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Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)

Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)

Titel: Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swetlana Alexijewitsch
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mir nicht vor den Füßen herumbaumelte. Vor mir lief an der Leine mein Hund Nelka. Wenn sie eine Granate oder eine Mine fand, setzte sie sich davor und wartete, bis sie entschärft war. Mein treuer Freund ... Nelka setzt sich hin ... Wartet und winselt ... Da wird eine Meldung durchgegeben: ›Leutnant, zum General!‹ Ich drehe mich um: Auf dem Feldweg steht ein ›Willis‹. Ich springe über den Straßengraben, zerre im Laufen den Mantel runter, rücke Koppel und Käppi zurecht. Trotzdem sehe ich ziemlich ramponiert aus.
    Ich renne zum Wagen, reiße die Tür auf und mache Meldung: ›Genosse General, auf Ihren Befehl ...‹
    Er: ›Danke ...‹
    Ich stehe stramm. Der General dreht sich nicht einmal zu mir um, er blickt durchs Autofenster auf den Weg. Er ist nervös, sieht dauernd auf die Uhr. Ich stehe stramm. Er wendet sich an seine Ordonnanz: ›Wo bleibt denn der Kommandeur der Pioniere?‹
    Ich setzte wieder an zu meiner Meldung: ›Genosse General ...‹
    Schließlich dreht er sich ärgerlich zu mir um: ›Dich kann ich nicht gebrauchen!‹
    Nun ist mir alles klar, ich muss beinahe lachen. Die Ordonnanz begreift zuerst: ›Genosse General, vielleicht ist sie ja der Zugführer?‹
    Der General starrt mich an.
    ›Wer bist du?‹
    ›Pionier-Zugführer, Genosse General.‹
    ›Du bist der Zugführer?‹ Er ist empört.
    ›Jawohl, Genosse General!‹
    ›Hör schon auf mit deinem General, General ...‹
    Er klettert aus dem Auto, läuft ein paar Schritte, dann dreht er sich zu mir um. Mustert mich von Kopf bis Fuß. Und sagt zu seiner Ordonnanz: ›Sieh dir das an!‹
    Mich fragt er: ›Wie alt bist du denn, Leutnant?‹
    ›Zwanzig, Genosse General.‹
    ›Woher kommst du?‹
    ›Aus Sibirien.‹
    Er fragte mich noch lange aus, schlug mir vor, in seine Panzereinheit zu wechseln. Er war empört, wie ich aussah: Das würde er nicht zulassen. Sie bräuchten dringend Pioniere. Dann führte er mich ein Stück weg und zeigte auf den Wald.
    ›Da drüben stehen meine Panzer. Ich will sie über die Bahnlinie schicken. Schienen und Schwellen sind demontiert, aber die Strecke ist vielleicht vermint. Tu den Panzersoldaten einen Gefallen, überprüf die Strecke. Hier kommen wir bequemer und schneller zur Frontlinie. Weißt du, was ein Überraschungsangriff ist?‹
    ›Ja, Genosse General.‹
    ›Na dann, mach’s gut, Leutnant. Bleib unbedingt am Leben bis zum Sieg, er ist nicht mehr weit. Verstehst du!‹
    Die Bahnstrecke war tatsächlich vermint. Wir beräumten sie.
    Alle wollten den Sieg noch erleben ...
    Im Oktober vierundvierzig überschritt unser Bataillon, das zur zweihundertzehnten Minenlegereinheit gehörte, zusammen mit den Truppen der Vierten Ukrainischen Front die Grenze zur Tschechoslowakei. Wir wurden überall freudig empfangen. Dass ein Mädchen einen Männerzug befehligte und sogar selber Minen legte und entschärfte, war eine Sensation. Ich trug einen Jungenhaarschnitt, lief in Hosen und Uniformjacke rum, hatte männliche Manieren entwickelt – kurz, ich wirkte wie ein junger Bursche. Manchmal ritt ich auf einem Pferd in ein Dorf ein, dann war es besonders schwer festzustellen, wer da auf dem Pferd saß, doch die Frauen spürten es immer und betrachteten mich genauer. Weibliche Intuition ... Es war lustig. Sehr lustig, wenn ich in ein Quartier kam, wo ich untergebracht war, und die Hausherren feststellten, dass ihre Einquartierung zwar Offizier war, aber kein Mann. Sie rissen den Mund auf vor Staunen ... Wie im Stummfilm ... Das ist nicht übertrieben ... Ich gebe zu, das gefiel mir. Es gefiel mir, auf diese Weise zu verblüffen. Das passierte mir auch in Polen. Ich erinnere mich, in einem kleinen Dorf strich eine alte Oma mir über den Kopf. Ich ahnte, was sie wollte: ›Will die Pani wissen, ob ich Hörner hab?‹ Sie wurde verlegen und sagte, nein, nicht doch, sie habe nur Mitleid mit mir, ›einer so jungen kleinen Pani‹.
    Minen gab es auf Schritt und Tritt. Sehr viele. Einmal kamen wir in ein Haus, irgendjemand entdeckte die chromledernen Stiefel, die an auffälliger Stelle standen. Er wollte schon die Hand danach ausstrecken. Ich rief: ›Nicht anfassen!‹ Ich sah sie mir genauer an und stellte fest, dass sie vermint waren. Wir fanden verminte Sessel, Kommoden, Anrichten, Puppen, Lampen ... Die Einwohner baten uns, Beete mit Tomaten, Kartoffeln und Kohl zu entminen. Einmal mussten wir, bevor wir mit Teigtaschen bewirtet wurden, erst ein Weizenfeld entminen und sogar einen Dreschflegel, damit

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