Der Kugelfaenger
sind nicht die letzten. Fünf weitere Kunden befinden sich noch in der Bank.
Sie gehen an einen Schalter, an dem eine Bankangestellte um die Vierzig steht und hektisch irgendwelche Formulare durchgeht.
„Einen Moment, bitte“, sagt sie zerstreut, noch bevor einer der beiden etwas sagen kann, „Ich bin gleich bei Ihnen.“ Dann ist sie weg.
Sie warten nervös. Neben ihnen steht ein älterer Herr am Schalter und beschwert sich lautstark bei einer anderen Angestellten.
„Hast du irgendeine Idee, was wir jetzt machen?“ Tom spricht leise.
„Ich werde seine Unterschrift fälschen. Ist kaum vom Original zu unterscheiden.“
„Die werden dir wohl kaum glauben, dass du Henry Williams bist.“
„
Du
wirst dich ja auch für ihn ausgeben. Ich unterschreibe nur.“
Er überlegt kurz. „Was machen wir, wenn die Henry kennen?“
Sie verzieht ihren Mund zu einem leichten Lächeln. „Dann nichts wie weg von hier.“
Die Bankangestellte kommt zurück. „So, was kann ich für sie tun?“, fragt sie. Sie wirkt ziemlich gestresst und ist nicht wirklich bei der Sache.
„Ich würde gerne mein Schließfach einsehen“, sagt Tom und beugt sich leicht nach vorne.
„Okay“, sagt sie. „Ihr Name, bitte?“
„Henry Williams“, sagt er und fühlt sich ein wenig unwohl in seiner Haut. Er lächelt sie kurz an.
Die Angestellte wirkt nicht so, als würde sie sich über diesen Namen wundern. Sie lächelt gestresst zurück und sieht in ihren Computer.
Wenn sie jetzt sagt, Henry hat das Schließfach schon seit Monaten nicht mehr, dann sind sie draußen. Sie werden wahrscheinlich nie erfahren, was es mit dessen Inhalt auf sich hat. Und die Polizei werden sie auch am Hals haben.
„Haben Sie Ihren Schlüssel dabei?“, fragt sie ihn, als ihre Kollegin nach ihr ruft. „Ich bin gleich da“, ruft sie zurück. Dann legt sie Tom ein Formular hin. „Ich brauche hier eine Unterschrift von Ihnen, Mr. Williams“, sagt sie zerstreut. Dann wendet sie sich ab und eilt ihrer Kollegin zu Hilfe, die Probleme mit einem Geldautomaten hat.
Tom schiebt Evelyn das Formular hin und sie setzt schwungvoll den Namen ihres Onkels darunter. Die Unterschrift wirkt tatsächlich echt. Das findet auch die Bankangestellte, als sie wieder an den Schalter kommt und das Papier an sich nimmt.
„Folgen Sie mir bitte“, sagt sie und geht Tom und Evelyn voran. Sie steigen eine Treppe hinab zum Tresorraum. Dort öffnet sie Henrys Schließfach. Sie zieht die Stahlkassette heraus und trägt sie zu einer kleinen Kabine, die durch einen dunkelroten Vorhang abgetrennt ist und stellt sie auf einen kleinen Tisch.
„Wir brauchen nicht lange“, sagt Tom. Es ist fünf nach sechs.
Die Bankangestellte lächelt kurz zerstreut und zieht hinter Tom und Evelyn den Vorhang zu. Dann kann man sie mit eiligen Schritten davongehen hören.
Die beiden starren den Kasten eine Zeit lang unschlüssig an, bis sich schließlich Toms Handy meldet.
„Shit“, sagt er und geht dran.
„Halten Sie sich fest“, dröhnt ihm Franks durchdringendes Organ im Ohr. „Ich habe einiges über diesen Jack herausgefunden. Zuerst einmal-“
„Warten Sie mal kurz“, unterbricht ihn Tom. Dann stellt er sein Handy auf laut, damit Evelyn mithören kann.
„Also“, beginnt Frank noch einmal von vorne. Seine Stimme ist zittrig und schrill vor Aufregung. Er kann es gar nicht mehr abwarten, sein neu erworbenes Wissen mit jemandem zu teilen. „Der Junge hat schon einiges auf dem Kerbholz“, sagt er. „Mit sechzehn hat er sich
den sauteuren Wagen seines Alten genommen und damit ein paar Runden durch London gedreht. Passiert ist ihm allerdings nicht viel, da sein Daddy auf eine Anzeige verzichtet hat. Das ist nicht weiter interessant, aber es gibt noch was anderes.“ Er macht eine bedeutungsschwere Pause. „Mit neunzehn wurde er nach einer Schlägerei verhaftet. Es ist aber nie zu einer Verurteilung gekommen, weil Daddy wieder sofort zur Stelle war und das geregelt hat.“ Er schnaubt verächtlich.
Evelyn klappt die Kinnlade herunter. Sie funkelt Tom an.
„Aber jetzt kommt’s. Ich habe zwar lange gebraucht, um das zu finden, aber dafür ist es umso brisanter. Also: Er ist in den letzten Jahren vor seinem Verschwinden immer wieder mal in Geldnot geraten. Konnte wohl nicht mit Geld umgehen. Sogar der Gerichtsvollzieher war schon hinter ihm her. Daddy war aber diesmal nicht bereit, seinen Kopf für seinen missratenen Sohn hinzuhalten. Stattdessen hat sich Mr. Dupont junior dann vor
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