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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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bewegen sich zur Musik, aber nicht wirklich im Takt. Dafür sind Oasis ein wenig zu schnell. Oder sie ein wenig zu langsam. Aber das kümmert beide nicht wirklich.
    Evelyn summt den Text mit.
    Tom versucht sich abzulenken, um nicht dauernd an diesen einen Kuss denken zu müssen. Da macht er einen falschen Schritt und steigt Evelyn auf die Füße. Nicht so richtig, nur auf die Schuhspitze, aber dennoch so, dass sie es immerhin merkt.
    Sie sehen sich an und kommen noch mehr aus dem Takt, als sie eh schon sind.
    „Sorry“, sagt Tom.
    „Nichts passiert“, meint Evelyn und zieht sich noch dichter an ihn heran.
    „Ich kann nicht tanzen“, sagt er.
    Sie zuckt unbekümmert mit den Schultern. „Ich auch nicht. Ist doch scheißegal.“
    Sie tanzen weiterhin zu Liam Gallaghers etwas kratziger Stimme, was nun mehr wie ein Auf-der-Stelle-Gehen aussieht und wirkt, als wären sie betrunken.
    Irgendwann stellt Evelyn ihre erste fatale Frage dieses Abends.
    „Woran denkst du?“, sagt sie und sieht Tom an.
    Und Tom gibt seine erste fatale Antwort darauf. Aber nur, weil er nicht weiß, was er sonst sagen soll. Wer gibt schon gerne zu, dass er sich sein Gegenüber gerade nackt vorstellt?
    „Ich überlege gerade, ob ich meinen Koffer noch heute packen soll oder doch erst morgen“, sagt er.
    Evelyn sieht ihn leicht irritiert an; man merkt ihr an, dass sie nicht auf solch eine Antwort gewartet hat. Dann lächelt sie doch ein wenig. Aber ihre zweite fatale Frage lässt nicht lange auf sich warten.
    „An was hast du gedacht, als du mich geküsst hast?“ Sie sieht ihn forschend an.
    „Keine Ahnung“, erwidert er. „Du hast
mich
doch geküsst.“
    „Ja, ich weiß schon. Ich war nicht ganz bei mir.“ Sie ist etwas zerknirscht. „Aber trotzdem: Was ist dir in diesem Moment durch den Kopf gegangen?“
    Tom kann sich nicht mehr so genau daran erinnern. „Scheiße“, sagt er aufs Geratewohl.
    Evelyn starrt ihn an. „Was heißt ‚Scheiße’?“
    „Ich glaube, ich dachte ‚Scheiße!’.“
    „Du glaubst, du dachtest ‚Scheiße!’?“
    Sie werden immer langsamer.
    Er nickt unsicher. Er spürt, wie sich ihr Griff in seinem Nacken lockert. „Ja. ‚Scheiße!’ im Sinne von ‚So ein Mist!’, ‚Oh, Gott!’ oder ‚Bitte nicht!“.“
    Ihr Griff lockert sich noch mehr. „Du dachtest ‚Bitte nicht!’?“
    „So oder so ähnlich, ja.“
    Sie lässt ihn los. Dadurch geraten sie vollends aus dem Takt. Sie geben es endgültig auf und bleiben sich gegenüber stehen.
    „Was hast du erwartet?“, sagt Tom.
    „So was in der Richtung, aber eben auch wieder nicht das“, sagt sie.
    Zum einen beruhigt sie seine Antwort, zum anderen aber auch wieder nicht. Sie weiß nicht, ob er das jetzt ironisch gemeint hat oder nicht. Aber plötzlich weiß sie, dass sie besser nie hätte damit anfangen sollen. Sie kann ihm nicht erklären, dass sie froh ist, wenn er diese Dinge in dem Moment dachte, als sie ihn geküsst hat. Sie kann ihm aber genauso wenig erklären, dass sie darüber eben wieder nicht ganz so froh ist.
    Evelyn macht ein paar Schritte rückwärts von Tom weg.
    „Was ist los?“ Tom ist ein wenig irritiert.
    „Nichts“, sagt sie. „Ich brauche nur eine kleine Pause.“ Dann dreht sie sich um und zwängt sich an anderen Leuten vorbei, die immer noch Scharenweise das Tanzbein schwingen.
    „Warte“, sagt er ziemlich lahm. Er kann sich allerdings nicht dazu aufraffen, ihr nachzurennen.
    Evelyn ignoriert ihn sowieso. Sie flüchtet sich ans andere Ende des Saales und bleibt am Rande stehen, um erst einmal durchzuschnaufen.
    Oh, Gott.
    Was für eine Blamage.
    Mir ist wirklich nicht mehr zu helfen.
    Sie beruhigt sich wieder etwas.
    Und was nun?
    Sie sieht sich um.
    Oh, verdammt.
    Auf der gegenüberliegenden Seite ist immer noch Tom. Er hält nach ihr Ausschau. Sein Gesichtausdruck zeigt noch immer Verwirrung.
    Hoffentlich entdeckt er mich nicht, denkt Evelyn und duckt sich ein wenig.
    Sie sieht noch einmal in seine Richtung.
    Scheiße.
    Tom
hat
sie bereits entdeckt. Sein Gesicht ist ernst und er hebt seinen Arm, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
    Verdammt.
    Was soll sie nun tun? Sie hat keine Lust, Tom noch einmal an diesem Abend in die Arme zu laufen. Zumindest nicht jetzt. Auf keinen Fall. Zuerst muss er ihr Gespräch von gerade eben vergessen.
    Sie sieht sich hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit um.
    Wenn sie sich nun einfach zu irgendeiner Gruppe Menschen dazustellt und so tut, als würde sie sich angeregt

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