Der Krieg der Ketzer - 2
gezogen. Hastig blickte er sich in der Kabine um, suchte nach einer Bedrohung, und dann entspannte er sich – ein wenig –, als er nichts dergleichen vorfand.
»Euer Majestät?«, fragte er.
»Sagen Sie Captain Tryvythyn Bescheid«, wies Haarahld ihn an. »Und dann holen Sie mir meine Rüstung.« Lieutenant Rholynd Mahlry wirbelte herum und starrte ungläubig zum Krähennest hinauf.
»Schiffe Steuerbord achteraus!«, schrie der Mann im Ausguck geradezu panisch. »Viele Schiffe Steuerbord achteraus!«
Einen weiteren Herzschlag starrte Mahlry nur nach oben, dann stürmte er über das Achterkastell der Schwarzer Prinz, um selbst in die Windrichtung zu blicken. Einen Moment lang sah er überhaupt nichts – und dann sah er entschieden zu viel.
»Alle Mann klar zum Gefecht!«, schrie er und betrachtete fassungslos die endlose Reihe von Galeonen, die geradewegs auf sein Schiff zuhielt. »Und jemand soll den Captain wecken!« »Geben Sie der Sturmwind Signal!«, sagt Cayleb, den Blick fest auf die feindlichen Schiffe gerichtet; sie kamen rasch näher.
»Jawohl, Euer Hoheit?«, fragte Kohrby, die Kreide schon in der Hand, die Tafel vor sich.
»Feindkolonne luvwärtigst angreifen«, sagte Cayleb.
»›Feindkolonne luvwärtigst angreifen‹, Aye aye, Sir!«, bestätigte Kohrby und drehte sich sofort wieder zu seinen Signalgebern um.
»Captain Manthyr, wir sollten zumindest die beiden nächstgelegenen Kolonnen passieren, wenn wir das irgendwie schaffen.«
»Aye aye, Euer Hoheit.« Kurz blickte der Flag Captain zu den nächstgelegenen Feindgaleeren hinüber, dann schaute er seinen Rudergänger an. »Bringen Sie sie zwei Strich Steuerbord.« Wie eine Heckenechse mit angesengtem Schwanz kam Captain Payt Khattyr die Leiter auf das Achterkastell der Schwarzer Prinz hinaufgeschossen. Er hatte sich nicht die Zeit genommen, seine Rüstung anzulegen, oder sich überhaupt anzuziehen, und nun stand er mit nacktem Oberkörper neben Mahlry.
»Wo …?«, setzte er an, doch dann brach er die Frage auch schon ab, als er die zahllosen Galeonen mit eigenen Augen sah.
»Sie haben in den letzten Minuten den Kurs geändert, Sir«, erklärte Mahlry und deutete auf das vorderste der Schiffe. »Sie steuern noch härter auf den Wind zu.«
»Die wollen uns den Rückweg abschneiden«, murmelte Khattyr. Mahlry wusste nicht, ob diese Bemerkung für ihn gedacht war oder nicht, doch er nickte; er war zum gleichen Schluss gekommen wie sein Captain.
»Geben Sie das Signal: ›Feind in Sicht‹«, wies Khattyr ihn an.
»Das habe ich bereits, Sir«, erwiderte Mahlry, und Khattyr nahm sich tatsächlich die Zeit, ihn lobend anzuschauen.
»Sie sind ein guter Mann, Rholynd!«
Dann wandte er sich wieder dem näher rückenden Feind zu, und seine Kiefer begannen zu mahlen, als er die zahllosen Geschützpforten sah, und die Mündungen der Kanonen, die ihnen wie die aufgerissenen Mäuler hungriger Raubtiere entgegengähnten.
Anschließend blickte er weiter nach Süden, die Reihe seiner eigenen Schiffskolonne hinab. In dieser Kolonne fuhren zwanzig Galeeren, alle von ihnen unter der Flagge von Emerald, und die nächsten beiden Kolonnen in östlicher Richtung gehörten ebenfalls zur Emeraldian Navy, wobei die näher gelegene der beiden von Graf Mahndyrs Flaggschiff, der Triton, angeführt wurde. Bei der vierten Kolonne stammten zumindest die ersten zehn Galeeren aus Emerald, dann folgten neun Schiffe aus Chisholm. Die fünfte Kolonne bestand aus zwanzig weiteren chisholmianischen Galeeren; sie wurde von Graf Sharpfield an Bord der König Maikel angeführt. Dann folgte die sechste Kolonne, die ausschließlich aus corisandianischen Schiffen bestand und von Herzog Black Water an Bord seines Flaggschiffs der Flotte angeführt wurde. Den Abschluss bildeten eine weitere Kolonne aus Chisholm und zwei Kolonnen aus Corisande.
Mit einem Abstand von je zweihundert Schritt zwischen den Schiffen war selbst die kürzeste Kolonne immer noch mehr als zweieinhalb Meilen lang, und der Abstand zwischen den einzelnen Kolonnen lag bei drei Meilen. Das bedeutete, dass die ganze Formation von Ost nach West vierundzwanzig Meilen breit war … und dass man auch vom Krähennest der Schwarzer Prinz aus nicht die äußerste Kolonne erkennen konnte.
Es bedeutete weiterhin, dass es einige Zeit dauern würde, bis Black Water erfuhr, was hier geschah – und noch länger, bis er darauf würde antworten können.
»Schon ein Signal von Graf Mahndyr?«, fragte er.
»Nein, Sir«, gab
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