Der Kugelfaenger
auszupacken.
***
Evelyn marschiert in die Küche und stellt sich hinter ihre Tante und sieht ihr über die Schulter. „Was machst du da?“
„Abendessen.“
Evelyn runzelt die Stirn. „Meinst du nicht, dass das ein wenig zu viel für uns beide ist?“
Catherine grinst spitzbübisch. „Mr. Hunt hat mit Sicherheit auch Hunger.“
Evelyn sieht sie etwas zweifelnd an. „Muss das sein?“, fragt sie grimmig und seufzt.
„Ja, das muss sein. Es ist sein erster Abend hier und wir wollen ihn doch gebührend willkommen heißen.“
„Ich will das nicht.“
„Komm schon, Evelyn“, sagt Catherine leicht säuerlich, „sei nicht so stur. Ich weiß, dass du nicht willst, aber reiß dich doch wenigstens heute zusammen. Mir zuliebe.“
„Ja, klar.“ Evelyn verdreht die Augen.
Catherine dreht sich zu ihrer Nichte um. „Ich meine es ernst, Evelyn.“
„Ja, ich weiß. Sorry.“ Evelyn setzt sich am Esstisch auf einen Stuhl, zieht die Beine an und legt ihr Kinn auf die Knie.
„Ich mache mir wirklich Sorgen, Liebes“, sagt Catherine, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Ich habe schlaflose Nächte, weil ich solche Angst um dich habe. Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Mr. Hunt hier ist. Vergraul ihn bitte nicht. Ich bin mir sicher, du wirst ihn noch brauchen.“ Sie senkt ihren Kopf und wendet sich ab.
Evelyn seufzt. „Gut, ich werde versuchen, mich zusammenzureißen. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich diesen Typen akzeptiere. Das mache ich
nur
dir zuliebe“, stellt sie klar. Dann grinst sie frech. „Aber dann musst du George heute auch einladen.“
„Das habe ich schon getan“, sagt Catherine. Sie schneidet eine Packung Nudeln auf und kippt sie in das sprudelnd kochende Wasser. Dann unterbricht sie mit einem mal ihre Arbeit und sieht ihre Nichte tadelnd an. „Wie lange willst du ihn noch da oben schmoren lassen? Hol ihn zum Essen runter.“
***
Tom zieht zuerst seinen Anzug und das Hemd aus und hängt sie an einem Kleiderbügel an die Tür zum Minibad. Seine blankgeputzten schwarzen Lederschuhe stellt er unters Bett. Den Anzug trägt er eigentlich nur bei der ersten Begegnung mit seinen neuen Klienten, um so seriös wie möglich zu wirken. Nicht, dass er das so nicht täte, aber ein Anzug verleiht ihm noch den letzten Schliff.
Dann schlüpft er in Jeans, ein graues T-Shirt und Turnschuhe. Er ist gerade damit beschäftigt, seine Reisetaschen auszuräumen und seine Kleidung überall im Zimmer zu verteilen, als sein Handy klingelt. Aber er muss es erst suchen, bis er es unter einem Stapel Kleidungsstücke findet. Er überlegt zuerst noch, ob er wirklich rangehen soll. Es wird auf jeden Fall kein angenehmes Telefongespräch werden, wenn jemand Geld ausgibt, nur um ihn am anderen Ende der Welt zu sprechen, meint Tom. Trotzdem nimmt er ab.
„Ja?“ Es ist leises Knistern zu hören, dann meldet sich eine vorsichtige Stimme.
„Tom?“ Es ist Steve. Das überrascht ihn ein wenig, eigentlich hat er eher mit seinem Vater gerechnet.
„Du traust dich noch bei mir anzurufen?“, sagt er und versucht möglichst wütend zu klingen.
„Natürlich. Durchs Telefon kannst du mir schließlich nichts tun“, sagt Steve frech.
Tom sieht zu einem Fenster hinaus. „Du wirst von meiner Versicherung noch hören.“
Steve lacht. „Das ist gar nicht mehr nötig. Ich habe deine Maschine heute in die Werkstatt bringen lassen. Die meinten zwar dort, dass es besser wäre, wenn du dir eine neue besorgen würdest, aber sie haben sich bereit erklärt, sie wieder voll in Stand zu setzen. Und die Reparaturkosten werde natürlich ich übernehmen.“
„Das will ich dir auch geraten haben.“
„Aber jetzt lass uns über etwas anderes reden. Sag, wie fühlst du dich?“
„Wie ein Haufen Scheiße.“ Das entspricht in der Tat Toms Gefühlswelt.
„Das kann ich mir vorstellen. Hast du von diesem Anwalt noch mal was gehört?“
„Nein. Und ich will auch nicht weiter darüber reden.“
„Das glaube ich dir auch. Also, wie sieht sie aus? Ist sie hübsch?“
Tom atmet geräuschvoll aus. Steves Neugierde ist nicht auszuhalten.
„Alle Models sind hübsch.“
„Nein, das stimmt nicht“, widerspricht ihm Steve beharrlich, „Nicht alle.“
„Okay, dann eben nicht alle. Aber sie ist eine blöde Kuh, die mich wieder loshaben will. Deutlicher konnte sie es kaum machen. Ich frage mich, wofür sie dann einen Bodyguard braucht. Weißt du, am liebsten würde ich mich in den nächsten Flieger setzen und
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