Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
ging es fortan jedge Nacht,
Bis im Herbst sie sanft entschlief,
Ihr Pflaum schon bald zu Asche fiel,
Den der Wind im Land verteilt...“
Müssen die Elben immer dann, wenn es gerade schön ist, so traurige Lieder singen?,
dachte sich Sigurd. Es schien schon etwas dran zu sein, wenn man den Elben nachsagte, dass sie eine eigentümliche Mischung aus kindlichem Frohsinn und Schwermut besaßen, was angeblich auf ihre Trennung von ihrer alten Heimat Aiura zurückzuführen war. Allerdings stellte sich ihm dann die Frage, weshalb die Nolori nicht vor einigen Jahren mit ihren Brüdern, den Lindar, dieses Schiff bestiegen und Arthilien den Rücken gekehrt hatten.
Die Elbin mit den langen, haselnussbraunen Haaren kam einen mit weißen Kieselsteinen ausgelegten Weg entlang. Nun, da es dämmerig geworden war, glitzerte er auf geheimnisvolle Weise wie Sternenstaub. Was war das nun wieder für ein Zauber? Davon abgesehen hatte ihre Singstimme einen solch betörend schönen Klang, wie er ihn noch nie zuvor gehört hatte, das musste Sigurd eingestehen. Ein wenig interessanter fand er jedoch noch den Anhänger, den die Gattin Thingors an einer goldenen Kette trug. Obwohl ihr azurblaues Kleid eine ähnliche Farbe besaß, hob sich der Stein mit dem bläulich-violetten Antlitz und dem hellen Lichtkreis, der ihn wie eine leuchtende Wolke umgab, noch deutlich davon ab. Das also war einer der drei Steine Aldus, nämlich das
simbelya pennín
, das
Reinste aller Juwele
.
Sigurd erinnerte sich nur allzu gut an die Worte seiner vielen Lehrer: den ersten der drei Steine, ein Lapislazuli, der das Urwasser verkörpert, gaben die Engelswesen auf das Geheiß des Einen den Elben, will sagen Nimroël. Der zweite war ein Tigereisen, ein Sinnbild für gute Erde und Fels, und den man den Zwergen überantwortete. Bei dem dritten soll es sich um einen Jaspis handeln, der so rot leuchtet wie die Sonne, allerdings besteht über seinen Verbleib keine Klarheit. Welch ein Jammer. Auf jeden Fall sollen alle drei Steine, wenn man sie zusammenführt, die Macht besitzen, das Böse aus der Welt zu verbannen. Zumindest wenn man an Märchen und ähnliches glaubt.
Er zumindest hatte in seinem Leben noch keinen Ghul oder eine andere der angeblichen Kreaturen Utgorths gesehen und auch noch keine wahnsinnig spektakuläre Zauberei – wenn man von ein paar harmlosen Tricks des alten Lotan einmal absah. Spannender fand er da schon zu sehen, dass der Engelsstein genau vor den Brüsten der Elbin baumelte und alle Anwesenden – offensichtlich ganz besonders Cord der Barbar – völlig ungeniert dorthin gafften.
Täusche ich mich, oder tut Ihr es schon wieder, Herr Graf? Wie mir scheint, könnt Ihr Eure Augen nicht im Zaum halten
, hörte er sich schon sagen, denn auch Pandialo hatte den Lapislazuli wie gebannt im Blick. Dann aber entschied er sich gegen einen weiteren Spaß auf Kosten des Grafen, denn immerhin ging es hier um Thingors Frau, und er wollte es nicht übertreiben.
„Es ist ein sehr altes Lied, das eigentlich in unserer elbischen Sprache getextet ist“, sagte Nimroël, als sie näher kam und sich neben Thingor an den Tisch setzte. „Ich habe es in die Gemeinsame Sprache übersetzt, wo es
Eine Rose im Wind
heißt.
Aber ich bin sicher, es gibt noch andere Themen außer unserer Musik, über die wir uns gut miteinander unterhalten können. Ich bin zum Beispiel begierig darauf zu erfahren, was die jungen Menschen in Lemuria und Awidon an Kleidung dieses Jahr so alles tragen.“
Die Haut der Elbin war milchweiß und vollkommen, ihre Augen waren wie stille Vollmonde, und Mondlicht webte einen Strahlenkranz um ihr Haar. Hieß es nicht in manchen Liedern, dass ihre verstorbene Tochter Nuwena das liebreizendste Geschöpf gewesen war, das je unter der Sonne Arthiliens und Orgards geweilt hatte? Das konnte man sicherlich glauben, wenn man sie sah. Auch wenn fraglos keiner mit Sicherheit sagen konnte, dass es irgendwo auf dem südlichen Kontinent nicht noch eine orkische Magd gab, die ihr den Rang ablief.
Die Menschen hingen an den Lippen der Elbenfürstin, deren Ausstrahlung dem simbelya pennín wahrlich angemessen erschien. Es war dann Alva, die als erstes antwortete und irgendetwas erzählte von neuen Seidenstoffen und hellen Farben und kleinen Taschen, in die kaum etwas hinein passte, und die die jungen Damen in Awidon, Pír Cirven und Isandretta doch mit sich herum schleppten. Sie schien dabei ganz bei ihrem Thema zu sein, was man von den anderen Gästen
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