Der Krieg am Ende der Welt
Personen, die sich kaum kennen.
»Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind«, sagte der Baron und bat ihn, Platz zu nehmen. »Vielleicht wäre es besser gewesen, wir hätten uns an einem neutralen Ort getroffen, aber da meine Frau leidend ist und ich nicht ausgehen möchte, habe ich mir erlaubt, Ihnen mein Haus vorzuschlagen.«
»Hoffentlich erholt sie sich bald«, sagte Epaminondas Gonçalves, die Zigarren ablehnend, die ihm der Baron in einem Etui reichte. »Ganz Bahia hofft, sie bald wieder zu sehen, so gesund und schön wie immer.«
»Körperlich geht es Estela recht gut, ihr Organismus hat sich erholt«, sagte der Baron lebhaft. »Aber ihr Gemüt leidet noch unter dem Eindruck, den der Brand von Calumbí auf sie gemacht hat.«
»Ein Unglück, das uns alle in Bahia betrifft«, murmelte Epaminondas. Sein Blick hob sich, um dem Baron zu folgen, der aufgestanden war und Cognac in zwei Gläser goß. »Ich habe es im Parlament und im Jornal de Notícias gesagt. Die Vernichtung von Privateigentum ist ein Verbrechen, das uns alle, Verbündete und Gegner, gleichermaßen angeht.«
Der Baron nickte. Er reichte Epaminondas ein Glas, und schweigend tranken sie sich zu. Epaminondas stellte sein Glas auf das Tischchen, der Baron behielt seines, die rötliche Flüssigkeit schwenkend und wärmend, in der Hand.
»Ich dachte, es wäre gut, wenn wir miteinander sprächen«, sagte er langsam. »Der Erfolg der Verhandlungen zwischen der Republikanischen Partei und der Autonomistischen Partei hängt davon ab, daß Sie und ich uns einig werden.«
»Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß ich von meinen politischen Freunden nicht ermächtigt worden bin, heute abend zu verhandeln«, unterbrach ihn Epaminondas Gonçalves.»Sie brauchen diese Ermächtigung nicht«, lächelte der Baron ironisch. »Wir wollen hier keine chinesischen Schattenspiele veranstalten, mein lieber Epaminondas. Dazu ist keine Zeit. Die Lage ist außerordentlich ernst, Sie wissen es. In Rio, in São Paulo werden die monarchistischen Zeitungen gestürmt und die Besitzer gelyncht. Die Damen Brasiliens versteigern ihre Juwelen und ihr Haar zugunsten des Heeres, das nach Bahia kommt. Legen wir die Karten auf den Tisch. Wir haben keine andere Wahl, es sei denn, wir wollten Selbstmord begehen.« Wieder trank er einen Schluck Cognac.
»Wenn Sie Aufrichtigkeit wollen: Ich gebe zu, daß ich ohne das, was Moreira César in Canudos passiert ist, nicht hier säße und zwischen unseren Parteien keine Gespräche stattfänden«, pflichtete Epaminondas Gonçalves bei.
»Darin sind wir uns einig«, sagte der Baron. »Auch darin, nehme ich an, was diese Mobilmachung großen Stils, die die Bundesregierung im ganzen Land vornimmt, politisch für Bahia bedeutet.«
»Ich weiß nicht, ob wir das auf die gleiche Art sehen.« Epaminondas nahm sein Glas, trank, schmeckte nach und fügte kalt hinzu: »Für Sie und Ihre Freunde jedenfalls das Ende.«
»Das Ende vor allem für Sie, Epaminondas«, erwiderte der Baron liebenswürdig. »Haben Sie sich das noch nicht klargemacht? Mit dem Tod Moreira Césars haben die Jakobiner einen tödlichen Schlag erhalten. Sie haben die einzige Prestige-Figur verloren, mit der sie gerechnet haben. Ja, mein Freund, die Jagunços haben Präsident Moraes und dem Parlament, dieser Regierung der studierten Leute und Kosmopoliten, die Sie zu Fall bringen wollten, um die Diktatoriale Republik einzuführen, einen großen Dienst erwiesen. Moraes und sein Anhang werden die Krise nutzen, um das Heer und die Verwaltung von Jakobinern zu säubern. Die Jakobiner waren immer nur wenige, und jetzt haben sie ihren Kopf verloren. Auch Sie wird die Säuberung wegfegen. Deshalb habe ich Sie gerufen. Wenn dieses Heer nach Bahia kommt, sitzen wir in der Klemme. Die Bundesregierung wird einen Regierungschef mit militärischen und politischen Vollmachten einsetzen, einen Mann, der das Vertrauen von Moraes genießt, und das Parlament wird alle Macht einbüßen, falls es nicht überhauptals überflüssig geschlossen wird. Jede Form lokaler Macht wird aus Bahia verschwinden, wir werden zu einem bloßen Anhängsel von Rio. Sie mögen ein noch so überzeugter Zentralist sein, so sehr, stelle ich mir vor, sind Sie es doch nicht, daß Sie Ihren Ausschluß aus dem politischen Leben widerstandslos hinnehmen werden.«
»Das ist eine Art, die Dinge zu sehen«, murmelte Epaminondas unbeeindruckt. »Können Sie mir sagen, inwiefern die gemeinsame Front, die Sie mir vorschlagen, dieser
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