Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
besser. Die ständigen Suppen zum Abendessen waren nicht mehr so eintönig, da es inzwischen neue und wohlschmeckende Kräuter gab. Die Klosterregeln verboten zwar fremdländische Gewürze, aber was in Gudhem wuchs, konnte unmöglich als fremdländisch betrachtet werden.
So kam es, dass auch Cecilia Rosa und Ulvhilde begannen, sich innerhalb und außerhalb der Mauern zu bewegen. Sie konnten in die Gärten gehen und sich dort um die Obstbäume oder Rabatten kümmern, ohne jemanden fragen zu müssen. Auch diese Veränderung war langsam gekommen und schien von niemandem wahrgenommen zu werden. Noch vor einigen Jahren hätte nur der geringste Versuch eines solchen Ausflugs mit einer schweren Strafe geendet.
Als sich der Sommer seinem Ende zuneigte, die Äpfel ihre erste Süße bekamen, der Mond sich am Abend rot färbte und die schwarze Erde feucht und schwer duftete, streifte Cecilia Rosa eines Abends durch die Gärten. Für vernünftige Arbeit war es bereits zu dunkel, und sie ging allein spazieren, um den Mond zu betrachten und die starken Düfte des Abends zu genießen. Sie rechnete nicht damit, jemandem zu begegnen, und daher entdeckte sie die schreckliche Sünde erst, als sie ihr ganz nahe war.
Zwischen einigen üppigen Beerensträuchern, die bereits abgeerntet waren, lag Bruder Lucien mit Schwester Leonore. Sie ritt ihn voller Wollust und ohne die mindeste Scham, als seien sie Mann und Frau im Leben außerhalb der Klostermauern.
Wie versteinert oder verzaubert blieb Cecilia Rosa stehen. Sie konnte sich nicht dazu überwinden, zu schreien, wegzulaufen oder auch nur die Augen zu schließen.
Bald hatte sie ihren Schrecken über die fürchterliche Sünde überwunden. Stattdessen überkam sie ein zärtliches Gefühl, als würde sie selbst daran teilhaben. Im nächsten Augenblick dachte sie nicht mehr an Sünde, sondern an ihre eigene Sehnsucht. Auch sie und Arn hätten so vereint sein können, wobei sie es auf diese besonders sündige Art noch nie versucht hatten.
Die Dämmerung senkte sich herab, und die halb erstickten lustvollen Laute von Bruder Lucien und Schwester Leonore verstummten. Sie legte sich neben ihn, und die beiden umarmten und liebkosten sich. Cecilia Rosa sah, dass Schwester Leonore ihre Kleider in einer solchen Unordnung hatte, dass ihre Brüste hervorschauten. Sie ließ Bruder Lucien mit ihnen spielen, während er auf dem Rücken lag und langsam wieder zu Atem kam.
Cecilia Rosa brachte es nicht übers Herz, zu verurteilen, was sie gesehen hatte, denn es war der Liebe ähnlicher als der widerlichen Sünde, die überall beschrieben wurde. Als sie sich möglichst lautlos davonschlich, dachte sie darüber nach, ob sie jetzt wohl an dieser Sünde teilhatte, da sie sie nicht verurteilte. In dieser Nacht betete sie lange zu der Heiligen Jungfrau, die, soweit Cecilia Rosa wusste, Liebenden mehr helfen konnte als alle anderen. Sie betete hauptsächlich um Schutz für ihren geliebten Arn, aber auch um die Vergebung der Sünden von Schwester Leonore und Bruder Lucien.
Den ganzen Herbst behielt Cecilia Rosa dieses Geheimnis für sich und verriet es nicht einmal Ulvhilde Emundsdotter. Als der Winter kam, hatte die Gartenarbeit
ein Ende, und Bruder Lucien würde erst wieder im Frühling in Gudhem zu tun haben.
Im Winter arbeitete Schwester Leonore meist zusammen mit Cecilia Rosa und Ulvhilde im Vestiarium. Oft betrachtete Cecilia Rosa Schwester Leonore aus den Augenwinkeln. Sie sah eine Frau vor sich, deren Licht so stark war, dass es nicht einmal durch Mutter Rikissas schwarzen Schatten abgeschwächt werden konnte. Bei der Arbeit lächelte Schwester Leonore und summte Kirchenlieder vor sich hin, und es war, als hätte ihre Sünde nicht nur ihr Gemüt erhellt, sondern sie selbst auch schöner gemacht, denn ihre Augen strahlten fast immer.
Eines Abends am Anfang der langen Fastenzeit waren Cecilia Rosa und Schwester Leonore im Vestiarium allein. Anders als sonst war die Arbeit in dieser Zeit freiwillig: Nur wer wollte, arbeitete bis spätabends. Die beiden waren gerade damit beschäftigt, rotes Tuch zu färben. Da konnte Cecilia Rosa nicht länger an sich halten.
»Erschrick nicht, Schwester, bei dem, was ich dir jetzt sage«, begann Cecilia Rosa, ohne richtig zu begreifen, woher ihre Worte kamen. »Ich weiß von deinem und Bruder Luciens Geheimnis, da ich euch einmal im Garten gesehen habe. Ich denke, wenn ich es gesehen habe, könnte früher oder später auch jemand anders euer Geheimnis entdecken.
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