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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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folgte ihrem Blick und bemerkte eine leere Champagnerflasche auf dem Nachttisch. „Mein ... Mann und ich.“
    „Sie sind ...?“
    „Betty“, schluckte sie.
    „Betty, und wie weiter?“
    „Betty Capote.“
    „Amerikanerin?“
    Sie nickte. „Aus New York.“
    „Ihr Mann ist ...?“
    „Nicht hier“, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    Ich warf Bailey einen argwöhnischen Blick zu. Er zuckte die Achseln, dann zog er die Gardinen auf und studierte einen Augenblick lang die Regenmuster auf der Scheibe. Dann riss er sich los und begann, im Zimmer umherzuschlendern.
    „Eines Tages werde ich wiederkommen und dieses widerliche Hotel niederreißen“, prophezeite Betty düster.
    „Erzählen Sie mir mehr darüber“, ermunterte sie Bailey, während er Blicke hinter den Kleiderschrank und unter das Bett warf.
    „Meinem Vater gehört eines der größten Hotels an der Ostküste“, brüstete sich Betty, und ich glaubte ihr sogar. „Was Ihnen in Europa fehlt, sind Klasse und Größe . “
    „Wo ist ihr Mann hin?“, fragte ich, und sie zögerte.
    „Er wollte Eis holen“, erläuterte sie laut. „Höchstwahrscheinlich ist er schon auf dem Weg nach Norwegen. Der Service in diesem Haus ist erbärmlich.“
    „Da könnten Sie recht haben“, meinte Bailey und unterbrach seine Besichtigung. Er trat zu uns und gab mir den Abzug des Bildes, das Betty und ihre Bekanntschaft vor dem Lyceum zeigte.
    „Decken Sie diesen Mann, Miss Capote?“, fragte ich höflich und hielt ihr das Bild vor die Nase. „Das sollten Sie nicht. Der Mann ist ein gesuchter Krimineller, der schon mehrere begüterte Damen wie Sie in den Kanälen Brügges hat verschwinden lassen.“
    Bailey wandte sich ab, damit sie nicht sehen konnte, wie ein Lachen über sein Gesicht blitzte. Betty fasste sich entsetzt an die Kehle. Ich wusste, wir hatten sie.
    „Was hat er Ihnen erzählt?“, erkundigte ich mich. „Hat er Ihnen gedroht?“
    Da sprudelte es aus ihr heraus. „Ich kenne ihn kaum! Ich habe ihn gestern Abend in der Oper getroffen. Er sagte, sein Name sei Frans, aber viel lieber nennt er sich ‚Ingenieur ‘ . Er sagt, er sei Niederländer, und er hat ein ganz außerordentliches Geschick mit ...“ Hier brach sie ab und seufzte tief.
    „Hatte er vielleicht das hier bei sich?“, fragte Bailey und reichte ihr ein weiteres Blatt. Sie warf einen Blick darauf und nickte.
    „Er hatte es die ganze Nacht auf dem Nachttisch stehen“, sagte sie. „Ich dachte, vielleicht ist es eine Art Fetisch. Sie wissen schon.“
    Bailey hob neugierig eine Braue. Betty biss sich auf die Lippen.
    „Jedenfalls“, beeilte sie sich zu sagen, „ist es nicht mehr hier. Er sagte, er dürfe es nie aus den Augen lassen. Weil er sonst seine Stärke verlöre oder so.“
    Ich nahm ihr das Blatt ab und studierte es. Die Zeichnung zeigte einen doldenförmigen Gegenstand, der entfernt an eine Maisstaude erinnerte. Fremdartige Symbole bedeckten seine Oberfläche wie die Flecken einer Raubkatze.
    Ich erstarrte.
    „Ich wusste es“ , dachte ich. Oder hätte es wissen müssen . Der Gegenstand, den Sir Malcolm der Loge entwendet und mit dem Leben bezahlt hatte, war eines der Arakan-Artefakte.
    Ich fasste mir an die Kehle, denn einen Moment schien sich das Geschmeide um meinen Hals zusammenzuziehen wie eine warme, freundliche Hand, die langsam, aber stetig zudrückt.
    „Wann ist Ihr Mann gegangen?“, fragte ich. Sie hob trotzig die Schultern, denn sie spürte, dass alles, was sie jetzt noch sagte, sie nur noch weiter in Schwierigkeiten bringen würde – und ich spürte, dass sie uns etwas verschwieg. Ich warf Bailey einen kurzen Blick zu. Betretene Stille breitete sich aus.
    Da trat er neben mich und legte mir sanft den Arm um die Schultern. Den Zeigefinger der anderen Hand hob er an die Lippen. Ich erstarrte.
    Da hörte ich es auch. Ich schämte mich, es nicht früher wahrgenommen zu haben.
    Ein Tropfen drang aus dem angrenzenden Bad.
    „Commissioner?“, wisperte ich und hob eine Braue. Bailey hob entschuldigend die Arme. Ich glitt vom Bett und bezog neben der Badezimmertür Stellung. In einer fließenden Bewegung trat er auf die andere Seite der Tür, drückte sich an die Wand und streckte die Hand nach dem Türknauf aus. Betty hielt die Luft an.
    Bailey hob dramatisch den Schirm und zählte stumm bis drei. Ich nickte.
    Dann riss er Tür auf, Betty stieß einen weiteren spitzen Schrei aus, und ich sprang ins Bad.
    Das Badezimmer war leer – und auch wieder nicht. Es war wie

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