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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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verlieren sieht.»Eine Erfahrung, die Ihnen nicht einmal dazu verholfen hat, mit einer Handvoll Räuber fertig zu werden.« Er hat die Stimme nicht erhoben, doch sofort scheint sich der Raum elektrisch aufzuladen und zu erstarren. Während er den Major wie ein Insekt mustert, deutet er mit einem Finger auf Ferreira: »Dieser Offizier hat eine Kompanie befehligt. Aber Sie hatten fünfhundert Mann und haben sich schlagen lassen wie ein Anfänger. Sie haben dem Heer und damit der Republik Schaden zugefügt. Ihre Anwesenheit ist für das Siebte Regiment nutzlos. Sie bleiben in der Nachhut und kümmern sich um die Kranken und das Vieh. Sie können abtreten.«
    Die beiden Offiziere sind fahl. Febrônio de Brito schwitzt aus allen Poren. Er öffnet den Mund, als ob er etwas sagen wollte, grüßt dann aber nur und geht schwankend ab. Der Leutnant, mit plötzlich geröteten Augen, bleibt starr stehen. Moreira César geht an ihm vorüber, ohne ihn anzusehen, und der Schwarm der Offiziere und Ordonnanzen nimmt seine Tätigkeit wieder auf. Auf einem Tisch liegen Landkarten und ein Stapel Papier.
    »Cunha Matos, die Korrespondenten sollen kommen«, befiehlt der Oberst.
    Der Major läßt sie ein. Sie sind mit demselben Zug angekommen wie das Siebte Regiment und von dem langen Gerüttel sichtlich angegriffen. Es sind fünf Männer unterschiedlichen Alters, sie tragen Gamaschen, Mützen und Reithosen, sind bewaffnet mit Bleistiften, Heften und – einer von ihnen – mit einer Kamera samt Balg und Dreifuß. Der Auffälligste ist der junge kurzsichtige Journalist vom Jornal de Notícias . Das dünne Bocksbärtchen, das ihm gewachsen ist, paßt zu seinem zerrupften Äußeren, dem extravaganten Schreibbrett, dem an einem Ärmel befestigten Tintenfaß und dem Gänsekiel, auf dem er herumkaut, während der Fotograf die Kamera aufbaut. Als dieser abdrückt, entschwebt eine kleine Wolke dem Apparat, die das Geschrei der Kinder hinter den Fensterscheiben anschwellen läßt. Oberst Moreira César beantwortet den Gruß der Journalisten mit einer leichten Verneigung.
    »Viele haben sich gewundert, daß ich in Salvador die Notabeln nicht empfangen habe«, sagt er ohne Feierlichkeit oder Emphase zur Begrüßung. »Dahinter verbirgt sich kein Geheimnis, meineHerren. Es ist eine Frage der Zeit. Jede Minute ist kostbar für die Mission, die uns nach Bahia geführt hat. Wir werden diese Mission erfüllen. Das Siebte Regiment wird die Aufständischen von Canudos bestrafen, wie es die Aufständischen in den Festungen Santa Cruz und Laje und die Föderalisten in Santa Catarina bestraft hat. Es wird keine Aufstände gegen die Republik mehr geben.«
    Die Menschentrauben an den Fensterscheiben, die verstummt sind, versuchen angestrengt zu hören, was er sagt; Offiziere und Ordonnanzen lauschen regungslos, und die fünf Journalisten betrachten ihn halb behext, halb ungläubig. Ja, er ist es, da steht er endlich, leibhaftig, wie auf den Karikaturen: klein, schmächtig, vibrierend, mit Äuglein, die Funken sprühen oder den Gesprächspartner durchbohren, und Handbewegungen beim Sprechen, die an Fechtübungen erinnern. Vor zwei Tagen hatten sie wie Hunderte andere neugierige Bahianer auf ihn gewartet, und er hatte alle Erwartungen enttäuscht, da er weder zu den Banketten noch zu dem Ball, noch zu den offiziellen Empfängen und Ehrungen kam, die für ihn veranstaltet worden waren, und abgesehen von einem kurzen Besuch im Militärclub und bei Gouverneur Luiz Viana mit niemandem sprach, sondern seine Zeit darauf verwandte, im Hafen die Ausschiffung seiner Soldaten und den Transport der Ausrüstung und des Maschinenparks zum Bahnhof persönlich zu überwachen und tags darauf den Zug zu besteigen, der sie in den Sertäo brachte. Er war durch Bahia gefegt wie auf der Flucht, wie aus Angst vor Ansteckung, und erst jetzt gab er eine Erklärung für sein Verhalten: die Zeit. Aber die fünf Journalisten, die sich keine seiner Gesten entgehen lassen, denken nicht an das, was er in diesem Moment sagt, sondern an das, was über ihn gesagt und geschrieben worden ist. Sie vergleichen die – verhaßte oder vergötterte – mythische Gestalt mit dem winzigen, strengen Mann, der zu ihnen spricht, als wären sie nicht da. Sie versuchen sich vorzustellen, wie er sich, fast noch ein Kind, als Freiwilliger für den Krieg gegen Paraguay meldete, oder seine ersten Jahre als Offizier in Rio de Janeiro, als er wegen seines militanten Republikanertums beinahe aus dem Heer

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