Der Kreuzritter - Das Erbe - Guillou, J: Kreuzritter - Das Erbe - Arvet efter Arn
legte das Schiff des dänischen Königs ab und glitt den Fluss hinunter. Rikissa schaute beunruhigt ihren davonsegelnden Landsleuten hinterher. Cecilia Rosa nahm sie in die Arme, um sie zu trösten, und gab Ingrid Ylva zugleich ein Zeichen, die weiße Stute heranzuführen.
Jungfer Rikissa zögerte und sah die vier Witwen, denen sie jetzt ausgeliefert war, flehentlich an.
»Das hier ist besser als Kutscher und Wagen«, sagte Cecilia Blanka. »Seht, welch ein friedliches Ross wir Euch mitgebracht haben, Jungfer Rikissa.«
»Aber ich bin die Schwester eines Königs. Ich reise immer mit Pferd und Wagen«, erwiderte Rikissa und betrachtete die weiße Stute misstrauisch. »Wie soll ich so weit wie ein Mann reiten?«
»Nicht wie ein Mann«, Cecilia Blanka kicherte freundschaftlich, »sondern wie eine von uns. Denn mit Verlaub, meine Hochwohlgeborene, ich bin Königin und reite ebenfalls. Mich begleiten meine liebsten Freundinnen, die auch Eure Freundinnen werden sollen. Wir reiten alle. So ist die Sitte in dem Land, in dem Ihr jetzt Königin werden sollt. Haltet Euch nur an uns, dann wird alles gutgehen.«
Als Rikissa begriff, dass ihr keine andere Wahl blieb, verschwand ihre Unruhe - vielleicht war es aber auch Hochmut gewesen -, und sie begann zu lachen. Auf ein Zeichen von Cecilia Rosa eilte sofort der junge Ritter
Emund herbei und half Rikissa aufs Pferd. Ingrid Ylva hielt die Zügel, Cecilia Rosa passte die Länge der Steigbügel und Zügel an.
Nach anfänglichem Schwanken ging der Ritt bald besser. Die Tagesetappen waren recht kurz und das Terrain eben. Das Wetter war immer noch gut.
Als Jungfer Rikissa am dritten Reisetag das Ufer des Vättern erreichte, von dem aus das Schiff des Königs das letzte kurze Stück nach Näs übersetzen sollte, war sie guter Laune und scherzte freimütig über ihr schmerzendes Hinterteil. Sie hatten jedoch während der Reise über weitaus mehr als ihre Reitgewohnheiten gesprochen, und Rikissa konnte sich gewiss sein, vier gute Freundinnen gefunden zu haben, denen sie alles anvertrauen konnte und die stets zu ihr stehen würden.
Angesichts der Fahrt über den Vättern mit den finsteren norwegischen Seeleuten erblasste sie jedoch von neuem. All ihre Ängste, die sie mit Hilfe der freundlichen und munteren Witwen verscheucht hatte, kehrten jetzt - anfangs so unmerklich wie das erste dünne Eis im Herbst - zurück. Denn sie hatten nicht nur miteinander gescherzt, sondern auch ernste Gespräche über das Leben junger Frauen im Kloster geführt, das sie alle durchgestanden hatten.
Bald würde sie dem Krieger und König gegenüberstehen, dem man sie als Preis für einen Frieden ausgeliefert hatte, den ihr Bruder nur deswegen benötigte, weil er anderweitig Krieg führte.
Ein Mann und König, dachte sie, der zweimal das Heer Valdemar des Siegers geschlagen hatte, war vermutlich kein besonders erbaulicher Anblick. Wie ein kalter Wind fuhren ihr erneut düstere Gedanken durch den Kopf. Sie zog ihren Umhang enger um sich zusammen und kauerte sich
auf die Planken am Bug des Schiffes, wo ihr die Norweger einen Platz angewiesen hatten.
Als man sie ohne Vorwarnung aus dem Kloster holte, hatte sie tatsächlich gehofft, dass man sie verheiraten würde, allerdings nicht mit einem ausländischen König. Ihre Schwester hatte man in das Frankenreich geschickt. Sie besaß einen guten Freund aus der mächtigen Familie der Hvide. Bis sie vor dem Kanzler ihres Bruders stand, hatte sie sich eingebildet, dass es um ihn ginge. Umso größer war ihre Verzweiflung gewesen, und in den dunkelsten Stunden hatte sie sogar die schlimmste aller Sünden erwogen: Hand an sich zu legen. Ein Krieger im kalten Norden war fast so schlimm wie der Tod. Rasch wie ein kleiner Vogel mit schwirrenden Flügeln streifte sie der Gedanke, sich einfach über die Reling des Schiffes in das kalte Wasser zu werfen. Aber sie sah sofort ein, dass die Norweger an Bord des Schiffes sicher mit ihrem eigenen Leben für ihres hafteten und sie vermutlich umgehend aus dem Wasser fischen würden.
Sie zwang sich zu aufmunternden Gedanken an die fröhlichen Witwen, mit denen sie mehrere Tage lang geritten war und sich klug unterhalten hatte, und zog ihren Umhang noch enger um sich.
Am Ufer unterhalb von Näs wartete König Erik in seinem Krönungsumhang und mit der Krone auf dem Kopf. Auf dem Vättern herrschte recht unruhige See, und man hatte das Schiff vom Burgturm aus schon von weitem sehen können.
König Erik hatte sich bereits am
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