Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
Blick über die Schulter hinab zeigte ihm zwei halbkreisförmige Reihen von entblößten Fangzähnen, die ungeduldig und vor Hunger speicheltriefend auseinander- und wieder zusammenklappten und von denen jeder einzelne so lang wie eine Lanze war. Er hatte fürwahr schon schönere Aussichten genossen.
Vielleicht hatte er wenigstens so viel Glück, dass einer der Hauer sogleich nach seinem Sturz eines seiner lebenswichtigen Organe durchbohrte und allem ein schnelles Ende setzte. Immer noch besser, als langsam zwischen den riesigen Kiefern zermahlen zu werden und was auch immer für schreckliche Qualen zu erleiden.
Ein weiterer Ruck, und abermals verlor er einige Zoll seines Halts, als seine Finger auf dem rissigen Stein abglitten. Nur noch ein kleines Stück, dann würde er unweigerlich abrutschen, in die dunkle Tiefe stürzen und als Monsterfutter einen ausgesprochenen Leckerbissen abgeben. Das Fleisch eines gut gebauten Nordmannes war sicherlich eine lohnende Abwechslung zu Tausendfüßern oder was in diesem verdammten Sumpf sonst noch so auf der Speisekarte stand.
Plötzlich fühlte er eine Umklammerung an seinem linken Handgelenk, und vor Schreck wäre er beinahe davor zurückgezuckt und hätte sich freiwillig in den Abgrund geworfen. Gab es wirklich jemanden, der einen hässlichen Kerl wie ihn, der noch dazu ein ziemlich übler Zeitgenosse war, retten wollte? Jemand mit so wenig Skrupeln wie er erwartete von seinen Nächsten im Allgemeinen nicht gerade ein Übermaß an Mitgefühl und Hilfsbereitschaft.
„Ich hab’ dich, Cord! Mann, was esst Ihr Nordländer eigentlich, dass Ihr so schwer werdet? Rasch, rauf mit dir, hier oben können wir die Hilfe eines Freundes besser gebrauchen!“
Cord glaubte, sich zu verhören. Hatte ihn Sigurd, dieser überhebliche, gleichgültige lemurische Prinz, gerade als
Freund
bezeichnet und ihm die Hand zur Rettung gereicht? Hatte der junge Bursche immer noch nicht bemerkt, dass er, der Barbar und Berufsattentäter, eigens auf diese Fahrt geschickt wurde, um ihn um die Ecke zu bringen?
Wie dem auch sei, Cord ergriff die ihm dargebotene Hilfe und zog sich daran hoch, so weit ihm dies möglich war, denn noch immer hingen zwei seilstarke Fangarme an seinen Beinen und zogen fortwährend in die andere Richtung. Mit einem heftigen Strampeln verschaffte er sich kurzzeitig ein wenig Freiraum, und das war genau das, was Sigurd benötigte. Der Lemurier, der mit seiner linken Hand den Arm des Gefährten gepackt hatte, hielt nämlich in seiner Rechten noch immer sein Schwert. Und dieses ließ er nun nach unten zucken und schlitzte eine der fleischigen Ranken mit einem gerade, gut gezielten Stich regelrecht auf. Ein dumpfes, von unbeschreiblicher Wut zeugendes Brüllen erklang aus den Tiefen des schwarzen Schlundes wie als Antwort darauf.
Cord ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern, nicht gerade nachdem er dem Tod ins Auge gesehen, mit seinem Barbarenleben schon abgeschlossen hatte und nun unverhofft doch noch einmal davongekommen war. Nachdem die Umklammerung seines einen Beines kurzeitig aufgehört hatte, benutzte er den frei gewordenen Fuß, um damit dem Fangarm, der um seinen anderen Unterschenkel geschlungen war, einen wuchtigen Tritt zu verpassen. Beim ersten Versuch traf er nicht ganz und glitt an der Seite des Tentakels ab, der zweite jedoch saß und schleuderte das kraftstrotzende Ding, das ihn peinigte, hinfort.
„Nimm, und sieh zu, dass du uns hilfst, uns diese hässlichen Riesenviecher vom Leib zu halten!“, sagte Sigurd, nachdem er den Barbaren endlich an die Oberfläche zurückbefördert hatte und ihm dessen zuvor verlorenes Schwert in die Hand drückte.
Wie Cord erkannte, hatte sich die Lage am Rande des Kraters zugespitzt. Die Hauptbedrohung für die Gefährten war momentan nicht das in dem tiefen Loch wohnende Lebewesen mit den vielen Greifarmen, die sie zunächst leichtsinnigerweise für Pflanzenranken gehalten hatten, sondern die Fiekenkönigin, die ihnen mittlerweile ganz schön auf die Pelle gerückt war. Während die gewöhnlichen Zenta-Kormurûl auf dem Grat des Hügels, über den die Bestie in die Mulde gekommen war, zurückgeblieben waren und sich vorerst mit einer Beobachterrolle zufrieden gaben, zeigte sich ihre Anführerin weitaus weniger zurückhaltend. Das schreckliche, viele Schritt hohe Monster befand sich mitten unter ihnen und hieb mit seinen Klauenarmen nach allem, was sich bewegte. Immer wieder ließ es den oberen Teil seines Körpers
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