Der Krieg der Trolle
euch zu ergeben und sollt nach Désa gebracht werden.«
Camila schüttelte verwirrt den Kopf. Voivode Ionnis? Das ergibt doch keinen Sinn. Ist Natiole etwas zugestoßen?
» Natiole cal Sare s ist unser Voivode«, antwortete sie und bemühte sich, ihre Stimme ebenso laut wie fest klingen zu lassen.
» Nicht länger. Für seine Komplizenschaft mit unseren Erzfeinden, den Masriden, wird er vom Thron gestoßen. Ein wahrer Wlachake führt uns nun an!«
» Das ist doch Wahnsinn!«
Ihre Worte hallten zwischen den Felsen.
» Ergebt euch und öffnet das Tor. Falls nicht, könnt ihr keine Gnade erwarten.«
» Wir sind Geistseher«, erwiderte Adan. » Hier sind mehr als dreißig von uns versammelt. Wir ehren die Ahnen der Wlachaken, besänftigen den Zorn der Geister, den Zorn des großen Dunkelgeistes. Wir kennen ihren Willen. Wir sind es, die zu ihnen sprechen. Wenn ihr …«
» Öffnet das Tor«, unterbrach ihn der Veteran, » und ihr werdet nach Désa gebracht und könnt eure Rede vor dem Voivoden halten.«
» Vielleicht sollten wir dem Befehl nachkommen«, murmelte Adan. » Sicherlich kann man mit Ionnis vernünftig reden, wenn man es schon mit diesem stumpfen Gesellen dort draußen nicht kann.«
» Unsinn«, zischte Camila. » Ich glaube ihm kein Wort. Voivode Ionnis? Natiole ein Verräter?«
Sie bemerkte Adans Blick, und plötzlich war ihr kalt. Der Geistseher hielt die Anwürfe gegen Natiole für gerechtfertigt. Mit einem Mal fragte sich Camila, wie viele der Geistseher mit ihm übereinstimmten.
» Ich habe Ionnis mehrfach getroffen«, sagte Adan ruhig. » Er ist ein besonnener Kopf. Wenngleich etwas zu sehr von seiner Zeit im Imperium geprägt und dieser … Frau an seiner Seite.«
Artaynis, dachte Camila und erinnerte sich an die exotische Dyrierin, die sie ein- oder zweimal in Teremi gesehen hatte. » Und deswegen zettelt Ionnis einen Bürgerkrieg an? Wenn die Masriden unsere Feinde sind, werden sie nicht genau diesen Moment der Schwäche ausnutzen?«
» Ihr Marczeg kommt auch aus dem Imperium«, gab Adan zu bedenken. » Vielleicht kennt Ionnis sie besser, als wir denken. Sie hat wlachkisches Blut … Sie könnte …«
» Das sind doch alles nur Gedankenspielereien, Adan. Da draußen stehen Soldaten, Wlachaken, bereit, uns anzugreifen. Sie haben den Bauernhof niedergebrannt, bei den Geistern! Dessen Bewohner hatten niemandem etwas getan. Wir können ihnen nicht trauen.«
» Was sollen wir tun? Gegen sie kämpfen? Die Zinnen bemannen? Sieh dich doch um!«
In den Mienen der anderen Geistseher sah Camila Skepsis keimen. Adan hatte ihre Herzen fast gewonnen. Fieberhaft überlegte sie.
» Der Schacht«, entfuhr es ihr. » Es gibt Tunnel unter dem Kloster. Wir steigen hinab, fliehen von hier und versuchen, den Magy zu erreichen.«
Niemand antwortete ihr. Noch hatte sie niemanden überzeugt. Aber dann hauchte ein junger Geistseher, dessen Gesicht von üblen Narben gezeichnet war: » Seht nur!«
Etwas kam in Sicht. Es war schwer, im Zwielicht Einzelheiten zu erkennen, doch eine ganze Gruppe von Soldaten trug etwas Großes, Langes zwischen sich. Es musste ein absoluter Albtraum gewesen sein, es über den schmalen, sich windenden Pfad zu transportieren.
» Ein Rammbock.«
» Ich öffne das Tor«, sagte Adan entschlossen. » Wir können es ohnehin nicht halten, und ich bin sicher, ich kann mit dem neuen Voivoden reden.«
Er öffnete den Mund, aber Camila zog ihn am Arm von dem Fenster zurück. » Warte«, bat sie und sah ihm fest in die Augen. » Ich kann diesen Weg nicht mit dir gehen.«
Sein Gesicht war regungslos. Sie konnte nicht erkennen, was er dachte.
» Ich werde von hier verschwinden und versuchen herauszufinden, was mit Natiole passiert ist. Halte sie so lange wie möglich hin. Ich nehme alle mit, die mit mir gehen wollen, und wir fliehen durch den Schacht.«
Er zögerte, doch dann wurden seine Züge weich. » Gut. Aber beeil dich. Ich weiß nicht, wie lange wir sie aufhalten können.«
» Danke.«
» Sichere Wege, Camila.« Er ergriff ihren Unterarm und drückte ihn.
Sie erwiderte die Geste. » Sichere Wege.«
Dann blickte sie in die Runde: » Wer kommt mit?«
Nur der junge Geistseher, Röte im Gesicht und Angst in den Augen, nickte. Camila hatte ihn schon einmal getroffen. Sein Name war Denile, und er hatte den Ruf vernommen, als er zehn Winter alt war und eine furchtbare Krankheit durchlitt, die Händler aus Dyrien eingeschleppt hatten.
Camila schenkte ihm ein Lächeln, drückte noch
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