Der Krieg am Ende der Welt
César und dem Siebten Regiment einen großen Empfang bereiten. Wir, nicht die Republikanische Partei.«
»Der Wechsel ist zu brüsk«, sagte Adalberto de Gumucio, und der Baron sah mehrere Köpfe hinter ihm nicken.
»Im Parlament, in den Zeitungen ist unser Vorgehen immer darauf hinausgelaufen, ein Eingreifen des Bundes zu verhindern«, sagte der Abgeordnete Rocha Seabrá.
»Um die Interessen Bahias zu verteidigen, müssen wir an der Macht bleiben, und um weiter an der Macht zu bleiben, müssen wir unsere Politik ändern, wenigstens für den Moment«, erwiderte der Baron sanft. Und als wären die Einwände der anderen bedeutungslos, gab er weitere Direktiven: »Wir Fazendeiros müssen mit dem Oberst zusammenarbeiten. Dem Regiment Unterkunft geben, Führer beschaffen, Proviant zur Verfügung stellen. Wir sind es, die gemeinsam mit Moreira César den von Königin Victoria finanzierten monarchistischen Verschwörern den Garaus machen werden.« Er täuschte ein Lächeln vor, während er sich erneut mit dem Taschentuch über die Stirn wischte. »Es ist ein lächerlicher Mummenschanz, aber wir haben keine andere Wahl. Und wenn der Oberst mit den armen Cangaceiros und heiligen Männern von Canudos aufgeräumt hat, werden wir die Niederlage des britischen Königreichs und der Braganza mit großen Festen feiern.«
Niemand lobte ihn für seinen Einfall, keiner lächelte. Alle schwiegen betreten. Doch begriff der Baron, der sie beobachtete, daß einige, wenngleich widerwillig, bereits zugaben, daß ihnen wohl nichts anderes übrigblieb.
»Ich werde nach Calumbí fahren«, sagte der Baron. »Ich hatte das jetzt nicht vor. Aber es muß sein. Ich selbst werde dem Siebten Regiment zur Verfügung stellen, was es braucht. Alle Fazendeiros dieser Gegend sollten das gleiche tun. Moreira César soll sehen, wem dieses Land gehört, wer hier das Sagen hat.«
Die Atmosphäre war gespannt, alle wollten Fragen stellen undbeantworten. Doch der Baron dachte, daß eine Diskussion jetzt nicht angebracht sei. Wenn sie gegessen und getrunken hatten, im Verlauf des Abends oder der Nacht, würden ihre Zweifel und Bedenken leichter zu zerstreuen sein.
»Gehen wir mit den Damen essen«, schlug er ihnen vor und stand auf. »Danach reden wir. Nicht alles im Leben muß Politik sein. Man muß auch für die angenehmen Dinge Platz lassen.«
II
Queimadas, in ein Feldlager verwandelt, ist ein aufgeregtes Gewimmel unter einem böigen Wind, der es mit Staub bedeckt: Befehle sind zu hören, und zwischen säbelbewehrten, schreienden und gestikulierenden Reitern bilden sich hastig Formationen. Plötzlich zerreißen Trompetensignale den Morgen, und Neugierige rennen ans Ufer des Itapicurú und schauen hinaus auf den dürren Buschwald, der sich in Richtung Monte Santo am Horizont verliert: die ersten Einheiten des Siebten Regiments rücken aus, der Wind verweht die von den Soldaten aus vollem Halse gesungenen Hymnen.
Im Bahnhofssaal studiert Oberst Moreira César seit dem frühen Morgen topographische Landkarten, erteilt Instruktionen und nimmt die Dienstmeldungen der einzelnen Bataillone entgegen. Die schlaftrunkenen Korrespondenten machen vor dem Bahnhof ihre Maultiere, ihre Pferde und den Gepäckwagen fertig, ausgenommen der mickrige Journalist des Jornal de Notícias , der sich, sein Schreibbrett unter dem Arm und das Tintenfaß am Ärmel hängend, im Bahnhofssaal herumdrückt, in der Absicht, den Oberst anzusprechen. Obwohl es so früh ist, sind die sechs Mitglieder des Gemeinderats hier, um den Chef des Siebten Regiments zu verabschieden. Wartend sitzen sie auf einer Bank, und der Schwarm der Offiziere und Adjutanten, die kommen und gehen, beachten sie so wenig wie die Plakate der Progressiven Republikanischen Partei und der Autonomistischen Partei von Bahia, die immer noch von der Decke hängen. Doch sie langweilen sich nicht. Sie beobachten den Vogelscheuchen-Journalisten, der es in einem ruhigen Moment endlich schafft, Moreira César anzusprechen:
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Oberst?« syllabiert die näselnde Stimme.
»Die Pressekonferenz war gestern«, antwortet der Offizier, ihn musternd, als wäre er ein Wesen von einem anderen Stern. Doch das ausgefallene Äußere oder die Kühnheit des Menschen erweichen ihn: »Stellen Sie sie. Worum geht es?«
»Um die Gefangenen«, säuseln die zwei schielend auf ihn gerichteten Augen. »Mir ist aufgefallen, daß Sie Diebe undMörder ins Regiment einstellen. Gestern war ich mit den zwei
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