Der Kugelfaenger
nicht so viel arbeiten.
Von an :
Wieso um alles in der Welt willst du etwas über Jean wissen? Ich glaube nicht, dass er es nötig hat, einem seiner besten Models zu drohen. Aber damit du mich endlich wieder in Ruhe lässt: Wir haben zusammen an der
Stanford
University
studiert und uns mit zwei anderen Studenten eine kleine Bude geteilt. Wir waren so etwas wie beste Freunde. Danach haben sich unsere Wege getrennt. Wir haben nur noch losen Kontakt. Genügt dir das? Oder soll das die Rache sein, weil ich dich nicht gefragt habe, ob du meinen Platz einnehmen willst?
P.S.: Es geht dich einen Dreck an, wie viel ich arbeite oder nicht. Mach dir lieber Gedanken über deinen eigenen Kram. Mittlerweile weiß so gut wie jeder, dass du verhaftet wurdest.
Von an :
Was du mit der Firma machst, ist Privatsache. Mir geht’s hier aber nur ums Geschäftliche.
Du hast ihn also seit dem Studium nicht mehr gesehen? Seltsam, ich würde einem Typen, den ich über dreißig Jahre nicht mehr gesehen habe, nicht so ohne weiteres meinen Sohn schicken. Aber bei uns ist das ja etwas anderes, ich weiß.
P.S.: Ich verdächtige deinen ehemaligen besten Freund nicht; mich interessiert das alles nur, weil du mir nie etwas von ihm erzählt hast. Blöd gelaufen, wie hätte ich damit früher vor meinen Freundinnen angeben können …
T.
Von an :
Jean Dupont ist ein anständiger Mensch. Sein Modelabel gehört zu den bedeutendsten der Welt. Wenn du anfängst, jetzt auch noch gegen ihn zu arbeiten, dann gnade dir Gott. Mach deine verdammte Arbeit und pass auf diese Frau auf. Wenn mir irgendetwas zu Ohren kommt, das mir nicht gefällt, dann bist du schneller wieder im Knast, als du bis zwei zählen kannst.
Von an :
Vielen Dank, Dad.
P.S.: Ich muss jetzt Schluss machen, sonst komme ich morgen nicht aus dem Bett. Wir sind die nächsten Tage in Berlin (Das ist in Deutschland, Dad. Ich weiß ja, wie schlecht deine Kenntnisse in Geographie sind). Modenschau, du weißt schon. Ich muss auch noch den ganzen Kram umbuchen. Sorry, dass ich deine wertvolle Zeit in Anspruch genommen habe.
Tom
P.S.: Kannst du das mit Berlin regeln? Such mir ein schönes Schließfach aus.
Nach diesem eigentlich recht nutzlosen Austausch von E-Mails, liegt Tom in seinem Bett und kann nicht einschlafen. Vielleicht hätte er die Flasche Cola nicht trinken sollen. Er steht wieder auf, zieht sich im Dunkeln an und verlässt seine Wohnung, um sich noch ein wenig die Beine zu vertreten. Er konnte seine gewöhnlichen Schuhe nicht auf Anhieb finden, also hat er sich die Lederschuhe geschnappt.
***
Die schwarzen und wie Diamanten glänzenden Schuhe aus Leder tippen ungeduldig auf den Fliesenboden. Der, auf den sie warten, ist zu spät. Das können sie gar nicht leiden. Ebenso wenig, wie ihr Besitzer. Eine vor Nervosität gerauchte Zigarette nach der anderen fällt zu Boden und verfehlt die Schuhe nur um haaresbreite und wird sofort ausgetreten.
Mit einem Mal wird es draußen vor der geschlossenen Tür laut. Einer brüllt, andere johlen vor Lachen mit ihren dröhnenden Stimmen. Man könnte denken, das ganze heruntergekommene Gebäude wackelt.
Da geht die Tür auf und das wütende Gebrüll und Gejohle wird lauter. Ein verwahrlost aussehender Mann betritt taumelnd die Herrentoilette des Pubs. Die Tür schließt sich wieder und der Lärm wird ausgesperrt. Die Lederschuhe und der schwankende Mann sind somit alleine.
Die Lederschuhe setzen sich wütend in Bewegung. „Hey, Milly. Kannst du keine Uhr lesen?“
Der Angesprochene kichert leise und versucht, sich an einem Waschbecken festzuhalten.
„Das ist nicht lustig, verstanden? Es war ausgemacht, dass du um zehn hier auftauchst. Und jetzt ist es zehn Minuten nach zehn. Ich habe geschlagene zehn Minuten auf dich Idioten gewartet. Meinst du vielleicht, ich habe nichts anderes zu tun, außer auf verdammte Idioten zu warten?“
Milly am Waschbecken kichert noch einmal albern und versucht, seine Augen offen zu halten. Seine Finger krallen sich am schmutzigen Waschbecken fest.
Die Lederschuhe kommen noch ein paar Schritte näher. „Du hast getrunken“, stellen sie nüchtern fest. „Gibt’s denn was zu
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