Gut, gehen wir und bringen diesem Abschaum Manieren bei.« Und damit galoppierten wir im wilden Haufen den Hügel hinunter Richtung Altstadt, mit dem König an der Spitze und Robin direkt dahinter. Ich war irgendwo in der Mitte der Meute neben Little John, der auf einem riesigen Schimmel ritt und in Erwartung des bevorstehenden Gemetzels freudig grinste. In mir wallte ebenfalls Euphorie auf. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, nicht sterben zu können, solange ich König Richard in die Schlacht folgte, da die heilige Aura der Königsmacht, die er ausstrahlte, mich beschützen würde. Das war natürlich absoluter Unsinn. In der Nähe des Königs war man kein bisschen sicherer als sonst irgendwo in der Schlacht – angesichts seiner Waghalsigkeit verhielt es sich sogar eher umgekehrt.
Auf einer Anhöhe vor dem Haupttor zur Altstadt hatte ein Mob von etwa vierhundert Sizilianern eine Aufstellung genommen, von der ich nur vermuten kann, dass sie sie für militärisch korrekt hielten. Die Griffonen waren mit verschiedensten Waffen und Rüstungsteilen ausgestattet – einige hielten Schwerter oder Spieße in Händen, andere Armbrüste und Rundschilde, manche trugen Lederhelme, ein paar hatten sich mit großen Holzfälleräxten bewaffnet, sogar der eine oder andere Dreizack war zu sehen. Sie schubsten und drängelten herum, und ein Dutzend Männer, vermutlich ihre Anführer, brüllten einander wie auch ihre Leute aus vollen Kehlen an bei dem Versuch, diesen losen und widerspenstigen Haufen in eine Art Ordnung zu bringen. Später erfuhr ich, dass sie geplant hatten, auf das Kloster zu marschieren und den König als Geisel zu nehmen. Das wäre ihnen nie gelungen – sie konnten ja nicht einmal anständig nebeneinanderstehen, ohne sich gegenseitig anzurempeln.
Als Richard sie sah, verlangsamte er den Schritt seines Pferdes keine Sekunde. Er brüllte nur: »Für Gott und die Heilige Jungfrau!«, dann stürmte er schnurstracks den Hügel empor in die Masse der Sizilianer hinein. Er wirbelte sein Schwert fast wie ein Berserker, hieb und stach um sich, mähte Männer nieder und schob sich Schritt um Schritt weiter in dieses riesige Meer verwirrter Menschen hinein. Und wir alle drängten ihm nach, dreißig stahlgerüstete Ritter in vollem Galopp als schmaler Keil mit Richard an der Spitze. Es war, als fahre eine Axt in einen verfaulten Kohlkopf.
Gott vergebe mir, aber ich genoss diesen Kampf. Ghost sprang in die Reihen der Gegner, warf zwei allein durch seinen Schwung um, ich jagte dem dritten die Schwertspitze in die Kehle und folgte meinem kampfvernarrten König ins Gewühl. Zu meiner Linken schwang Little John seine riesige, zweischneidige Axt mit grausigem Geschick und mähte mit kurzen, wohlkontrollierten Schlägen die Gegner nieder. Ich hatte die Zügel um den Sattelknauf gewickelt, und mit dem Schwert in der einen und dem Streitkolben in der anderen Hand teilte ich nach links und rechts aus, schlitzte
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