Der Krieg der Ketzer - 2
Schiffe, die ihre Kapitulation bekannt gegeben hatten, offiziell in Besitz zu nehmen, doch eigentlich bestand dafür auch keine Veranlassung. Während vielleicht einige von ihnen gegen die Bedingungen ihrer Kapitulation verstoßen würden – oder behaupten, sie hätten die Flagge nie gestrichen, und dann flüchteten –, waren die meisten doch viel zu angeschlagen, um überhaupt noch etwas anderes zu tun, als sich um ihre Verwundeten zu kümmern, bis irgendjemand käme, der sie dann in Gewahrsam nahm. Und wenn auch Staynair und Cayleb nicht genügend Schiffe hatten, um sie alle aufnehmen zu können, würde König Haarahld dort gewiss aushelfen können.
Während Staynair also diese ganze Kolonne ausschaltete, steuerte Cayleb weiterhin nach Osten, mit einem leichten Schwenk in Richtung Süden. Er schnitt den Kurs der dritten und vierten Kolonne, jeweils nahe genug, um das letzte Schiff einer jeden Kolonne nach Kräften zu bestreichen.
»Black Water versucht nach Norden zu entkommen!«, schrie Merlin Cayleb ins Ohr, als die Dreadnought wieder das Feuer auf ein weiteres Opfer eröffnete. »Er hat vier Kolonnen – in etwa neunzig Schiffe –, die jetzt Kurs Nord-Nordwest anlegen!«
Cayleb blickte ihn an, dann schloss er die Augen; offensichtlich versuchte er, sich die Karte ins Gedächtnis zurückzurufen. Mit geschlossenen Augen dachte er nach, dann nickte er knapp.
»Captain Manfhyr!« Aufgebracht stapfte Herzog Black Water auf dem Achterkastell der Corisande hin und her. Er wusste, dass das die Nerven der Offiziere und der Mannschaft seines Flaggschiffs nicht im Mindesten beruhigen würde, aber einfach nur stillzustehen überstieg seine Kräfte.
Immer wieder blieb er kurz stehen und spähte nach Westen und Norden. Die Signalmethoden, die er für seine kombinierte Streitmacht entwickelt hatte, waren deutlich fortschrittlicher als die der meisten anderen Flotten, doch sie waren der, die Staynair, Seamount und Merlin ersonnen hatten, immer noch deutlich unterlegen. Sie waren einfach nicht dazu geeignet, ihn stets auf dem Laufenden über das zu halten, was gerade geschah – selbst dann nicht, wenn seine Geschwaderkommandeure es überhaupt gewusst hätten.
Was er allerdings wusste, war, dass zumindest eine Kolonne aus Sharpfields chisholmianischen Galeeren sein Signal, nach Norden abzuschwenken, nicht gesehen hatte – oder vorgezogen hatte, es zu ignorieren. Diese Kolonne fuhr stetig weiter nach Süden und nahm dabei ein Zehntel der Gesamtschlagkraft seiner Streitmacht mit.
Und er wusste auch, dass er das Donnergrollen der zahllosen Kanonen hörte, weit in der Ferne und immer wieder unterbrochen – doch es wurde stetig lauter und gleichmäßiger.
Die Wende nach Norden hatte die Reihenfolge, in der die Schiffe der Kolonne fuhren, genau umgekehrt. Auf dem ursprünglichen Kurs hatte die Corisande die Kolonne angeführt; jetzt bildete sie die Nachhut, und das bedeutete, dass der Admiral, der diese Flotte eigentlich hätte kommandieren sollen, als einer der Letzten erführe, was in Shan-weis Namen hier überhaupt geschah.
»Euer Durchlaucht.«
Black Water wirbelte herum und sah vor sich Captain Myrgyn.
»Was?« Er schaffte es – irgendwie –, seinen Untergebenen nicht anzufauchen.
»Euer Durchlaucht, es werden Schüsse und dichter Qualm aus West und Nord gemeldet. Ich habe Lieutenant Wynstyn in das Krähennest geschickt, damit er die Lage besser einschätzen kann.«
Der Flag Captain deutete auf den First Lieutenant der Corisande, der mit angespannter Miene neben ihm stand, und nun wandte sich Black Water an Wynstyn.
»Und?«, wollte er wissen.
»Euer Durchlaucht, im Westen habe ich nicht viel erkennen können, aber der Qualm erstreckt sich etwa einen Strich achteraus backbord dwars bis einen Strich steuerbord voraus.«
Wynstyn sprach mit kräftiger Stimme, doch Black Water merkte sehr wohl, dass der First Lieutenant sich dafür sehr zusammennehmen musste – und er konnte es dem Offizier auch nicht verübeln.
»Danke, Master Wynstyn«, sagte er dann und wandte sich wieder der Reling des Achterkastells zu, stützte sich mit beiden Händen ab, während er über das nachdachte, was Wynstyn ihm gerade gemeldet hatte.
Wenn die Beobachtungen des Lieutenants korrekt waren, dann musste Cayleb tatsächlich an fast perfekter Position aufgetaucht sein. Bei der derzeitigen steifen Brise verlieh ihm die deutlich größere Segelfläche seiner Galeonen einen beachtlichen Geschwindigkeitsvorteil, und er musste seine
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