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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. S. Rydell
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Zigaretten in einem leeren Blumentopf?“, fragt Tom, um überhaupt etwas zu sagen. Er weiß, dass Evelyn nicht vorhat, das kurze Gespräch, das sie soeben begonnen haben, fortzuführen. Das verwundert ihn nicht sonderlich, schließlich kann er ihre Abneigung ihm gegenüber deutlich spüren. Es erstaunt ihn daher umso mehr, dass sie ihm eine ihrer Zigaretten angeboten hat.
    Sie sieht ihn erst einmal an, als würde sie prüfen wollen, ob er die Frage ernst meint. Dann meint sie: „Woher wollen Sie wissen, dass ich die Zigaretten verstecke?“
    Tom nippt an seinem Drink und zieht dann noch mal an seiner Zigarette, bis er ihr eine Antwort gibt. „Ich denke nicht, dass Sie die Zigaretten zum Spaß in eine Metalldose packen, um sie dann draußen in einem Blumentopf zu versenken.“
    Es ist das erste Mal, dass Evelyn in den drei Stunden lächelt, in denen sie sich jetzt schon kennen. Selbst wenn es nur ein leichtes Lächeln ist, zeigt es doch, dass sie nicht ganz humorlos ist. „Meine Tante mag es nicht, wenn ich rauche“, sagt sie. „Also muss ich es heimlich tun.“
    Tom stützt sich mit den Ellenbogen auf dem Geländer der Veranda ab und sieht in den düsteren Garten. „Der Garten ist riesig“, sagt er nach einer Weile.
    Evelyn dreht sich um und lässt nun ebenfalls ihren Blick über den Garten schweifen. „Riesig aber ein Graus“, sagt sie. „Sehen Sie sich den ganzen Mist doch bloß mal an.“
    „Er ist sehr schön“, sagt Tom ohne nachzudenken.
    Evelyn sieht ihn irritiert an. „Der Garten mag vielleicht nach allem möglichen aussehen, aber bestimmt nicht schön. Das ist ein verdammter Urwald.“
    Stimmt eigentlich, denkt sich Tom im Stillen. Der Garten ist so dermaßen verwildert, das ist sogar ihm aufgefallen, als er das Grundstück heute Nachmittag betreten hat.
    „Ist der Gärtner krank?“, fragt er.
    „Wir haben keinen Gärtner“, antwortet sie ihm knapp.
    „Aha.“
    „Onkel Henry hat sich darum gekümmert, obwohl er kein Händchen dafür hatte.“ Sie drückt ihre Zigarette in einem anderen Blumentopf aus. „Früher hatte er das ganze Gestrüpp noch einigermaßen im Griff gehabt. Aber in seinen letzten Wochen hatte er anscheinend keine große Lust mehr, sich darum zu kümmern.“
    Es müssen viele Wochen gewesen sein, dem Zustand der Blumen-und Gemüsebeete nach zu urteilen.
    „Ich habe letzte Woche damit begonnen, den Garten etwas zu entwildern“, fährt sie fort. „Bis jetzt bin ich noch nicht weit gekommen. Aber ich finde die Arbeit im Garten schön. Es ist entspannend und ich kann mich etwas ablenken.“
    „Schön, dass Ihnen das gefällt.“ Tom stellt sein Weinglas ab und denkt, nun genug geplaudert zu haben. Er sollte jetzt wohl besser darauf zu sprechen kommen, weshalb er hier ist. „Könnten wir jetzt vielleicht über Ihre momentane Situation reden? Über die Drohungen?“
    Dieses Thema hätte er wohl besser nicht anschneiden sollen. Ihre Reaktion ist eindeutig. Evelyns Mine verdüstert sich mit einem Schlag wieder. Sie verschränkt die Arme vor der Brust. Um ihren Mund kann er ein nervöses Zucken ausmachen. Sie blickt ihn nicht an, als sie zischt: „Nicht jetzt, ja? Ein andermal.“
    Zwischen ihnen herrscht plötzlich wieder die Anspannung wie am Anfang. Evelyn ist genauso abweisend wie zuvor.
    Tom ist der Meinung, dass der aktuelle Bedrohungsstand im Moment nicht so groß sein kann, wenn sie mit ihm nicht über die Bedrohung sprechen will. Warnstufe eins von vier Warnstufen. Und außerdem sind Drohungen immer noch Drohungen. Also häufig nur warmer Dampf. Es ist also äußerst unwahrscheinlich, dass ihm in den nächsten zehn Minuten Kugeln um die Ohren fliegen.
    Tom starrt verlegen in sein Glas, bevor er es austrinkt. Dann murmelt er: „Ich werde mir dann noch was zu trinken holen.“ Er bleibt unschlüssig stehen. „Kann ich Ihnen auch noch was bringen, Ms. Williams?“
    Evelyn sieht nicht auf, sondern schüttelt nur den Kopf.
    Als er zurückkommt, ist sie nicht mehr auf der Veranda. Stattdessen hat sie ihm einen Zettel auf das Geländer gelegt, beschwert mit ihrem leeren Weinglas, damit er nicht wegfliegen kann.
     
    Sie können Frühstücken wann Sie wollen. Bei der Zeit fürs Mittagessen müssen Sie sich nach Catherine richten. Das Abendessen bleibt auch Ihnen überlassen.
     
    Dann hat sie noch eine Liste mit Verhaltensregeln angefügt:
     
Keine laute Musik.
Außer der Küche und dem Keller ist für Sie das gesamte Haus tabu.
Das Betreten des Hauses ist ab 22 Uhr

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