Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
mächtige Templerorden erhielt mit Arnoldo do Torroja einen Führer, der mehr auf Konsens und Verhandlungen aus war als sein Vorgänger, einen Mann, der mehr dem Grafen Raimund von Tripolis glich.
Für Arn de Gothia, den Burggrafen von Gaza, hatte die Ernennung Arnoldo do Torrojas zum Großmeister unmittelbare Konsequenzen. Arn wurde nach Jerusalem gerufen, um unverzüglich das Amt des Meisters von Jerusalem anzutreten.
Für die beiden Zisterziensermönche Pater Louis und Frater Pietro, die um diese Zeit als Abgesandte des Heiligen Vaters in Rom in den Mittelpunkt der Welt kamen, war die Begegnung mit Jerusalem eine Mischung aus größten Enttäuschungen und angenehmen Überraschungen. Fast nichts war so, wie sie es erwartet hatten.
Wie alle neu eingetroffenen Franken, weltliche und geistliche, hatten sie sich die Stadt der Städte als einen friedlichen Ort mit Straßen aus Gold und weißem Marmor vorgestellt. Sie trafen jedoch auf ein unbeschreibliches Durcheinander, unverständliche Sprachen und enge, von Unrat bedeckte Straßen. Wie alle Zisterzienser stellten sie sich die Angehörigen ihrer militärischen Schwesterorganisation, des Templerordens, als ungebildete Barbaren vor, die kaum das Vaterunser auf Latein konnten. Der erste Templer, dem sie begegneten, war jedoch der Meister von Jerusalem, der sie wie selbstverständlich auf Lateinisch ansprach und mit dem sich fast sofort, während sie auf den Großmeister warteten, eine interessante Diskussion über Aristoteles entspann.
Die Gemächer des Meisters von Jerusalem erinnerten in vielerlei Hinsicht an ein Zisterzienserkloster. Von der weltlichen und manchmal sogar gottlosen Pracht, die den Stadtteil der Templer teilweise auszeichnete, war hier nichts zu sehen. Stattdessen befanden sie sich in einem Bogengang mit Aussicht über die Stadt, dessen weiße Wände frei von sündigen Bildern waren. Ihr Wirt setzte ihnen ein wohlschmeckendes Mahl vor, in dem sich weder Fleisch von Vierfüßern noch etwas anderes befand, was die Zisterzienser nicht essen durften.
Pater Louis war ein scharfsichtiger Mann, der schon in sehr jungen Jahren von den besten Lehrern der Zisterzienser in Cîteaux unterrichtet worden war. Seit vielen Jahren war er nun Abgesandter des Ordens beim Heiligen Vater. Es wunderte ihn deswegen besonders, dass er bisher so wenig über diesen sogenannten Meister von Jerusalem erfahren hatte. Dieser Titel kam Pater Louis vollkommen vermessen und grotesk vor und schien kaum zu dem zu passen, was er sah. Man hatte ihm erzählt, Arn de
Gothia sei ein berühmter Krieger, der Sieger vom Mont Gisard. Deswegen hatte Pater Louis eher mit jemandem gerechnet, der dem römischen Heerführer Belisarius glich, in jedem Fall aber mit einem Soldaten, der über nichts anderes als den Krieg sprechen konnte. Wären nicht die weißen Narben im Gesicht und auf den Händen dieses Arn de Gothia gewesen, hätte Pater Louis aus dem milden Blick und dem versöhnlichen Ton geschlossen, einen Bruder aus Cîteaux vor sich zu haben. Er stellte einige Fragen in dieser Richtung, und die Zusammenhänge wurden ihm klarer, als er erfuhr, dass dieser Tempelritter in einem Kloster erzogen worden war. In Arn de Gothia meinte Pater Louis den Traum des heiligen Bernhard verwirklicht zu sehen, den Traum von einem Krieger im Heiligen Krieg, der gleichzeitig Mönch war.
Es entging ihm auch nicht, dass sein Gastgeber nur Brot aß und Wasser trank, obwohl für die Gäste auch andere Getränke auf dem Tisch standen. Der hohe Templer tat also Buße. Aber so gerne Pater Louis auch mehr über diese Sache erfahren hätte, war ein erstes Treffen kaum die richtige Gelegenheit für solche Fragen. Er war der Abgesandte des Heiligen Vaters und hatte eine Bulle dabei, die vermutlich auf wenig Begeisterung stoßen würde. Außerdem waren die Templer für ihren Hochmut bekannt. Ihr Großmeister, den sie jetzt bald treffen würden, fand vermutlich, dass er im Rang direkt unter dem Heiligen Vater stehe, und der Meister von Jerusalem war wahrscheinlich kaum geringer als ein Erzbischof. Es war zu befürchten, dass diese Männer einen schlichten Abbé nicht unbedingt für eine höhere Macht hielten. Es war auch nicht zu erwarten, dass sie verstanden, welche Stellung ein Abbé einnahm, der direkt unter dem Heiligen Vater arbeitete und sein Ratgeber und Abgesandter war.
Als sich der Großmeister endlich einfand, war die Tafel bereits abgeräumt, und die drei hatten eine angenehme Unterhaltung über die
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