Der Krieg der Trolle
einmal stärkten.
Doch leider verging die Ruhe schnell, und schon bald fand sich Natiole wieder behelligt mit Details der Verwaltung und der Friedensverträge, die geschlossen worden waren, nachdem Ana und er die Herrschaft in den jeweiligen Landesteilen übernommen hatten. Er hörte pflichtschuldig zu und besprach strittige Fälle mit Ana, aber er konnte sehen, dass auch ihre Geduld weiter und weiter schrumpfte.
» Genug!«, rief sie schließlich zu Natioles Erleichterung. » Weitere Themen können wir morgen bereden. Jetzt wünschen mein Cousin und ich etwas Zeit für uns … für die Familie.«
Ihre eigenen Leute gehorchten sofort; seinen musste Natiole noch einmal deutlich zunicken, bevor sie das Zelt verließen.
Ana warf sich auf einen Stuhl, öffnete zwei Knöpfe an ihrer ledernen Weste und seufzte. » Manchmal glaubt man, sie würden niemals aufhören zu reden.«
» Und ich dachte schon, ich wäre der Einzige, den Politik langweilt.«
Darauf lachte sie und trank einen Schluck Wein. » Bei Agdele, nein. Eine Söldnereinheit zu führen war schon wie einen Sack voll Flöhe zu hüten, aber ein Land? Immer, wenn man denkt, jetzt wäre endlich Ruhe eingekehrt, passiert etwas. Weil irgendjemand etwas unglaublich Dummes getan hat. Oder weil zwei sich streiten. Oder, oder, oder.«
Natiole setzt sich ebenfalls und genehmigte sich noch einen Becher von dem hellen dyrischen Wein, der leicht genug war und nicht so schnell zu Kopf stieg. Seine Cousine war älter geworden, das konnte man auf einen Blick feststellen. Früher war ihre Haut gebräunter gewesen, jetzt wirkte sie blass. Sie trug ihr braunes Haar so kurz geschnitten, dass es kaum die Ohren berührte. Um ihre Augen zeigten sich deutliche Fältchen, aber um ihren Mund war immer noch dieser harte Zug zu sehen, und man konnte ihre Durchsetzungskraft und ihren Willen an ihrem Gesicht erkennen, selbst wenn sie entspannt war. Eine neue Narbe war hinzugekommen, ein schmaler Streifen an der linken Schläfe. Natiole wollte gar nicht wissen, wie oft ihre Haut schon von Stahl durchdrungen worden war. Als Kämpferin war sie ohne Gleichen, und sogar wenn sie zurückgelehnt in einem Stuhl saß, wirkte sie jederzeit bereit, ihre beiden Klingen zu ziehen.
» Wir haben es schon nicht einfach«, erklärte er schließlich. » Als Herrscher.«
Sie sahen einander an und mussten dann beide lachen.
» Es hat zwar seine guten Seiten«, gab Ana zu. » Aber es kann auch verdammt anstrengend sein.«
» Man erwartet von mir, dass ich mir eine Frau suche, bald heirate und am besten gleich einen Erben in die Welt setze. Phryges hat vorgeschlagen …« Er verstummte, plötzlich unsicher, wie sie reagieren würde.
» Was?«
» Er schien dich für eine gute Wahl zu halten.«
Zu seiner Erleichterung prustete sie regelrecht los. » Grandios! Wir beide!«
» Er ist Dyrier, da hat man andere Vorstellungen davon, was angemessen und richtig ist.«
» Schön diplomatisch gesagt, lieber Vetter. Gesprochen wie ein wahrer Herrscher.«
Unvermittelt wurde Natiole ernst. Er nahm noch einen Schluck, bevor er weiterredete: » Aber in einem hat er nicht Unrecht: Wir sollten uns zusammentun. Das Land einen.«
Ana stellte ihren Becher ab und seufzte. » Das geht nicht, Natiole. Das ist unmöglich.«
» Wieso?«
» Wie willst du das denn tun? Soll ich dich als Kralj anerkennen? Mein Knie vor dir beugen? Oder andersherum?« Sie hielt kurz inne, als erwarte sie eine Antwort, aber Natiole schwieg. » Das würden deine Leute nicht akzeptieren und meine genauso wenig. Alle würden befürchten, die Verlierer bei einer Einigung des Landes zu sein – Masriden, Wlachaken, selbst die Szarken und Dyrier. Ich wäre schneller von Feinden umgeben, als du › Wlachkis‹ sagen kannst. Es gibt noch mehr als ein Dutzend Abkömmlinge der Marczegs, sogar noch einige, die sich darauf berufen, Arkas’ Blut in den Adern zu haben! Ich kann meinen Thron nur halten, weil ich eben nicht auf Seiten der Wlachaken stehe. Und wenn sich die traditionsbewussten Masriden durchsetzen, was denkst du, was es dann gibt?«
» Krieg«, murmelte Natiole finster.
» Krieg. Deshalb haben Ionna und deine Eltern nicht versucht, den Rest des Landes zu erobern. Es war keine Schwäche, da sprach kein Zaudern aus ihrer Zurückhaltung. Sie alle haben den Krieg erlebt, und sie wollten genau das ihrem Volk ersparen.«
» Ja, ich weiß. Ich will ja auch Frieden. Aber …« Natiole verstummte. Warum müssen die Menschen so dumm sein? Warum
Weitere Kostenlose Bücher