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Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Der Kristallpalast: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka , Matthias Mösch , Alexander Flory
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„Kraft“ bedeuten. Er fragte, ob das Wort in einem Zusammenhang gebraucht würde, der eine Verbindung zu der alten Legende suggeriere, was ich verneinte. Ich sah ihm aber an, dass er seine Zweifel hegte und noch lange wach lag und darüber nachsann, als unsere Wache bereits beendet war und Sgt. O’Lannigan sich an den Resten des Feuers wärmte.
    Während ich so dalag, schien mir, dass auch Hall eine unruhige Nacht durchlebte, und ich fragte mich, welche Antworten es waren, deren Ermangelung dem Leutnant den Schlaf raubten.

Miss Niobe
    Spielregeln
    E ine Weile war ich einfach sprachlos. Tatsächlich war ich ziemlich lange sprachlos, und nur der Tatsache, dass selbst ein Offizier der British Army in Belgravia nicht so mir nichts, dir nichts an eine Kutsche kam, verdankte ich es, dass ich ihn überhaupt noch erwischte, nachdem ich mich in aller Eile in ein paar von Mrs. Lincolns alte Sachen gezwängt und so schnell es ohne Aufsehen zu erregen ging hinter ihm hergeeilt war.
    Die Verkleidung war abscheulich, und die Sachen kniffen und kratzten, aber sie erfüllten ihren Zweck. Auf den ersten Blick ging ich als Dienstmädchen durch, und auf den zweiten vergaßen die meisten Passanten, dass sie mich überhaupt gesehen hatten. Zumindest war es das, was ich allzu neugierigen Gaffern zu suggerieren versuchte, auch wenn ich noch wacklig auf den Beinen und verunsichert von der unverhofften Begegnung war. Erst mit der Zeit gelang es mir, mein Talent in den Griff zu bekommen und die Gefühle des Captains in der Menge auszumachen. Sie bildeten ein bizarres Muster aus Selbstgefälligkeit und Unzufriedenheit.
    Während ich ihm gerade noch in Sichtweite folgte, überlegte ich, was eigentlich schiefgegangen war.
    Es war damit zu rechnen gewesen, dass mein Kampf mit Frans in aller Öffentlichkeit noch ein Nachspiel haben würde, und selbst Bailey stand nicht über dem Gesetz und war nicht unauffindbar für Leute, die gründlich genug suchten. Allein, der Besuch war zu einem ungünstigen Zeitpunkt gekommen und hatte mich geschwächt und unvorbereitet erwischt. Auch hatte ich nicht mit der Sturheit und der unverhohlenen Feindseligkeit des Captains gerechnet.
    Ich muss gestehen, dass er im ersten Moment attraktiv auf mich gewirkt hatte, wie er da in der Tür stand. Vielleicht hatte ich deshalb den Fehler begangen zu glauben, ich könne leichtes Spiel mit ihm haben. Er hatte ein auffallendes Gesicht, kantig, aber nicht grobschlächtig; sein kurzes blondes Haar war unter dem Hut in Unordnung geraten, und der Blick seiner hellen Augen hatte eine Unnachgiebigkeit, die man wohl als kampferprobt beschreiben würde. Er war ein athletischer Mann, den man sich gut beim Sport oder auf der Jagd vorstellen konnte. In Zivil wirkte er nicht sehr überzeugend. Leider war sehr schnell klar geworden, was er derzeitig als seine Beute betrachtete.
    Das alles war aber nichts im Vergleich zu meiner Angst, als ich erkannte, dass auch er einen Shila trug. Wie die Nähe von Kristallen und Artefakten meinen sechsten Sinn beeinflussten, hatten auch Shilas eine charakteristische Färbung, eine Note, die ihre Träger für mich herausstechen ließ. Manchmal brauchte es eine Weile, bis ich sie wahrnahm, ein Irrtum war aber ausgeschlossen. Ich hatte diese Erfahrung schon früh in meiner Ausbildung gemacht; schließlich verfügte die Loge über einige Shilas, und die Art, wie die Talente und die Kristalle in Wechselwirkung traten, war lange der Schwerpunkt ihrer Forschung gewesen.
    Allerdings hatte ich noch nie außerhalb der Loge mit einem Shila zu tun gehabt. Selten einmal waren Kristallartefakte in den Kreisen der Londoner Oberschicht aufgetaucht, aber ihre Besitzer hatten meistens gar nicht recht gewusst, womit sie es zu tun hatten, und es war mir stets ein Leichtes gewesen, sie um ihren Besitz zu erleichtern. Nur wenigen Eingeweihten, wie Mr. Faraday, gestattete man, sie zu testen. Aber auch ihm hätte man nie auf Dauer einen Shila überlassen. Dazu waren diese Steine einfach zu wertvoll; wenn an den Legenden über die Shakti Pithas etwas dran war, konnten auf der ganzen Welt höchstens 52 Stück existieren, und viele waren schon verschollen gewesen, lange bevor Männer wie Bailey davon Wind bekamen und begannen, nach ihnen zu suchen.
    Ich war in einer verfahrenen Situation. Selbst wenn ich meinen Zorn und meine Neugierde hintanstellte, so hatte ich es hier mit einem Mann zu tun, der definitiv mehr wusste, als er wissen sollte, und der etwas besaß, was die

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