Der Kreuzritter - Verbannung - Tempelriddaren
zusammen mit den anderen in einen von Gazas Getreidespeichern sperren: Saladins jüngerer Bruder Fahkr und den Emir Moussa. Diese beiden ließ Arn in seinen eigenen Gemächern einquartieren,
und mit ihnen aß er zu Abend, anstatt mit seinen Rittern unten im Refektorium am Burghof. Er wusste, dass dieses Verhalten bei seinen Brüdern auf Erstaunen stieß, aber er konnte ihnen schlecht erklären, wie wichtig Fahkr war.
Was die Behandlung von Gefangenen betraf, verfuhren in ganz Outremer und in allen umliegenden Ländern alle gleich, ob sie nun Anhänger des Propheten oder aber Christen waren. Wichtige Gefangene wie Fahkr oder der Emir Moussa wurden ausgetauscht oder gegen Lösegeld freigelassen. Diejenigen, die nicht ausgetauscht werden konnten, wurden geköpft.
Die Gefangenen in Gaza waren mit wenigen Ausnahmen Mamelucken. Das Einfachste wäre gewesen, herauszufinden, welche von ihnen bereits unter Saladin die Freiheit gewonnen hatten und mit Land belohnt worden waren und welche von ihnen noch Sklaven waren und somit am Anfang der langen Wanderung standen, die entweder mit dem Tod oder im besten Fall mit der Herrschaft über eine Provinz in einem von Saladins vielen Ländern enden würde.
Üblicherweise hätte man den Sklaven unter ihnen umgehend die Köpfe abgeschlagen. Sie waren als Gefangene ebenso wertlos wie die Templer, da man für sie kein Lösegeld bekommen konnte. Außerdem galt es als ungesund, zu viele Gefangene zusammenzupferchen, da unter ihnen leicht Krankheiten ausbrachen. Sie zu töten wäre am gesündesten und außerdem wirtschaftlich klug gewesen.
Prinz Fahkr ibn Aijub al Fahdi, wie sein vollständiger Name lautete, hätte schon allein ein höheres Lösegeld eingebracht, als je für einen Sarazenen gezahlt worden war, da es sich bei ihm um Saladins Bruder handelte. Auch
für Emir Moussa wäre sicher ein guter Preis zu erzielen gewesen.
Daher waren Fahkr und Moussa erstaunt, dass Arn einen ganz anderen Vorschlag hatte. Dieser lief darauf hinaus, dass Saladin alle Gefangenen zum selben Preis auslösen sollte: für fünfhundert Besante in Gold. Fahkr wandte ein, dass die meisten Gefangenen nicht einmal einen einzigen Goldbesant wert waren, daher sei ein solcher Vorschlag eine Beleidigung. Daraufhin erklärte Arn noch einmal, dass er in der Tat fünfhundert Besante für jeden Gefangenen gemeint habe, also auch für Fahkr und Moussa selbst.
Die beiden waren sprachlos. Sie wussten nicht, ob sie gekränkt sein sollten, weil Al Ghouti, der zwar ein Ungläubiger war, bei ihnen jedoch in höchstem Ansehen stand, auf ihre Köpfe denselben Preis gesetzt hatte wie auf den der Sklaven. Vielleicht war der Vorschlag auch so zu verstehen, dass er Saladin nicht zumuten wollte, für seinen eigenen Bruder einen unsinnig hohen Preis zu zahlen. Sie dachten keine Sekunde daran, dass sich ein Templer möglicherweise nicht auf Geschäfte verstand.
Diese Frage besprachen sie täglich bei der gemeinsamen Mahlzeit, bei der Arn immer nur reine Speisen auftragen und kaltes Wasser als einziges Getränk ausschenken ließ. Wieder allein in Arns Gemächern konnten sie den heiligen Koran lesen.
Auch wenn Arn seine beiden Gefangenen mit so großem Respekt behandelte wie Gäste, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass sie gefangen waren und nichts anderes. Deswegen waren Fahkr und der Emir Moussa bei den Unterhaltungen der ersten Tage natürlich sehr vorsichtig.
Arn wunderte sich über ihren Unwillen, Dinge geradeheraus zu sagen oder eine gegenteilige Meinung zu äußern. Als sie das vierte Mal miteinander zu Tisch saßen, schien ihm der Geduldsfaden zu reißen.
»Ich verstehe euch nicht«, sagte er mit einer Geste der Resignation. »Mein Glaube sagt mir, dass ich gegen die Besiegten Milde walten lassen soll. Darüber könnte ich lange sprechen, aber ich will euch nicht zwingen, euch etwas über einen Glauben anzuhören, der nicht der eure ist, zumindest nicht, solange ihr unfrei seid. Aber euer eigener Glaube sagt doch dasselbe. Denkt an die Worte eures Propheten, der Friede sei mit ihm: ›Wenn ihr gegen die Ungläubigen kämpft, dann lasst die Schwerter auf ihre Köpfe fallen, bis ihr sie in die Knie gezwungen habt; nehmt anschließend die Überlebenden gefangen. Dann kommt die Zeit, sie freizulassen, ohne Gegenleistung oder gegen Lösegeld, damit die Last des Krieges leichter werde. Das sollt ihr beachten.‹ Und? Wenn ich jetzt sage, dass es in meinem Glauben genauso ist?«
»Eure Großzügigkeit verstehen wir nicht«,
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