Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
Land verlieren sollten, so wählte dieser bis zur endgültigen Niederlage gegen Saladin einen so langen und verschlungenen Weg, dass es auf den einzelnen Etappen fast unmöglich war, seinen Willen zu erkennen.
Der erste große Schritt auf dem Weg zur Katastrophe war die Niederlage der Christen gegen Saladin bei Marj Ajun im Jahre des Heils 1179.
Wie Graf Raimund III. von Tripolis am Anfang ihrer Freundschaft zu Arn gesagt hatte, ließ sich die Niederlage bei Marj Ajun natürlich als eine von vielen Schlachten sehen, die seit fast hundert Jahren stattfanden. Niemand konnte damit rechnen, jedes Mal zu siegen, dafür war man zu sehr vom Glück, vom Wetter, vom Nachschub, der hin und wieder ausblieb, und von mehr oder minder törichten Beschlüssen abhängig. Manche hielten allen Ernstes Gottes unerforschlichen Willen für den entscheidenden Faktor. Wie man sein Kriegsglück auch zu erklären suchte und welchen Gott man nun anbetete, manchmal wurde gesiegt und manchmal nicht.
Unter den Rittern aus der Armee von König Balduin IV., die bei Marj Ajun gefangen genommen worden waren, befand sich einer der einflussreichsten weltlichen Burggrafen in Outremer, Balduin d’Ibelin. Wenn dieser Mann der Gefangenschaft entgangen wäre, dann wäre die
Geschichte der christlichen Herrschaft in Outremer anders verlaufen. Sicher wären die Christen noch einige Jahrhunderte im Land geblieben und hätten vielleicht sogar dem Ansturm der Mongolen standgehalten und das Land tausend Jahre oder in alle Ewigkeit beherrscht.
Das konnte sich jedoch niemand nach der keinesfalls entscheidenden Niederlage bei Marj Ajun vorstellen. Wenn jemand wie Balduin d’Ibelin in Gefangenschaft geriet, war das ärgerlich und teuer, aber keinesfalls lebensbedrohlich.
Saladin kam es mehr als allen anderen Kriegern seiner Zeit darauf an, Erkenntnisse über seine Feinde zu gewinnen. Überall in Outremer verfügte er über Spione, nichts, was die Herrschaft von Antiochia, Tripolis oder Jerusalem betraf, entging ihm.
Deshalb ließ er sich die Freilassung von Balduin d’Ibelin teuer bezahlen. Er verlangte die astronomische Summe von hundertfünfzigtausend Goldbesanten, das höchste Lösegeld, das jemals in dem bald hundertjährigen Krieg verlangt worden war.
Saladin wusste, und das bestimmte auch den Preis, dass Balduin d’Ibelin vermutlich der nächste König von Jerusalem werden würde. Die Tage des aussätzigen Königs Balduin IV. waren gezählt, und diesem war es schon nicht gelungen, die Thronfolge zu regeln, als er seine Schwester Sibylla mit William Longsword verheiratet hatte. Dieser war bald gestorben, vermutlich an einer dieser schändlichen Krankheiten, die am Hof von Jerusalem wüteten und beschönigend als Schwindsucht bezeichnet wurden.
Nach William Longswords Tod hatte Sibylla einen Sohn zur Welt gebracht, den sie nach ihrem königlichen Bruder auf den Namen Balduin getauft hatte. Als sie sich in Balduin d’Ibelin verliebte, hatte der König gegen diesen
Bund nichts einzuwenden. Die Familie Ibelin gehörte zu den angesehensten Grundbesitzern in Outremer, und da die Burggrafen der Umgebung den Hof von Jerusalem mit seinem ausschweifenden Leben und seinen Glückssuchern voller Misstrauen betrachteten, würde eine Heirat von Sibylla und Balduin d’Ibelin die Stellung des Hofes nur stärken und die Gegensätze im Heiligen Land mindern.
Zum großen Unglück für Balduin d’Ibelin war Saladin über all das bestens unterrichtet. Und da er in Anspruch nehmen konnte, praktisch einen König in Gefangenschaft zu haben, begehrte er ein königliches Lösegeld.
Hundertfünfzigtausend Goldbesante waren jedoch mehr, als die gesamte Familie Ibelin aufbringen konnte. Eine solche Anleihe konnte nur bei den Templern aufgenommen werden. Aber diese waren kühl rechnende Geschäftsleute und sahen keine Möglichkeit, davon zu profitieren, wenn sie diese gewaltige Summe ausgaben.
In diesem Teil der Welt gab es wahrscheinlich nur einen, der ein solch riesiges Vermögen auf den Tisch legen konnte, und das war Kaiser Manuel von Konstantinopel.
Balduin d’Ibelin begehrte von Saladin seine Freiheit zurück, indem er bei seiner Ehre beschwor, sich die Summe entweder zusammenzuleihen oder aber in die Gefangenschaft zurückzukehren. Saladin, der keinen Grund hatte, am Wort eines geachteten Ritters zu zweifeln, ging auf diesen Vorschlag ein, und Balduin d’Ibelin reiste nach Konstantinopel, um den byzantinischen Kaiser dazu zu überreden, ihm das Geld zu
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