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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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auch. Vielleicht liegt es daran, denkt er.
    Liegen bleiben und nicht wieder einschlafen können, vor allem als Tom sieht, dass draußen die Sonne scheint und das Zimmer in goldenes Licht hüllt.
    Er steht auf und das fällt ihm erstaunlich leicht. Seine ersten Schritte an diesem Morgen führen ihn geradewegs zum Fenster. Er öffnet es. Frische Morgenluft strömt ihm entgegen. Er atmet tief ein und fährt sich mit den Fingern durch sein zerzaustes dunkles Haar. Dann stützt er sich mit beiden Händen am Fensterrahmen ab und sieht hinaus. Einige Blumen sind auch schon wach und strecken ihr Gesicht der Sonne entgegen, die auch Tom ins Gesicht scheint.
    Der Himmel ist noch etwas bedeckt, aber es sieht so aus, als würde es ein schöner Sommertag werden.
    Tom fühlt sich topfit. Er schließt das Fenster und zieht sich ein weißes T-Shirt, eine schwarze Jogginghose und Turnschuhe an. Dann entfernt er den Stuhl unter der Türklinke und verlässt die Garagenwohnung. Er ist sich nicht sicher, wieso er seine Tür mit dem Stuhl verbarrikadiert hat. Vielleicht, weil er das noch von zu Hause gewohnt ist, wenn er nicht gerade betrunken ins Bett getorkelt ist oder seine (seit kurzem) Exfreundin zu Besuch war.
    Von außen sind noch keine Aktivitäten im Haus zu sehen. Gut, meint Tom. Er geht bis zum Gartentor und rennt los. Es fahren so gut wie keine Autos durch die schmalen Straßen des idyllischen Vororts. Die meisten sind nur Ehemänner, die auf dem Weg zur Arbeit sind. Tom ist fast völlig alleine. Nur Vogelgezwitscher begleitet ihn auf seinem Weg.
    Neun Minuten später.
    Tom läuft. Er hat ein flottes Tempo drauf.
    Nach weiteren acht Minuten.
    Er läuft. Und läuft.
    Ungefähr sieben Minuten darauf.
    Er verläuft sich in den gleich aussehenden Straßen und Gassen. Irgendwann weiß er nicht mehr wo er ist. Er bleibt schnaufend stehen und stemmt die Arme in die Seite. Seine Lunge schmerzt unangenehm und das Herz donnert ihm bis zum Hals. Er ist ziemlich aus der Form. Er richtet sich wieder auf und sieht sich um. Das hier ist wirklich nicht gerade die feinste Gegend Londons. Die meisten Häuser wurden hier schon vor Jahrzehnten hingestellt. Sie sind alt, glanzlos und heruntergekommen. Und dennoch besitzen sie eine gewisse Anziehungskraft. Das Haus der Williams bildet da keine Ausnahme. Ein Großteil der Bewohner hier sind Einwanderer. Aber auch die Zahl von Rentnern und solchen, die in nächster Zeit pensioniert werden, steigt an. Aber dieses Viertel erlebt seit ein paar Jahren wieder einen kleinen Aufschwung, was das Aussehen betrifft. Wohnraum ist in London teuer. So lassen sich auch immer mehr Studenten hier nieder.
    Plötzlich hört Tom das Geräusch einer sich öffnenden Haustür. Er dreht sich um, immer noch außer Atem. Er sollte wirklich wieder regelmäßiger trainieren. Er ist mitten auf der Straße stehen geblieben, genau vor der Einfahrt eines Hauses. Und aus eben diesem Haus reckt ein alter Mann mit weißen Haaren und weißem Bart seinen Kopf zur Tür hinaus. Er trägt einen fleckigen Schlafanzug und darüber einen ebenso fleckigen Bademantel. Seine Pantoffeln sind ihm zu klein und außerdem auch noch ganz schön löchrig. Er bückt sich und hebt eine Morgenzeitung auf, die auf dem Fußabstreifer vor seiner Tür liegt. Als er sich wieder aufrichtet, bemerkt er Tom. „Guten Morgen!“, ruft er ihm munter zu und schwenkt dabei seine Zeitung vor dem Gesicht.
    Tom grüßt mit einem leichten Kopfnicken zurück.
    Der alte Mann lächelt. „Brauchen Sie Hilfe?“, fragt er freundlich.
    Tom tritt näher ans Gartentor. „Tja, Hilfe währe nicht schlecht. Wissen Sie, ich kenne mich hier nicht aus und jetzt ...“
    „ ...haben Sie sich verlaufen“, beendet der alte Herr Toms Satz.
    „Ja, genau.“ Tom atmet erleichtert aus. „Könnten Sie mir bitte den Weg sagen?“
    „Natürlich.“ Der Mann steigt die kurze Treppe hinab und stellt sich vor Tom an den Gartenzaun. Er schnauft so fest, als hätte er einen Marathon hinter sich. Er riecht nach Bier, Seife, kaltem Zigarrenrauch und abgestandener Milch. „Sie sind nicht von hier, oder?“ Er beäugt ihn neugierig. Seine gelben Zähne blitzen zwischen den faltigen Lippen hervor.
    Tom schüttelt den Kopf. „Nein.“
    „Sie sind Amerikaner, hab’ ich Recht?“
    „Ja. Aus New York.“
    „Ach, New York“, kommt der Alte ins Schwärmen und streicht sich durch sein fettiges, graues Haar. „Schöne Stadt. Aber London ist noch viel, viel schöner.“
    „Ganz genau.“ Tom

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