Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
stolz seine Brust schwellen. „Wenn ich in Form bin, schaffe ich das gleiche leicht auch mit vier Bällen oder Steinen. Aber solch ein schwieriges Kunststück gibt natürlich kein Künstler ohne Entgelt – da müsste ich eigentlich den Hut rumgehen lassen!“
„Red kein Blech, Fredi –“, warf Hermeline ein, „das letzte Mal, als du das Jonglieren mit vier Bällen versucht hast, hast du fast unsere gesamte Kücheneinrichtung zerlegt! Außerdem hast du gar keinen Hut, du könntest dir höchstens den von Herrn Lotan ausleihen.“
„Er hat ja auch gesagt:
nur wenn er in Form ist
“, bemerkte Neimo. „Und wann ist Fredi schon mal in Form?“ Dem etwas größeren der beiden Mucklins bereitete es sichtlich Spaß, seinen Artgenossen zu foppen, denn er quittierte dessen böse funkelnden Blick mit einem belustigten Grinsen. „Ich dagegen bin für so einen Kindertrick
immer
in Form. Seht her!“
Neimo griff sich drei Steine, warf sie in die Höhe und ließ sie mit spielerischer Sicherheit durch die Luft hüpfen. „Das ist nur zum Warmmachen“, kommentierte er zwischendurch. Dann schnappte er sich einen vierten Stein, fügte ihn zu den anderen hinzu und setzte das Schauspiel wie selbstverständlich fort. „Das ist noch gar nichts, Leute! Ein echter Gaukler macht dieses Spiel mit mindestens fünf Gegenständen ...“
Mit diesen Worten sah er sich nach einem weiteren Stein um, doch dummerweise konnte er keinen in seiner Reichweite entdecken. Also griff er flugs in seine Tasche und zauberte einen anderweitigen Gegenstand hervor. Dieser war den anderen Steinen, die er jonglierte, in seiner Größe zwar durchaus ähnlich, doch dafür ganz und gar nicht in seinem Aussehen: das glatt geschliffene, violette Antlitz des Edelsteines war in ein wunderbares Leuchten gehüllt, das so durchdringend war, dass es in der Dunkelheit selbst mit dem hellen Schein des Mondes konkurrierte. „Neimo, ich weiß nicht, ob das ratsam ist –“, meinte Faramon, dessen Aufmerksamkeit ebenso wie diejenige der anderen Gefährten von dem Engelsstein sogleich angezogen wurde. Doch das Unglück nahm bereits unabänderlich seinen Lauf.
„Mit der Schneckengeschwindigkeit, mit der du die Steine wirfst, kann das jeder! Außerdem ist dein Bogen viel zu niedrig, da würde kein Zuschauer auch nur ein Stück Blech in deinen Hut werfen!“, zeterte Fredi mit einem Mal. „Gib her, das kann ich genauso gut wie du!“
Hermeline erkannte die drohende Gefahr als erste und versuchte noch, sich zwischen die beiden Streithähne zu werfen. „Fredi nicht!“, rief sie laut aus, doch kam ihre Einmischung zu spät. Längst waren die beiden männlichen Mucklins über den jeweils anderen wieder einmal so tief verärgert, dass sie darüber alles andere vergaßen. Und während sie sich gegenseitig an die KehleKehle gingen, sich einen Tollpatsch und Betrüger schimpften, stoben die Jongliersteine einschließlich des simbelya pennín über die Kante des Felsabbruchs. Hektisch sprangen die Gefährten auf, nur um kurz darauf wie Ölgötzen vor der abfallenden Schlucht zu stehen und zuzusehen, wie ihre wertvollste Habe munter in die Tiefe segelte. Und damit schien ihre ganze Hoffnung vollends dahin zu sein.
„Ich frage mich, wie ich das meiner Mutter erklären soll“, meinte Faramon und klang dabei eher traurig als wütend.
„Vielleicht tröstet es sie ein wenig, wenn du ihr erzählst, dass zwei kleine Nervensägen anschließend den gleichen Weg in die Schlucht genommen haben“, meinte Sigurd und klang dabei eher wütend als traurig.
„Vielleicht, äh, ist noch nicht alles verloren“, bemerkte Neimo zögerlich, dem allmählich schwante, was sein Übermut angerichtet hatte. „Als ich zum ersten Mal hier wanderte, habe ich mir diese Schlucht zufälligerweise ein wenig genauer angesehen. Und soweit ich mich erinnern kann, mündet der Abhang zunächst einmal in einen ebenen Felsvorsprung, ein geräumiges Plateau, das sich etwa fünfzehn Schritt unterhalb der Kante erstreckt. Mit einem Seil und etwas Geschick könnten wir den Abstieg wagen und nachsehen, ob der Edelstein dort zum Liegen gekommen und nicht noch weiter hinabgerutscht ist. Selbstverständlich ist dieses Unterfangen zuallererst meine Sache ...“
„Kommt nicht in Frage!“, beschied der lemurische Thronerbe. „Wer weiß, was für Albernheiten du dort unten wieder ausheckst! Ich werde gehen und außerdem Faramon – für einen Elben sollte so ein senkrechter Abstieg in tiefster Nacht ja wohl ein
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