Der Krieg der Trolle
sich beinahe ebenso viele Stimmen dafür wie dagegen ausgesprochen, und die Anführerin des Stammes, Ndaga, hatte nicht gegen so viele ihrer Trolle entscheiden wollen. So war nur noch die Möglichkeit des Keekosh geblieben, eines Entscheidungskampfes, in dem Ndagas bester Jäger Barr nun gegen den Kämpfer antrat, den Res ausgesucht hatte.
Rask war nicht überrascht gewesen, dass Res’ Wahl auf Tarka gefallen war. Die Trollin war so groß und beeindruckend, dass schon allein ihr Auftreten oft reichte, um einen Gegner einzuschüchtern.
Für einige Dreeg sah es so aus, als seien die beiden Trolle in Stein gemeißelt, so wenig bewegten sie sich. Doch dann, ganz langsam, begann Barr zurückzuweichen, während Tarka ihn mit der Kraft ihrer Stirnplatte vor sich her schob.
Der Troll stieß ein gereiztes Knurren aus, und die Sehnen an seinen Armen und Beinen traten hervor, als er sich noch einmal bemühte, den Sieg davonzutragen. Tarka schnaufte unter der Anstrengung, bewegte sich aber nicht. Dann gab sie plötzlich ein wenig nach, wich zwei Fußbreit nach hinten zurück. Barr tappte genau in die Falle. Er gab seinen sicheren Stand auf, um den vermeintlichen Vorteil zu nutzen und setzte nach. Das war der Augenblick, auf den Tarka gewartet hatte. Mit einer letzten gewaltigen Anstrengung warf sie sich nach vorn, umklammerte den anderen Troll so fest, dass Rask schon glaubte, Knochen knirschen zu hören, und schob ihn nach hinten.
Barr taumelte vier oder fünf Schritte zurück. Er musste wissen, dass er den Zweikampf verloren hatte, denn er ließ mit einem frustrierten Zorneslaut von Tarka ab und streckte die Arme mit nach oben geöffneten Pranken aus, zum Zeichen dafür, dass er ihren Sieg anerkannte.
Auch Tarka gab die Umklammerung auf und nickte Barr zu, um ihrem Gegner Respekt zu zeigen.
Die umstehenden Trolle lösten sich allmählich aus dem Kreis, als sie sahen, dass die Siegerin feststand.
Ndaga, eine kräftige Trollin, die für eine Stammesführerin schon überraschend alt war und deren fingerdicke Hornsträhnen bereits beinahe durchsichtig waren, trat zu Res. » Du hast gewonnen«, sagte sie. » Meine Trolle und ich werden mit dir gehen und uns deinem Kampf anschließen.«
Res ergriff Ndagas Unterarm und nickte. » Wir können euch gut gebrauchen.«
» Gut«, murmelte Kerr, der neben Rask stand. » Damit sind wir dann schon acht Stämme.«
Rask blickte sich in der Höhle um, die Ndagas Stamm als Lager genutzt hatte. Hier gab es so viel Leuchtmoos, dass die gesamte Höhle in ein ständiges grünes Glühen getaucht zu sein schien. Obwohl die Höhle beeindruckende Ausmaße hatte, war sie voller Trolle.
Tatsächlich hatten sich ihnen bereits einige größere Stämme angeschlossen, und es wurde von Tag zu Tag schwieriger, alle satt zu bekommen und den Frieden unter den Trollen zu halten. Besonders, weil sie seit ihrem Aufbruch kein Zeichen des Balaur mehr gesehen hatten. Weder hatte die Erde gebebt, noch waren sie auf Schuppenviecher getroffen, noch hatten sie Feuer gesehen.
Gerade die jüngeren Trolle begannen schon davon zu reden, dass es den Balaur gar nicht gebe oder er aus Angst vor ihnen längst wieder davongekrochen sei. Es verlangte sie danach, allein oder in kleinen Gruppen auf die Jagd zu gehen, was Res streng verboten hatte, und es kam immer wieder zu Streit und Raufereien.
Wir Trolle sind nicht gut darin, in einer so großen Gemeinschaft zu leben, dachte Rask. Er wusste, dass Res und Kerr sich alle Mühe gaben, das zerbrechliche Bündnis aufrechtzuerhalten, aber er wusste auch, dass ihnen das nicht mehr viel länger gelingen konnte.
» Wie viele willst du noch dazuholen?«, fragte Rask Kerr.
Der kleinere Troll schüttelte abwägend das Haupt. » Mit den meisten Stämmen, die wir kennen, haben wir schon geredet. Ich glaube nicht, dass hier noch viel zu tun ist. Aber wir müssen zum Herzen ziehen. Wir müssen Andas Kinder auf unsere Seite bringen.«
» Die Tiefentrolle?« Rask runzelte die Stirn. » Du willst ihnen wirklich vorschlagen, sich Res anzuschließen? Glaubst du denn, das klappt?«
» Ich weiß nicht«, entgegnete Kerr und zuckte mit den Schultern. » Wir werden es versuchen müssen.«
» Die ganze Bande hinunter zum Herzen zu führen, das wird kein Spaß«, vermutete Rask, und Kerr nickte sofort bestätigend.
» Das bestimmt nicht. Aber wenn sie sehen, wie viele Trolle wir bereits gesammelt haben, wie viele bereit sind, gegen den Balaur zu kämpfen, dann wird es möglicherweise
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