Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Er hatte nur seinen Stock dabei, auf den er sich stützte, und als er ein paar Schritte am Schwimmbecken entlangging, um einen Blick auf Wymer zu werfen, konnte ich deutlicher als sonst das Hinken seines künstlichen Fußes sehen.
Im Gegensatz zu Wymer schien er es nicht für nötig zu halten, mich zu bedrohen. Ihm war klar, dass ich ihn nicht einfach angreifen würde, bevor wir geredet hatten. Dazu kannten wir uns schon zu lange, und er hatte zu viel für mich getan.
So stand ich also halbnackt inmitten des gurgelnden Beckens, das schon bis zu meiner Hüfte abgelaufen war, und wartete darauf, dass er das Wort an mich richtete.
„Sie haben gute Arbeit geleistet“, sagte er dann und deutete mit dem Stock auf den Safe, der gerade aus dem Wasser auftauchte.
„Ich verstehe nicht ganz, Sir.“
„Ich fragte mich, wie weit Sie gehen würden, um an den Stein zu kommen“, sagte er. „Ich muss bekennen, ich bin beeindruckt. Vielleicht war meine Neugierde etwas zu groß? Na, immerhin haben Sie weder Captain Wymer noch unserem Panzerschrank nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt.“
„Sie wussten, dass Wymer hinter mir her war?“, fragte ich, und er nickte. „Wie lange schon?“
„Eine ganze Weile“, sagte der Wicket-Keeper. „Der Auftrag erforderte, dass Sie sich in unmittelbarer Nähe des Palastes aufhalten, und er erforderte ein gewisses Maß an Exposition. Gleichzeitig gab es aber noch mehr zu tun, denn unsere ausländischen Freunde waren nicht untätig, und Sie können ja schlecht zur selben Zeit im Hydepark und in den Docklands sein.“
„Wollen Sie damit sagen, wir haben die ganze Zeit zusammengearbeitet?“
Der Wicket-Keeper lächelte. „Wie man’s nimmt. Wymer war überzeugt, dass Sie uns verraten würden, und recht motiviert, als ich ihm Gelegenheit gab, sein Talent zu tragen und Ihre Treue auf die Probe zu stellen.“
„Wymer dachte, er nähme an einer Maulwurfsjagd teil?“
„Wymer glaubte, Sie seien nur die Ablenkung und es ginge in Wahrheit um ihn und seinen Einsatz. Sie wissen, wie es mit den Talenten ist. Sie können Ihrem Gefährten einen gewissen Größenwahn kaum zum Vorwurf machen; sein überhöhtes Konkurrenzdenken schon eher. Doch auch das kommt vor.“ Gedankenvoll betrachtete er den Bewusstlosen. „Jetzt wissen Sie, warum normalerweise nur ein Mann pro Team talentiert ist.“
„Sie haben uns gegeneinander ausgespielt“, stellte ich fest. „Bei allem Respekt ...“
„Sie sind der Batsman“, unterbrach mich der Admiral. „Die Aufgabe des Bowlers war es, Ihnen die Bälle zuzuspielen, und das hat er getan.“ Er hob die Hände. „Gratulation. Sie haben vollbracht, was niemand für möglich hielt. Sie haben die drei Steine beizeiten wieder vereint. Nach sechs mal zwölf langen Jahren.“
„Sir ...“, zögerte ich.
„Wissen Sie, was ich so an Ihnen schätze, Captain?“, fuhr der Wicket-Keeper fort und schmunzelte. „Immer schon, auch als Sie noch bei den Marines waren?“ Er sah auf mich herab, und es war fast wie damals, nach dem Krieg, als er das erste Mal zu mir kam. Allerdings hatte ich damals nicht in einem Schwimmbecken gestanden, sondern unter einem Tisch in einer Hafenkneipe in Hongkong gelegen, und die Nässe an meinem Körper war eine andere gewesen; das Trinken war mir damals noch leichter gefallen. Ich hatte ihm vor allem deshalb zugehört, weil ich dachte, ich läge wieder in meinem alten Bett, und mein Vater beuge sich über mich.
„Sie treffen Ihre Entscheidungen Schritt für Schritt“, sagte der Wicket-Keeper, „und haben, wie Sie selbst sehr gut wissen, die Angewohnheit, einmal Angefangenes auch zu Ende zu bringen. Niemand außer Ihnen hätte einen Einsatz wie den am Yong so durchgeführt wie Sie, und niemand außer Ihnen war besser geeignet, Sektion Cricket an ihr Ziel zu bringen. Ich wusste, wenn ich Sie hier unten antreffe, sind Sie nur noch einen Schritt vom Ziel entfernt.“
„Sir“, sagte ich. „Sie haben meine Frau in ihrer Gewalt.“
Ich war nicht sicher, warum ich ihm das sagte oder was ich von ihm zu hören hoffte. Wahrscheinlich wollte ich einfach, dass er mich verstand.
Doch der Admiral zuckte nur die Achseln. „Das ist bedauerlich, aber ich bin sicher, ihr wird nichts zustoßen. Der Niederländer und Aarons Mädchen wollen doch beide dasselbe. Dasselbe wie Sie.“ Er schmunzelte wieder und wirkte auf seltsame Weise wehmütig dabei. „Dasselbe wie ich.“
„Sie wollen, dass ich ihnen den Koh-i-Noor bringe“, sagte ich
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