Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
allen Regionen und auf allen Ebenen seines Reiches außerdem reichlich Schmiergelder flossen und zu Machenschaften und Seilschaften führten, die vor der Zentralgewalt in Pír Cirven gänzlich verborgen blieben.
So musste er sich letztendlich damit begnügen, diesen vermögenden Gierschlündern von Händlern hier und da ein paar Knüppel zwischen die Beine zu werfen, ihren rasanten Gewinn an Einfluss ein wenig zu bremsen und einzudämmen, soweit ihm dies möglich war, und augenzwinkernd dabei zuzusehen, wie sich wenigstens die tapferen Rhodrim, sein Heimatvolk, den Wünschen der Gilde immer wieder hartnäckig widersetzten.
Verkompliziert wurde das Ganze noch dadurch, dass die Gilde den geschickten Schachzug unternommen hatten, Amfred, den Abkömmling der engat lumischen Adelslinie und einstigen Schüler des alten Zauberers Lotan, zu ihrem Magister zu bestimmen. Amfred schien ein netter Kerl zu sein, der nicht nur in seinem Aussehen jung und unverbraucht geblieben war, sondern offenbar auch über ein zurückhaltendes, bescheidenes und angenehmes Wesen verfügte. So drängte zum Beispiel Merian, Arnhelms über alles geliebte Gemahlin, den Herrscher immer wieder, mit ihm gemeinsam Lösungen zu finden und nicht alles an der Händlergilde als unabdingbar schlecht zu verdammen. Was einfacher gesagt war als getan.
Arnhelm war während der Rede seiner Besucher nicht still auf dem Thron sitzen geblieben, sondern die meiste Zeit über im Raum umher spaziert, was zugegebenermaßen ausgesprochen unhöflich war. Auch an ihm war die Zeit war nicht spurlos vorüber gegangen, denn sein einstmals volles, blondes Haar war mittlerweile dünner geworden und von grauen Strähnen durchzogen, und sein Gesicht war von zahlreichen Falten zerfurcht. Sein Arm war nun, da sein sechzigster Geburtstag in diesem Jahr noch bevorstand, jedoch noch immer stark, und ebenso war die Tatkraft des großen Mannes, der das Goldene Schwert für die Menschen Arthiliens wiedergewonnen, der mit dem Schwarzen Gebieter und dessen schwarzen Schwert Fínorgel gefochten und der dem Werwolfhäuptling Lokki im Kampf den Arm abgehackt hatte, noch immer unvergleichlich.
„Was wollt Ihr eigentlich von mir?“, fragte er plötzlich und sah seine beiden Gäste, die auf Stühlen vor der Estrade mit dem Thron saßen, scharf an. „Dass ich Euch sauberen Händlern helfe, noch reicher zu werden, damit noch mehr Ringe aus Gold und Juwelen Eure schmierigen Finger zieren?“ Der König schwang die Empfindungen, die ihn beseelten, wie eine Sense, sodass die Gildevertreter vor Verblüffung instinktiv zusammenzuckten.
„Aber Herr“, versuchte Gildagar Rattenfänger einen leisen Einwand, „die Händlergilde wurde nicht gegründet, um den Zielen von einigen wenigen zu dienen, sondern sie soll vor allem die Versorgung und das Wohlergehen des
ganzen
menschlichen Volkes sicherstellen. Das ist in unseren Statuten ganz offiziell nachzulesen, und ...“
„Papperlapapp!
Statuten
,
offiziell nachzulesen
– wenn ich das schon höre!“ Arnhelm wischte den Einwand mit einer Handbewegung hinfort. Dann begab er sich wieder zu seinem marmornen Thron hin, dessen Rückenlehne ein imposanter Bergkristall zierte, und ließ sich darauf nieder. Sein ehrwürdiges, unverändert kraftstrotzendes Antlitz wurde noch untermalt durch die prächtige, perlenverzierte Goldkrone, die er auf der Stirn trug, und auf der als feine Gravur der Spruch
Zum Schutze und Wohle der Menschen
prangte. Anschließend hüllte er sich eine Zeitlang in Schweigen, sodass in der Zwischenzeit kein anderer zu sprechen wagte.
Die Wände des Thronsaales waren mit weißem Stuck verziert, bis auf diejenige hinter dem Thron, denn diese war mit einem lavendelfarbenen Wandbehang bespannt. Das Zeichen Lemurias, ein dahinsegelndes Schiff mit einer Sonne darüber, eingerahmt von den Umrissen eines Schildes, war darauf gestickt worden. Ansonsten wurde der Raum von zahlreichen Skulpturen, Bildern, Leuchten und anderen Dekors verschönert, so unter anderen durch eine große Silberschale, die an einer der Wände hing und auf der sich bemerkenswert detailreiche Schnitzereien fanden. Auf ihr war die mittlerweile zerstörte Bergfestung Dirath Lum, die vormalige Hauptstadt Rhodrims zu sehen.
„Vielleicht sollten wir unser vordringliches Ansinnen noch einmal genauer umschreiben, Eure Hoheit“, versuchte Hoss Nukrem nach einer Weile, die Unterhaltung mit seiner schnaufenden Stimme von neuem in Gang zu bringen. „Wir Ihr wisst, betreiben
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