Der Krieger und der Prinz
Winzige Zitronenbäume und Paprikastauden mit glänzenden Blättern wuchsen in Keramiktöpfen und erfüllten die Luft mit einem sanften Duft, der vom Süden kündete. Diese Pflanzen waren in Langmyr nicht heimisch und konnten die Winter dort wahrscheinlich nicht überleben. Sie mussten aus dem Süden importiert worden sein, und Bitharn dachte, dass es für Lord Inguilar sprach, dass er die Kosten dafür tragen wollte, Pflanzen aus Ardashir holen zu lassen, um seine Gemahlin mit Düften aus ihrem Heimatland zu trösten. Sie hatte gewiss nicht erwartet, dass ein Lord, der in dieser Burg lebte, so großzügig war.
Auf einem Tisch ungefähr in der Mitte des Raums standen Tee, Früchte, Brot und Käse. Weder Wein noch Fleisch, wie Bitharn anerkennend bemerkte; ihre Gastgeber wussten und respektierten, dass den Gesegneten so etwas verboten war.
Lady Isavela Inguilar und ein älterer Mann, kostbar gekleidet in feine, grüne Wolle und grauen Fuchspelz, saßen bei Tisch. Der Mann musste Lord Eduin sein, vermutete sie; außer ihm würde in seiner Burg wohl niemand ein goldenes Diadem tragen. Er war schlank und glatt rasiert und verströmte eine reservierte Höflichkeit, die dem Blick aus den graugrünen Augen nur zum Teil seine Schärfe nahm. Es befanden sich keine Diener im Raum.
»Seid uns willkommen«, sagte die Lady, stand auf und streckte ihren Gästen die Hände entgegen. »Ich weiß, Ihr müsst hungrig sein.«
»Vielen Dank«, erwiderte Kelland. Die Celestianer füllten ihre Teller und nahmen auf den freien Stühlen Platz, und für eine Weile sprachen sie von angenehmen und belanglosen Dingen. Der Lord und die Lady von Distelstein waren großzügige Gastgeber und zeigten endloses Interesse an den Einzelheiten der früheren Reisen des Verbrannten Ritters. Zu Bitharns Überraschung schienen sie auf ihre eigenen Taten genauso neugierig zu sein wie auf seine, und ihr Interesse war niemals bloße Höflichkeit. Sie wollten ehrlich alles wissen, und obwohl Bitharn versuchte, Themen zu meiden, die den Interessen ihres Tempels zu nahe kamen, merkte sie voller Unbehagen, dass sie mehr preisgab, als sie eigentlich wollte.
Als die Mahlzeit schließlich beendet war und eine Gesprächspause eintrat, räusperte Lord Eduin sich. »Wir haben Euch nicht nur aus Höflichkeit eingeladen«, sagte er, während er einen Blick mit seiner Gemahlin wechselte. »Tatsächlich stehe ich im Begriff, sehr unhöflich zu sein. Wir möchten Euch um einen Gefallen bitten.«
»Wir brauchen Eure Hilfe.« Isavela verschränkte die mit Juwelen geschmückten Hände auf dem Schoß. »Heute Morgen haben wir einen Vogel von der Grenze bekommen. Eines unserer Dörfer, Weidenfeld, wurde … ausgelöscht.«
»Ausgelöscht?« Kelland beugte sich vor.
»Das Dorf selbst steht noch, wenn unsere Informationen zutreffend sind«, erklärte Lord Eduin. »Aber jeder Mann, jede Frau und jedes Kind – alle, die dort gelebt haben, sind jetzt Leichen. Die Bewohner Weidenfelds waren nicht die Einzigen, die gestorben sind. Sir Galefrid von Bullenmark – Lord Ossarics Erbe – und sein gesamtes Gefolge sind mit ihnen gestorben.«
»Wie?«, fragte Bitharn.
»Einige durch Pfeile, aber die meisten durch Hexerei. Die gleiche Hexerei, die bei Thelyandfurt getötet hat und die König Merovas noch immer mit heiligem Schrecken erfüllt.«
»Dornen.« Kelland zischte das Wort zwischen den Zähnen hervor. Bitharn verkrampfte sich und sah ihn unbehaglich an, aber der Ritter war ganz auf Isavelas Geschichte konzentriert und bemerkte ihren Blick nicht. Grübelnd nippte Bitharn an ihrem Tee.
Sie wusste nicht viel über die Dornen. Niemand tat das. Sie waren gesegnet durch Kliasta, die Bleiche Maid, wie die Sonnenritter und Erleuchteten gesegnet waren von Celestia, und sie waren ein uralter Feind im Glauben. Aber die Einzelheiten ihres Glaubens und die Magie, die ihnen zur Verfügung stand, waren schon vor langer Zeit zu Mythen geworden. Ihre Religion war im Westen vor fast tausend Jahren ausgerottet worden und erst kürzlich unter dem Schutz von Ang’artas Armeen zurückgekehrt. Der neue Lordkommandant von Ang’arta, derjenige, den man die Goldene Geißel nannte, hatte den Glauben der Bleichen Maid mit seiner Gemahlin aus dem Osten zurückgebracht. Bei Thelyandfurt hatte jemand das erste Mal seit Jahrhunderten in diesem Teil der Welt die Dornen entfesselt gesehen, und es war ein Gemetzel gewesen. Das war buchstäblich alles, was Bitharn über sie wusste, aber es war genug. Falls
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