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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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mitzuführen.«
    »Würdet Ihr mir die Wunde nähen?«, fragte er höflich. »Ich will nicht zuviel Blut verlieren …«
    »Sicherlich«, sagte sie und fing in ihrem Beutel an zu wühlen. »Musste diese Prügelei denn sein?«, fragte sie, als sie anfing, ihm den Schnitt mit Kornbrand zu säubern, und den ersten Stich ansetzte.
    Ragnar zeigte nicht, ob es ihn schmerzte, als die Nadel ihm durch die Haut ging. »Macht es gut«, flüsterte er, »sonst schimpft mich mein Weib zu sehr, sie mag keine Narben an mir, sie meint, ich hätte schon genug.« Er nahm einen tiefen Schluck von seinem Dunkelbier. »Was das kleine Schauspiel eben anging, war es die schnellste Art zu zeigen, dass ich der bin, der ich vorgebe zu sein, vergesst nicht, man hält mich seit Jahren für tot. Ein anderer Weg wäre gewesen, einen Boten in die Heimat zu entsenden, der mit einem wiederkommt, der mich erkennen kann … so aber ging es schneller. Götter«, fluchte er. »Ich hasse es, wenn man mir mit der Nadel auf dem Knochen kratzt!«
    »Das war ein Stück Eures Kettenmantels, Ragnar«, meinte Serafine entschuldigend. »Ich konnte es ja schlecht drinnen lassen!«
    »Da habt Ihr recht, ich muss es dennoch nicht mögen!«, knurrte er und hielt sein Horn hoch, um sich von einer jungen blonden Frau, die ihn mit großen Augen bewunderte, neu einschenken zu lassen.
     
    »Was ist mit Angus?«, fragte ich leise. Soviel ich verstanden hatte, war sein Name noch nicht gefallen.
    »Ich warte darauf, dass einem von ihnen einfällt, dass Angus mich erkennen sollte. Und dass er keinen Ehrverlust erlitten hat, wenn ich so offensichtlich lebe.« Er warf einen Blick in die Runde, wo jedes zweite Augenpaar ihn nachdenklich musterte. »Wenn du wissen willst, Havald, wie es unter Wölfen ist, dann siehst du es hier! Jeder überlegt, ob es ihm nutzen wird oder schaden, dass ich wieder lebe und hier sitze«, meinte Ragnar leise. »Ich bringe Pläne durcheinander, das ist gewiss. Jeder hier denkt, ich bin hier, um doch die Königswürde einzufordern, und ihr könnt euch sicher sein, dass ich dem größtem Teil hier ein Dorn im Auge bin. Wenn mein Vater starb, wie die Sera sagte, dann steht schon lange fest, wer jetzt die Krone tragen soll … doch ich bin nicht der, für den man plante.«
    Serafine und mich ignorierte man weitgehend, so konnten wir uns das Schauspiel in Ruhe ansehen. Lange dauerte es nicht, es fing mit einem Streitgespräch zwischen zweien an, Angus’ Name fiel, ein anderer kam hinzu, dann ein vierter … Immer lauter wurde der Streit, und immer weitere Kreise zog er. Einer der Varländer warf seinen Becher quer durch den Raum, knurrte etwas und stapfte dann trotzig davon.
    »Was geht vor sich?«, fragte ich leise, während Serafine den letzten Stich tat und den Faden mit ihren Zähnen abbiss.
    »Danke«, meinte Ragnar bewundernd zu ihr. »Es ist ein wahres Kunstwerk, es klafft nicht mal ein Rand.«
    »Ich habe leidlich Übung darin«, meinte Serafine bescheiden und packte ihr Besteck zur Seite.
    »Was Angus angeht«, sprach Ragnar weiter. »Der, der gerade ging, war der Ankläger. Jetzt, da sich zeigt, dass die Anklage falsch war, muss er Angus gegenübertreten. Der Mann ist verärgert und sagt, dass er nicht wissen konnte, dass ich lebe, aber der alte Krieger dort drüben meint, man konnte auch nicht wissen, dass ich tot bin. Also werden wir Angus gleich wiedersehen.« Er verzog das Gesicht. »Das Problem daran ist, dass der Ankläger der Sohn des Barons ist, der hier für den König spricht, und wohlgelitten. Jetzt ist man gar nicht mehr erfreut, dass ich noch lebe.«
    »Der Mann, der dich mit dem Trinkhorn eben noch begrüßt hat?«
    »Ja«, meinte Ragnar grimmig. »Ab jetzt sind wir alle besser beraten, hier nichts mehr zu trinken, was nicht zumindest ein Hund zuvor verkostet hat.«
    »Ich glaube, dann trinke ich besser nichts«, sagte Serafine und schüttelte sich.
    »Warum nicht?«, fragte Ragnar erstaunt.
    »Was ein Hund verkostet hat?«, meinte sie und zog eine Augenbraue hoch.
    »Ihr seht das falsch«, ergänzte er. »Manche Hunde sind sauberer als manche Leute, die ich kenne, und leichter zu bewegen, für ihren Herrn zu sterben. Und, was auch noch wichtig ist, deutlich schwerer zu bestechen!«
    Serafine und ich wechselten einen Blick. Spätestens jetzt hätte ich ihm geglaubt, dass er ein Königssohn war. So zu denken, lernt man nur an einem Hof.
    Der Ankläger kam wieder, nackt bis auf einen Lendenschurz, stellte sich vor uns in den Rund

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