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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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dem Wasser. Ich sah Schaufelraddampfer und dampfbetriebene Schlepper, die Schuten wie Prunkschiffe die Themse hinaufzogen. Eine chinesische Dschunke segelte keck zwischen den Dampfern umher und wirkte wie ein verirrter Schmetterling zwischen ihren trägen Leibern.
    Weiter östlich, jenseits der London Bridge, erhob sich der kahle Wald der Schiffsmasten in den Docks, dort, wo die eleganten Klipper und schweren Windjammer aus dem fernen Osten oder der Karibik anlegten, bewacht von Kriegsschiffen mit mehr Kanonendecks, als die Häuser in Lambeth Stockwerke besaßen. Die Docks waren eine Maschine, die Geld ins Herz des Britischen Reiches pumpte. Der Himmel aber hing dunkel und tief über den Schiffsmasten, und die Dächer waren schwarz vor Ruß. Hätte ich mich nicht bereits an diesen unwirklichen Anblick gewöhnt, ich hätte gedacht, eine schwere Katastrophe stehe bevor, und London sei eine sieche, vergiftete Stadt.
    Wir verließen die Brücke und bogen in den Strand ein. Wir kamen nur schleppend voran. Bailey wies auf den imposanten, von sechs Säulen gestützten Portikus des Lyceums. Ich erkannte den Anblick wieder. Bailey nickte heiter.
    „Hier versüßte sich unser flüchtiger Kunstliebhaber die Stunden, nachdem er sich an Sir Malcolm so verausgabt hatte. Hier gelang auch dem engagierten Journalisten der Illustrated News seine spektakuläre Aufnahme. Er sagt aus, der fragliche Herr habe anschließend in Begleitung der fraglichen Dame eine Droschke bestiegen. Wenn sie nicht alle guten Sitten vergessen haben, werden sie sich ein Hotel genommen haben.“
    „Wo wäre dieses Hotel zu finden?“, fragte ich.
    „Das weiß nur der Fahrer“, sagte Bailey und lehnte sich zufrieden zurück. „Aber wie alle guten Dienstleistungen im Königreich untersteht auch diese der Kontrolle einer tüchtigen Behörde, in diesem Fall des Public Carriage Office , das wiederum der Metropolitan Police untersteht. Ich habe mein Anliegen bereits vorgetragen, und hoffe, sie haben mittlerweile ein paar Antworten für mich. Oder besser noch, sie haben den Mann, der die Antworten kennt.“
    „Ich bin beeindruckt“, schmeichelte ich.
    Wir erreichten Trafalgar Square. Der Platz war wie immer verstopft von Droschken und Omnibussen, auf deren Dächern die Männer grimmig ihre Hüte festhielten.
    „Wohin genau, Sir?“, fragte der Kutscher.
    „Great Scotland Yard!“, rief Bailey.
    „Sie werden mir wahrscheinlich nie verraten, woher Sie all die Leute nehmen, die Sie mit Antworten versorgen“, seufzte ich.
    Er lächelte, während wir uns unter den wachsamen Augen Admiral Nelsons Richtung Whitehall schoben. „Die Antwort würde Sie enttäuschen“, versicherte er mir. „So ist es meist mit Geheimnissen.“
    „Der Wahrung Ihrer Geheimnisse zuliebe werde ich im Wagen warten“, beschloss ich, als wir vor dem Hauptquartier der Londoner Polizei hielten. Zwei blauuniformierte, mit Knüppeln bewaffnete Konstabler flankierten den Eingang und machten ein Gesicht, als seien sie recht stolz auf ihre Aufgabe. „Aber sagen Sie, ist es wahr, dass Sie den Aufbau Ihrer Sicherheitskräfte einem französischen Kriminellen verdanken?“
    Bailey murmelte eine undeutliche Antwort und verschwand im Inneren. Ich schloss lachend die Augen und genoss die Sonnenstrahlen, die über mein Gesicht tanzten.
    Es dauerte keine zehn Minuten, bis er wieder da war. Er wirkte äußerst erregt. „Bond Street, Clarendon Hotel!“, wies er den Kutscher an, der seine Pferde pflichtschuldig zum Wenden brachte und wieder in den Verkehr hinaus lenkte, wodurch wir dem Gegenverkehr einige Unannehmlichkeiten verursachten „Rasch, wenn ich bitten darf.“
    „Der Mann mit den Antworten?“, erkundigte ich mich.
    Er nickte und hielt sich den Hut, während wir unter den missbilligenden Blicken der beiden Konstabler davonpreschten. „Der Kutscher sagt aus, er habe unsere Turteltauben gestern vom Lyceum ins Clarendon gefahren. Sie schienen begierig auf Privatsphäre gewesen zu sein. Die Dame hatte einen amerikanischen Tonfall. Sie bezahlte die Fahrt, und das nicht zu knapp. Unser Mann, soweit ich das erfahren konnte, heißt Franz und spricht ebenfalls mit Akzent.“
    „Deutscher? Österreicher?“
    „Wer weiß – der Kutscher brachte es nur über sich, ihn als ,angeschlagen ‘ zu beschreiben. Aber er erkannte das Bild wieder.“
    „Er kann nicht allzu angeschlagen gewesen sein, wenn er sich entschloss, die Nacht mit der Dame zu verbringen“, hielt ich dagegen.
    „Sie entsetzen

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