Der Krieg der Trolle
einmal Adans Arm und lief durch den Gang davon. Hinter sich hörte sie, wie ihr einstiger Lehrer aus dem Fenster rief und erklärte, dass er dem Befehl nachkommen würde, aber erst mit den anderen sprechen müsse.
Hoffentlich hilft es, dachte Camila flehentlich. Die Antwort konnte sie schon nicht mehr hören. Sie wollen bestimmt keinen Kampf. Eine Kapitulation ist ihnen sicher lieber. Dann fiel ihr auf, wie irrsinnig das alles klang. Eine Kapitulation, als ob Krieg herrschte. Der Schreck fuhr ihr durch alle Glieder, da sie erkannte, dass es sich vielleicht genau darum handelte. Um Krieg.
Als sie im Innenhof ankam, herrschte dort bereits Aufregung. Bislang kannten die Geistseher nur ein Teil der Neuigkeiten, aber natürlich war schon der brennende Bauernhof ein Grund für höchste Besorgnis. Camila blieb stehen und sammelte sich, bevor sie ihre Stimme erhob.
» Vor den Toren stehen Soldaten, vermutlich aus dem Mardew. Sie sagen, dass sie Ionnis dienen, der sich zum Voivoden ausgerufen hat.«
In der einsetzenden Stille hätte man das Sirren einer Mücke gehört. Alle starrten Camila an, und sie konnte Fassungslosigkeit in den meisten Gesichtern erkennen.
» Sie verlangen, dass wir uns in ihre Hände geben. Sie versprechen, dass uns nichts geschehen wird, aber sie wollen uns nach Désa bringen, vor Ionnis.«
» Können wir hier drinnen ausharren?«
Camila hatte nicht gesehen, wer die Frage gestellt hatte, aber sie schüttelte den Kopf. » Nein. Sie sind entschlossen und werden das Tor früher oder später aufbrechen. Adan verhandelt mit ihrem Anführer. Er wird ihren Forderungen nachkommen.« Sie trat einen Schritt vor. » Ich hingegen nicht. Ich werde versuchen, durch die Gebeine der Welt zu entkommen und mich in den Sadat durchzuschlagen.«
Stimmen wurden laut, Fragen wurden gerufen, und schon drohte Streit auszubrechen.
» Freunde, bitte.« Ihr Ruf zeigte keine Wirkung, also wurde sie lauter: » Wir haben keine Zeit für Diskussionen. Wir können jetzt nicht über die Rechtmäßigkeit von Ionnis’ Anspruch reden oder uns in sinnlosen Vermutungen verlieren. Die Situation ist, wie sie ist. Wer mit mir kommen will, muss jetzt seine Sachen nehmen und mir folgen.«
Sie ging durch den Innenhof zu dem Eingang, der in die Tiefe des Wehrklosters führte, blieb stehen und wartete. Weniger als ein Dutzend der Geistseher schlossen sich ihr an. Zumeist waren es Jüngere, aus den Ländereien nördlich des Magy, dazu der Sohn der masridischen Bauern. Die älteren Geistseher indes fürchteten sicherlich die Kletterpartie.
» Nehmt Vorräte mit. Wir werden Licht benötigen, Nahrung, Wasser. Und Seile.«
Gemeinsam suchten sie hastig alles zusammen, was sie finden konnten. Einige derjenigen, die sich ihnen nicht anschließen wollten, gaben ihnen immerhin etwas von ihrer Ausrüstung mit, und Camila hätte gern noch mehr Zeit damit verbracht, alles einzusammeln, was nützlich sein mochte, aber sie konnten es sich nicht erlauben.
» Mögen die Geister uns allen beistehen«, verabschiedete sie sich. » Sichere Wege!«
Hinter ihr ertönte ein Chor aus Antworten, während sie bereits in den düsteren Gang eintauchte. Eigentlich wollte sie ihren Begleitern ein Vorbild sein und ruhig bleiben, aber ein furchtbares, drängendes Gefühl trieb sie zur Eile und ließ sie in Laufschritt fallen. Jetzt hatte sie keine Augen mehr für ihre Umgebung, auch wenn das Kloster hier, im Innersten und Heiligsten, immer noch von der vergangenen Macht seiner einstigen Bewohner kündete.
Zwei der Geistseher entzündeten kleine Lampen, die ihnen den Weg leuchteten, als sie tiefer in die Eingeweide des Klosters eindrangen, bis sie schließlich die Pforte erreichten, die in den einst versiegelten Teil des Klosters führte. Als die Sonnenmagier das erste Mal ihren Fuß auf diesen Boden gesetzt hatten, da waren sie über die aus ihrer Sicht verdammenswerten Rituale der Geistseher erzürnt gewesen. Sie hatten den Ort, eine uralte Höhle, in der ein Zugang zu den Tiefen der Welt existierte, versiegelt und mit ihrer mächtigen Magie geschützt. Doch angetrieben von Zorpad, der ein geheimes Bündnis mit dem Kleinen Volk eingegangen war, hatte der Lángor, der Klostervorsteher, die Siegel aufbrechen lassen, um in der Höhle blasphemische Riten zu wirken, die den Dunkelgeist unterwarfen und sich seine Macht zunutze machten.
Am Eingang zu dieser Höhle konnte Camila jetzt genau diese Macht spüren, ohne sich auch nur konzentrieren zu müssen. Der Bauernjunge
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