Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
sie gerade erst gesagt: » Deine Mutter war eine außergewöhnliche Frau, Sorcha, und ich verdanke ihr sehr viel, aber sie hat sich geweigert zu verstehen, was ich in diesem Turm erreichen möchte. Sie hat damit gedroht, die Polizei zu rufen, wenn ich nicht damit aufhörte, und natürlich konnte ich das nicht zulassen. Niemand darf das Große Werk gefährden, nicht einmal Aurora. Ich zeige es dir, Sorcha, weil ich möchte, dass du verstehst, was von dir erwartet wird. Ich habe bisher nie etwas von dir verlangt, aber jetzt erwarte ich, dass du deinen Platz neben Kaidan einnimmst und deinen Teil zum Großen Werk beiträgst.«
Dann war Kaidan eingetreten, und sie erinnerte sich, wie ihr Vater sie festgehalten und ihrem Bruder befohlen hatte: » Tu es. Tu es, schnell.« Die Erinnerungen kamen nun schneller, wie Szenen aus einem Film: Kaidan schwer und keuchend auf ihr; sie selbst, wie sie um sich trat und schrie, während sie versuchte, sich aus dem Griff ihres Vaters zu befreien; Kaidan, der sich plötzlich zurückzog; ihr Vater, wie er sich umdrehte und auf ihn einschlug; ihre Flucht aus dem Turm; Kaidan, der ihr nachlief; Eve, die ihr half zu fliehen.
Als sie nun die Stufen zum Turm wieder hinaufstieg, wünschte Sorcha, sie hätte auf Fox gehört. In der oberen Kammer hatte man die Plinthe aus Amethyst mit strahlend weißem Leinen in ein Bett verwandelt. Um das leuchtende Symbol im Fußboden stand ein Ring aus Kerzen. Ihr Rauch kräuselte sich im weichen violetten Licht und der Geruch von Weihrauch lag in der Luft. Als sie die seidenen Schlingen sah, die an den vier Ecken des Sockels angebracht waren, stieg Panik in ihr auf. Wie auf heißen Kohlen rannte sie über die glühenden Amethyste, bis sie wieder auf dem Steinboden stand, so weit wie nur möglich von den Todesechos und dem Bett entfernt. Fox folgte ihr und stellte sich neben sie, Schulter an Schulter. Der Seher befahl Zara mit einer Handbewegung, ihnen die Knebel abzunehmen. Sobald Sorcha wieder sprechen konnte, schrie sie ihren Vater an: » Das kannst du nicht machen!«
Delaney wandte sich an seine Frauen und die Wächter. » Geht runter ins Erdgeschoss und wartet dort. Ich rufe euch, wenn wir fertig sind.« Als sie fort waren, sah er seine Tochter an. » Ich möchte es nicht tun, Sorcha, aber es ist die einzige Möglichkeit, das Große Werk auf die nächste Stufe zu führen.« Er klang so aufrichtig, dass sie einen Moment lang beinahe glaubte, er zweifele an seiner Entscheidung und wolle es tatsächlich nicht tun.
» Ich bin deine Tochter«, sagte sie. Jetzt, wo ihre Erinnerungen zurückkehrten, erkannte sie Delaney tatsächlich als ihren Vater, er war kein Fremder mehr, womit ihr die Vorstellung von Inzucht noch widerwärtiger vorkam.
» Es ist falsch«, sagte Fox. » Das können Sie nicht machen.«
» Wie kann es falsch sein, nach einer reinen Blutlinie zu streben?« Delaney nahm die Familienbibel von dem weißen Tisch und öffnete den Stammbaum. » Die Delaneys haben es schon immer getan und so das mothú über viele Jahrhunderte weitervererbt.«
Fox schüttelte den Kopf. » Deshalb ist es noch lange nicht richtig. Selbst wenn Ihnen der moralische Aspekt des Ganzen egal ist, es wird genau das Gegenteil von dem bewirken, was Sie erreichen wollen. Es wird die Blutlinie schwächen. Ihr Vorhaben ergibt keinen Sinn.«
Delaney runzelte die Stirn. » Wenn Sie Vollblüter züchten würden, wüssten Sie, wovon ich spreche.«
» Ich weiß, wovon Sie sprechen«, erwiderte Fox. » Inzucht hat Vollblüter in einem Gebiet unschlagbar gemacht: Sie sind unglaublich schnell. Aber dafür sind sie mit vielen Problemen belastet, die sich direkt auf ihre Inzucht zurückführen lassen. Viele haben zu kleine Herzen oder neigen zu Bluthusten oder dazu, sich die Knochen zu brechen. Was Sie vorhaben ist Wahnsinn.«
» Hast du davon gewusst, Kaidan?«, fragte Sorcha in der vergeblichen Hoffnung, dass ihr Peiniger sich noch zu ihrem Retter wandeln würde. » Denkst du genauso?«
Kaidan konnte ihr nicht in die Augen sehen, aber er wandte sich an den Seher. » Wann hast du beschlossen, das zu tun? Heute? Oder hast du es schon länger geplant?«
Ein kaltes Lächeln spielte über Delaneys Lippen. » Wage es nicht, meine Entscheidungen infrage zu stellen, Kaidan. Stattdessen solltest du mir dankbar sein. Du hattest nicht den Mut oder die Hingabe, um es zu vollbringen, also muss ich es tun. Hast du nicht gesagt, du würdest mich bei allem unterstützen, was ich zu tun gedenke,
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