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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Ausland, daß Hitler außer den 6 Millionen Deutsch-Österreichern auch die über 3 Millionen Sudetendeutschen meint.

    Trotz des Seitenhiebs auf England trifft der deutsche Kanzler mit seinem Eintreten für die Deutschen in der Tschechoslowakei durchaus auch auf Verständnis bei einem Teil der britischen Öffentlichkeit. So kommentiert der englische Medienzar Rothermere am 6. Mai 1938 in der DAILY MAIL:
    „Die Deutschen sind ein sehr geduldiges Volk. Ich kann mir auch nicht
    einen Augenblick lang vorstellen, daß Großbritannien zwanzig Jahre lang
    ruhig zugesehen hätte, wie drei und eine halbe Million Briten unter der
    Knute eines durch und durch verabscheuten Volkes lebten, das eine fremde
    Sprache spricht und eine völlig verschiedene nationale Weltanschauung
    hat. Soweit ich meine Landsleute kenne, wären sie nach wenigen Jahren
    gegen eine solche Vergewaltigung eingeschritten."
    Hitler verlangt mit seiner Februar-Rede vor dem Reichstag noch keinen Anschluß. Er gießt kein Öl ins Feuer. Er fordert nur das Selbstbestimmungsrecht der Auslandsdeutschen und bezieht sich dabei sehr geschickt auf US-Präsident Wilsons früheres Versprechen.

    Daß Hitler sich vor Außenminister von Neurath und den höchsten Generalen und Admiralen der Wehrmacht schon ein Vierteljahr zuvor, am 5. November 1937, zu einem späteren Krieg gegen die Tschechoslowakei geäußert hat, ist der Öffentlichkeit bis dato nicht bekannt 82 . In dieser Geheimrede im vergangenen Novem

    Domarus, Band 1, Seiten 801 f
    Die von Oberst Hoßbach protokollierte Hitler-Rede, siehe Domarus Band 1, Seiten 748ff
    ber hatte Hitler den Generalen offenbart, daß er die Tschechei im Falle späterer kriegerischer Auseinandersetzungen mit England oder Frankreich für eine Gefahr in Deutschlands Rücken hält, und daß er plant, sie bei passender Gelegenheit zu annektieren. Vorbereitungen für eine solche Tschechei-Eroberung werden am 5. November 1937 allerdings noch nicht erwähnt, geschweige denn befohlen. Von dieser geheimen Hitler-Rede hat und wird Henlein auch später nichts erfahren. Er weiß seit jener öffentlichen Reichstagsrede Hitlers vom 20. Februar 1938 nur, daß er in Zukunft mit der Unterstützung der deutschen Reichsregierung rechnen kann.

    Am 12. März 1938 wird Österreich an Deutschland angeschlossen. Doch selbst nach dem Anschluß Österreichs, dem sich die Sudetendeutschen noch immer zugehörig fühlen, fordern sie zunächst öffentlich nicht mehr als ihre Selbstverwaltung innerhalb der Tschechoslowakei. Mehr zu fordern, wäre Hochverrat gewesen. Der Anschluß Österreichs an Deutschland bringt dennoch das Thema „Tschechoslowakei" in London, Paris und Moskau auf die Tagesordnung. Hier argwöhnt man – zu Recht -, daß Hitler der Sudetendeutschen wegen und um sich der Tschechen im eigenen Rücken zu entledigen, als nächstes die Tschechoslowakei erobern könnte. Vom Anschluß Österreichs an wird Deutschland deshalb unterstellt, es wolle der Tschechoslowakei zu Leibe rücken. So laufen von nun an Gespräche zwischen Prag, London, Moskau und Paris, wie man sich dem im Falle, daß es so kommen sollte, entgegenstellen kann.

    Zwei Wochen nach dem Anschluß Österreichs kommt es am 28. März 1938 zum ersten offiziellen Treffen des Führers der Sudetendeutschen Henlein mit dem „Führer" Adolf Hitler. Eine Angliederung der Sudetengebiete an das Deutsche Reich wird auch hier noch nicht besprochen 83 . Doch Hitler weiß inzwischen, daß die Sudetendeutschen an die soeben zum „Großdeutschen Reich" vereinigten Deutschland und Österreich angeschlossen werden wollen. Er ist sich jedoch nicht sicher, wie Frankreich, die Sowjetunion und England auf eine solche Angliederung reagieren würden. So wagt er es noch nicht, von sich aus diesen Anschluß öffentlich zu fordern oder ihn gar zu vollziehen. Hitler und von Ribbentrop raten Henlein aber, maximale Forderungen an die Regierung der Tschechoslowakei zu stellen, deren Ziel „die volle Freiheit der Sudetendeutschen" sei. Ansonsten vertröstet Hitler Henlein:
    „Das Reich wird von sich aus nicht eingreifen. Für die Ereignisse sei er,
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    Henlein, zunächst selbst verantwortlich."
    Hitler spielt seit der erwähnten Generalsbesprechung im November 37 insgeheim ein Doppelspiel. Während er sich gegenüber Henlein weiterhin bedeckt hält, ändert er im Dezember 1937 die Weisungslage innerhalb der Wehrmacht. Er ordnet erstmals an, Pläne für eine spätere Eroberung der Tschechoslowakei „und

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