Der Krieger und der Prinz
ertragen konnte.
Bitharn saß ab und trat ein.
Einige Minuten später kam sie wieder heraus und stieg über die Leichen an der Tür. Sie machte drei lange Schritte weg von der Kapelle, dann beugte sie sich, die Hände auf die Knie gestützt, vor und atmete gierig ein, um den Gestank aus ihren Lungen zu vertreiben. Ihre Augen tränten von dem Geruch, und sie wusste, dass sie ihn niemals von den Stiefeln bekommen konnte, aber das spielte in diesem Moment keine Rolle. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen – sie hatte sich nicht übergeben, aber sie wollte es – und stieg wieder in den Sattel, um nach Kelland zu suchen.
Er betete auf den Knien neben zwei kleinen, verhutzelten Leichen. Ein Mädchen und ein Junge, vermutete sie aufgrund der Kleider. Die Leichen waren in keinem Zustand, der weitere Fingerzeige gegeben hätte. Blutig glänzende Körner umgaben den Kopf des Jungen wie Tröpfchen, die niemals trocknen würden. Bitharn wartete, bis Kelland seine Gebete beendete, ein Sonnenzeichen über den Kindern machte und sich erhob; dann hüstelte sie diskret, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
»Was gibt es?«, fragte er und beschattete die Augen gegen die tief stehende Sonne, während er zu ihr aufblickte.
»Was hat Lord Eduin noch gesagt, wer hier gestorben ist? Ich meine, wessen Mord untersuchen wir?«
»In Celestias Augen sind sie alle gleich. Aber Lord Inguilar hat sich Sorgen gemacht um Sir Galefrid, dessen Gemahlin und ihrer beider Sohn.«
»Und der Sohn ist ein Säugling?«
»In Windeln.«
»Ich glaube nicht, dass er hier gestorben ist.« Bitharn deutete mit dem Kopf auf die Kapelle. Die Krähen waren bereits wieder zum Eingang zurückgekehrt und stritten sich um die besten Brocken. »Ich habe Galefrid und seine Frau gefunden. Auch viele seiner Lehnsleute. Aber unter den Toten sind keine Kinder, erst recht kein Säugling in Decken.«
»Wo könnte er sein?«
»Vielleicht haben die Mörder ihn mitgenommen.« Sie zuckte zweifelnd die Achseln. »Suchen wir nach dem Kind, oder machen wir uns auf die Jagd nach den Dornen?«
»Die Dornen«, sagte Kelland, diesmal ohne jedes Zögern. »Unsere Aufgabe besteht darin, den Mörder zu finden, nicht einen verschwundenen Erben zu suchen. Ich bange um das Kind und bemitleide es, sollte es in feindliche Hände gefallen sein, aber es ist nicht unsere Aufgabe, uns in die Erbfolge hineinziehen zu lassen. Unsere erste Pflicht besteht darin, uns um das Böse von Ang’arta zu kümmern.«
»Wie willst du es finden?« Die Geschichten sagten, dass Dornen durch Schatten gehen und sich hinter den Gesichtern der Toten verstecken konnten. Die Suche nach ihnen wäre gewiss nicht leicht. Sie würden nicht einfach Dorfbewohner fragen können, ob in jüngster Zeit irgendwelche grauenvoll vernarbten Blutmagier vorbeigekommen wären.
Kelland bückte sich und hob drei rot gefärbte Körner auf, die neben dem Kopf des toten Jungen zu Boden gefallen waren. Er betrachtete sie in seinen behandschuhten Fingern, dann wickelte er sie in ein Stück Tuch und schob es sich in eine Tasche. »Die Strahlende wird mich leiten. Aber wir sollten aufbrechen. Es dämmert bald, und ich habe nicht den Wunsch, nach Einbruch der Dunkelheit noch hier zu verweilen.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Bitharn inbrünstig.
Eine Meile von Weidenfeld entfernt schlugen sie ihr Lager auf, wobei sie gegen den Wind gingen, sodass der Geruch nach Verwesung ihnen nicht in den Schlaf folgen würde. Während Kelland im letzten Nachmittagslicht meditierte, kümmerte Bitharn sich um die Pferde, stellte ihr Zelt auf und machte ein kleines Feuer. Sie ging nicht davon aus, dass es so nah bei dem toten Dorf viel Wild geben würde – oder, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, vielleicht wollte sie sich einfach nicht allein zu weit in den Wald hineinwagen –, daher holte sie, statt auf die Jagd zu gehen, die Vorräte hervor, die Lord Eduins Bedienstete ihnen eingepackt hatten.
Er war ein großzügiger Gastgeber gewesen. In ihren Vorratstaschen fanden sich Beutel mit getrockneten Bohnen und geräucherte Würste, doppelt gebackenes, mit Knoblauch gewürztes Brot und kleine, schwarze Samen, die Bitharn nicht kannte. Sie hatten sogar Päckchen mit Salz und Pfeffer eingepackt, ein seltener Luxus so weit landeinwärts. Sie setzte einen Topf mit gelben Linsen, Zwiebeln und Knoblauch auf und schnitt eine Wurst in Stücke, die sie, sobald Kelland gegessen hatte, ihrer eigenen Mahlzeit hinzufügen wollte.
Nachdem sie
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