Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
Großmeister Odo de Saint Amand, der selig im Paradiese weilt, hatte in diesen Fragen eine andere Meinung als wir beide«, antwortete Arnoldo do Torroja.
»Aber hättet Ihr als ranghohe Brüder Euren Großmeister für diese Schändlichkeit nicht kritisieren können, wenn Ihr so dagegen wart?«, fragte Pater Louis verblüfft.
Die beiden lächelten ihn versonnen an, aber er erhielt keine Antwort.
Arn rief einen Ritter herbei und wies ihn an, Pater Louis und Frater Pietro, der sich während der Unterhaltung kein einziges Mal geäußert hatte, zu ihrem Quartier
zu führen. Er entschuldigte sich, dass er aufbrechen müsse, aber der König wolle sowohl den Großmeister als auch den Meister von Jerusalem sehen. Er versicherte, am folgenden Tag ein besserer Gastgeber zu sein. Damit erhob sich der Großmeister und segnete zu Pater Louis’ Erstaunen und Verdruss seine beiden geistlichen Gäste.
Die beiden Zisterzienser wurden zu ihrem Quartier geführt. Dabei geschah erst noch ein Versehen, als man ihnen zunächst Zimmer mit sarazenischen Kacheln und Springbrunnen zuwies, die für weltliche Gäste bestimmt waren, bevor sie schließlich zu zwei weiß gekalkten Zellen geführt wurden, wie sie sie normalerweise bewohnten.
Arnoldo do Torroja und Arn eilten zusammen zu den Schlafräumen des Königs. Auf dem Weg hatten sie kaum Zeit, ein paar Worte über die päpstliche Bulle zu wechseln, aber in dieser Frage waren sie sich ohnehin einig. Sie würden Einnahmen verlieren, aber gleichzeitig war es angenehm, diesen zweifelhaften Geschäften nicht mehr nachgehen zu müssen. Dass sie allen, die mit der neuen Regelung möglicherweise unzufrieden waren, die päpstliche Anordnung unter die Nase halten konnten, war nur hilfreich.
Die privaten Gemächer des Königs waren klein und dunkel, da er sich weder sonderlich viel bewegen noch etwas sehen konnte. Er erwartete sie auf seinem mit Vorhängen verkleideten Thron. Hinter dem blauen Musselin war er nur als Schatten zu erkennen. Man erzählte sich flüsternd, er habe inzwischen seine beiden Hände verloren.
Im Zimmer befand sich nur ein einziger Krankenpfleger, ein großer, taubstummer Nubier, der auf ein paar Kissen an einer der Wände saß. Er hielt den Blick ständig auf seinen Herrn gerichtet, um bei dem geringsten Signal, das nur er verstand, sofort eingreifen zu können.
Arnoldo do Torroja und Arn traten nebeneinander ein, verbeugten sich wortlos vor dem König und setzten sich dann auf zwei ägyptische Lederkissen vor den ungewöhnlichen Thron. Der König sprach mit heller Stimme zu ihnen, denn er war kaum über zwanzig.
»Es freut mich, dass die beiden Höchsten des Templerordens meiner Einladung gefolgt sind«, begann er, dann musste er husten und machte ein Zeichen, das seine Gäste nicht verstanden. Der nubische Sklave eilte auf ihn zu und verrichtete etwas hinter dem Vorhang, was sie ebenfalls nicht begriffen. Sie warteten schweigend.
»Obwohl ich von meinem Tod noch weiter entfernt bin, als manche glauben oder hoffen«, fuhr der König fort, »mangelt es mir wahrhaftig nicht an Beschwerden. Ihr Templer seid das Rückgrat der Verteidigung des Heiligen Landes. Deswegen möchte ich mit Euch zwei Dinge besprechen, ohne dass andere zugegen sind. Ich möchte gerne ohne Umschweife sprechen. Passt Euch das, Templer?«
»Aber natürlich, Sire«, entgegnete Arnoldo do Torroja.
»Gut«, sagte der König. Er bekam einen neuerlichen Hustenanfall, aber gab seinem Pfleger kein Zeichen, sondern fuhr bald fort: »Die erste Frage betrifft den neuen Patriarchen von Jerusalem, die zweite die militärische Lage. Ich würde die Sache mit dem Patriarchen gern als Erstes besprechen. Bald wird ein Nachfolger für den jetzigen Patriarchen Amalrik de Nesle bestimmt werden, der im Sterben liegt. Das ist eigentlich eine Angelegenheit, die die Kirche betrifft, aber wenn ich meine Mutter Agnes richtig verstanden habe, so hat sie darüber zu entscheiden oder in jedem Fall ich. Es gibt zwei Kandidaten: Heraclius, den Erzbischof von Cäsarea, und Wilhelm, den Erzbischof von Tyrus. Wir wollen das Für und Wider
abwägen. Wilhelm, habe ich gehört, ist ein Feind der Templer, aber ein rechtschaffener Kirchenmann. Heraclius ist, um ohne Zeugen ganz aufrichtig zu sein, ein Schelm, wie sie in unserem Land nicht selten sind. Ein entsprungener Chorknabe oder so ähnlich und für seinen sündigen Lebenswandel bekannt. Außerdem ist er der Liebhaber meiner Mutter, allerdings nur einer von vielen. Er gilt
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