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Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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stehen.
    „Geschenk? Was soll ich mit einem Geschenk?“ Arnhelm war nicht gerade in der Stimmung für solch einen Quatsch.
    „Nun, Gastgeschenke gehören in Awidon und in weiten Teilen Arthiliens, und sogar in Orgard, wie ich glaube, zu den guten Geflogenheit, Herr. Und ah – da kommt es ja schon wie gerufen! Wenn das keine glückliche Fügung ist!“, meinte der Dicke.
    Die beiden Flügel der Pforte öffneten sich, und gefolgt von Kumran, dem Haushofmeister, kamen vier Soldaten in den hellbeigen Wappenröcken Lemurias und trugen ein großes Gefäß in die Halle. Es war eine Art Schale, einen ganzen Schritt im Durchmesser messend und mit einem runden Deckel versehen, der mit Kupferbändern versiegelt war. Das Behältnis bestand aus einem seltsamen Material und glänzte wie schwarzer Kristall. Unbekannte Schriftzeichen zierten seine Oberfläche, oder handelte es sich dabei schlicht und ergreifend um die Krakeleien von Kinderhänden? Auf jeden Fall hatte selbst Arnhelm so etwas seinen Lebtag noch nicht gesehen.
    „Was soll das sein?“, fragte er entsprechend.
    „Oh, diese Schale wurde jüngst bei Ausgrabungen irgendwo in Orgard entdeckt. Orks haben sie uns zum Geschenk gemacht oder besser gesagt gegen andere Ware eingetauscht. Selbst unsere Schmuckhändler, Diamantenschleifer und andere Experten konnten uns nicht sagen, um was es sich dabei handelt, doch alle sind sich einig, dass sie ausgesucht wertvoll sein muss. Gerade das Richtige demnach, um einem König als Besitz zu genügen“, sagte Gildagar Rattenfänger.
    „Na dann“, erwiderte Arnhelm und zuckte mit den Schultern. „Stellt sie an die Wand neben den Thron. Ich werde sie mir morgen genauer ansehen.“
    Die beiden Vertreter des Gilderates verbeugten sich noch einmal unterwürfig (was Hoss Nukrem neuerlich wie ein dickes Wildschwein nach einem rasanten Kurzstreckenlauf schnauben ließ), verabschiedeten sich und schritten von dannen. Und während sie die vielen Stufen der erlesenen Wendeltreppe bis zum Ausgang des Torindo Isa Nuafa nach unten gingen, umspielte ein linkisches Lächeln ihre Lippen, das von einem verhohlenen Wissen und einer ganz bestimmten Vorfreude zeugte.

Zwölftes Kapitel: Schlangenaugen
    Das von zwei überwältigend hohen Wällen bewehrte Pír Cirven, das auf einer natürlichen felsernen Hochebene thronte, war eine höchst bemerkenswerte Schöpfung, mit viel Grün und zahllosen Gebäuden, die so nahtlos in das Gesamtbild eingeflochten waren, als seien sie nicht von Menschenhand gebaut, sondern wie Korallen aus dem Meer gewachsen. Den Mittelpunkt der lemurischen Hauptstadt stellte der Luth Cirven, der Himmelsplatz, dar, in dessen Mitte wiederum der die Wolken stürmende Torindo Isa Nuafa wuchs. Um diese nächtliche Zeit, es war so gegen Mitternacht, jagten sich Schatten gegenseitig über das weite Rund, und bis auf das Flüstern der dahinplätschernden Springbrunnen und künstlichen Bachläufe war es vollends still.
    Viele Dutzend Schritt höher, in einem der oberen Geschosse des Wolkenturmes, schreckte der König zu diesem Zeitpunkt aus seinem Schlaf. War das nicht eben ein Schrei gewesen, den er vernommen hatte, oder hatte ihm eine albtraumhafte Einbildung einen Streich gespielt?
    Dann hörte er es wieder. Ein erbarmungswürdiges Schreien, wie der von unsäglichen Schmerzen kündende Todesschrei eines Menschen, nur dieses Mal von einer anderen Männerstimme ausgestoßen wie der erste. Solch einen Aufruhr hatte er in dem Turm in all den zweieinhalb Jahrzehnten seiner Herrschaft nicht gehört, und das sollte etwas heißen.
    Arnhelm verließ sein Schlafgemach, kleidete sich an und gürtete sich. Das Schwert seines Vaters Tarabunt hing an der ledernen Koppel in einer blauen, goldverzierten Scheide. Auf Merian brauchte er keine Acht zu haben, denn seine Gemahlin befand sich seit gestern für drei Tage auf Exerzitien, das heißt sie war mit irgendwelchen geistigen Übungen beschäftigt, die sie in einem abgelegenen Anwesen nahe Fallura zubrachte. Da sich sein Sohn Sigurd außerdem auf einer weiten Reise nach Aím Tinnod, zum Hort des Elbenfürsten Thingor, befand, war von seiner Familie nur seine Tochter Lysandra anwesend. Ihre Gemächer erstreckten sich über die Etage, die zwei Ebenen unter der seinen lag. Dazwischen lag das Stockwerk mit dem Thronsaal, und eben von dort ungefähr dürfte das Schreien gekommen sein.
    Der Schein der an den Wänden aufgehängten Leuchten kleidete die Treppe in Zwielicht, als der König die Stufen hinab

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